: Die Seuche im Watt
Großes Seehundsterben erweist sich als zyklisches Phänomen. In Schleswig-Holstein stirbt ein Drittel
Das Seehundsterben, das 1988 für Aufsehen sorgte, hat sich in diesem Jahr als zyklisches Phänomen erwiesen. Noch im April hatte das schleswig-holsteinische Nationalparkamt ein Forschungsprojekt gestartet, das Aufschluss über das Immunsystem der Tiere geben sollte. Einen Monat später wurde es ernst: An der dänischen Küste wurden die ersten Seehund-Kadaver angespült. Diagnose: Staupe.
Regelmäßige Untersuchungen der Seehunde hatten in den Jahren davor ergeben, dass die Zahl der Antikörper gegen das Virus im Blut der Seehunde kontinuierlich zurückgegangen war. Der Leiter des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, Bernd Scherer, bezeichnete es als „sehr wahrscheinlich, dass die Seuche zu uns ins Wattenmeer schwappt“. Er hatte recht: In Schleswig-Holstein ging mit 2800 Tieren rund ein Drittel des Bestandes zugrunde. In Nord- und Ostsee insgesamt verendeten mehr als 18.000 Seehunde, etwas mehr als 1988.
Das Massensterben ist ein natürliches Phänomen, dem nie die ganze Population zum Opfer fällt. Die überlebenden Tiere sind gegen das Virus immun und zeugen immune Nachkommen – bis die Zahl ihrer Antikörper gegen das Virus wieder soweit zurückgegangen ist, dass ihre Anfälligkeit einen kritischen Wert erreicht. gernot knödler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen