: „Es gab null Vorbehalte“
Der Versuch, mit erotischen Fotos Aufmerksamkeit zu erheischen, ist gemeinhin eine weibliche Domäne im Sport. Für einen Kalender entkleideten sich jetzt jedoch auch Friedrichhafens Volleyballer
Interview FRANK KETTERER
taz: Hallo, Herr Wiederschein, wie lebt es sich denn so als Model?
Ilja Wiederschein: Na ja, was heißt schon Model? Es war einfach so eine Idee, diesen Kalender zu machen. Und die Fotos sind ja auch alle schön geworden, finde ich jedenfalls. Ich denke aber nicht, dass ich jetzt deshalb ein Model bin. Ich glaube, ich würde das auch gar nicht wollen. Das war wohl eher eine einmalige Angelegenheit.
Wie hat Ihre Freundin auf den Kalender reagiert?
Die findet die Fotos gut, der gefallen die. Es ist ja auch nichts Anrüchiges.
Und Ihre Mutter?
Die hat den Kalender gleich weiter verschenkt, an meine Tanten und so.
Warum ziehen sich erfolgreiche Volleyballer, die in der Champions League spielen, überhaupt aus?
Irgendetwas muss man ja tun, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Und wir haben eben diesen Kalender gemacht, um die Mannschaft mal auf eine andere Art und Weise zu präsentieren. Das ist durchaus eine Sache, die mit Promotion zu tun hat und damit, dass Volleyball im Fernsehen und in den Medien allgemein wenig Beachtung findet. Wer kennt denn außerhalb Friedrichshafens schon den VfB Friedrichshafen und weiß, dass wir fünfmal in Folge deutscher Meister waren?
Und: Zeigt der Kalender schon Wirkung?
Ich denke schon. Die Sport-Bild zum Beispiel hat auf zwei Seiten über uns und den Kalender berichtet, das hätten die sonst bestimmt nicht gemacht. Und Sie haben mich ja jetzt auch angerufen, um ein Interview zu führen. Also hat es funktioniert.
Wer hatte die Idee?
Herr Hummernbrum, unser Manager. Der kam eines Morgens ins Training und sagte: Na Jungs, wie sieht’s aus, was haltet ihr davon, wenn wir einen Kalender mit ein paar guten Fotos machen?
Und? Haben Sie in der Mannschaft darüber abgestimmt?
Das war gar nicht nötig, wir waren uns da sofort einig, dass wir das machen. Da gab es null Vorbehalte. Zumal wir Frau Kunzer, die Fotografin, ja schon kannten, von unseren normalen Mannschaftsfotos. Da wussten wir, dass das nichts Unseriöses wird. Also wenn zum Beispiel die Super-Illu mit so einem Vorschlag gekommen wäre, hätten wir da bestimmt länger drüber beraten müssen, da weiß man ja nie, was die aus so einer Sache machen und was für ein schlüpfriger Text dann am Ende unter den Fotos steht. So aber war das kein Problem.
Wie war das beim Shooting?
Lustig. Frau Kunzer hat das echt gut gemacht. Zuerst gab es für jeden ein Glas Sekt, zum Lockerwerden. Aber das brauchten wir gar nicht, wir waren auch so locker drauf. Und dann hatte jeder fünf Minuten, in denen er fotografiert wurde. Das Heißeste war, als die Fotos fertig waren und man sah, wie sich die anderen haben ablichten lassen.
Wer hat die Posen bestimmt?
Frau Kunzer hat uns Vorschläge gemacht – und ausgehend von denen haben wir dann so rumprobiert. Letztendlich konnte jeder machen, was er wollte und wie er es wollte.
Ihr Foto hat es sogar zum Titelblatt gebracht. Macht Sie das besonders stolz?
Nein, irgendetwas mussten sie ja nehmen. Wobei ich gedacht hatte, dass die uns vorne vielleicht alle mal in Wettkampfkleidung zeigen, als Kontrast.
Was hätten Sie nicht mit sich machen lassen? Wo wären Ihre Grenzen gewesen?
Dort, wo man alles gesehen hätte. Dann hätten die Fotos ihre Ästhetik verloren – und auch ihr Ziel verfehlt. Völlig nackte Tatsachen wären der Sache nicht dienlich gewesen.
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