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Wahlprogramm von CDU/CSUMehr Jobs, mehr Geld, mehr Bullen

Nach langem Streit zwischen Merkel und Seehofer hat die Union in demonstrativer Einigkeit ihr Wahlprogramm beschlossen.

Wieder gut drauf: CSU-Chef Horst Seehofer und CDU-Chefin Angela Merkel Foto: dpa

Berlin dpa | CDU und CSU haben ihr Programm für die Bundestagswahl einstimmig beschlossen. Die Vorstände der Schwesterparteien einigten sich am Montag in Berlin auf Versprechen für Steuerentlastungen um gut 15 Milliarden Euro, Vollbeschäftigung bis 2025, den schrittweisen Abbau des Solidaritätszuschlags ab 2020 sowie mehr Geld für Familien und mehr Stellen für die Polizei. Eine Koalitionsaussage machen Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer nicht.

Die Vorstände der Parteien beschlossen das Programm am Vormittag. Anders als die SPD stimmen CDU und CSU darüber nicht auf Parteitagen mit vielen Delegierten ab. Seehofer sagte, es gebe „ein sehr kräftiges Band der Gemeinsamkeit zwischen CDU und CSU“. Vor der Verabschiedung des 72-seitigen Papiers fügte er hinzu: „Ich bin so froh, mit dem was da drin steht.“

Die Union beschließe in ihrem Wahlprogramm Vorschläge für eine Familienförderung, „wie wir sie jedenfalls in meiner politischen Tätigkeit noch nie hatten“. Zur Ehe für alle beziehen CDU und CSU in ihrem Programm für die Bundestagswahl am 24. September nicht Stellung, sie schreiben aber auch kein Familienmodell vor.

Seehofer sagte: „Es gab in all den Monaten, in vielen, vielen Stunden nie einen Streit. Weder innerhalb der CSU noch innerhalb der CDU noch zwischen CDU und CSU. Es lief sehr sachorientiert.“ Es stehe darin, dass sich die Situation aus dem Jahr 2015 mit fast einer Million Flüchtlinge nicht wiederholen solle. „Es steht sogar drin: Alle Seiten haben gelernt.“ Dennoch werde die von seiner Partei geforderte Obergrenze für neu ankommende Flüchtlinge in den sogenannten Bayernplan der CSU kommen. Der CSU-Chef will die Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr zur Bedingung für den Eintritt seiner Partei in eine nächste Koalition machen.

In den Bayernplan schreibt die CSU all das rein, was die CDU nicht mittragen will, wie die Obergrenze. „Einen Bayernplan gibt es, weil es Bayern gibt. Wir haben eine eigene Partei, die hat Hessen oder Mecklenburg-Vorpommern nicht“, sagte Seehofer. Er sei zuversichtlich, dass Punkte aus dem Bayernplan auch in einen Koalitionsvertrag auf Bundesebene einfließen würden. „Sonst würden wir es ja nicht reinschreiben.“

Nachfolgend einzelne Punkte aus dem Programm:

Steuerentlasungen: Das Volumen soll deutlich mehr als 15 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer betragen. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll künftig erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60.000 Euro greifen (bisher 54.000 Euro). Der Kinderfreibetrag (bisher 7.356 Euro) soll in zwei Schritten bis zum Grundfreibetrag für Erwachsene (derzeit 8.820 Euro) angehoben werden – die Union will sich aber nicht auf ein genaues Zieldatum festlegen.

Kindergeld: Um Gutverdiener nicht zu bevorzugen, soll zugleich das Kindergeld um 25 Euro erhöht werden. Für das erste und das zweite Kind werden aktuell 192 Euro Kindergeld pro Monat gezahlt, für das dritte Kind 198 Euro, ab Kind Nummer vier gibt es jeweils 223 Euro.

Solidaritätszuschlag: Die Union verspricht den Abbau des Solidaritätszuschlags für alle ab dem Jahr 2020 – legt sich aber nicht wie ursprünglich diskutiert auf eine Abschaffung bis 2030 fest.

Polizei: Die Union will 15.000 neue Stellen schaffen.

Familie/Ehe: Es soll ein Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt werden.

Baukindergeld: Wer erstmals eine Immobilie kauft, soll zehn Jahre lang pro Kind und Jahr einen Zuschuss von 1.200 Euro bekommen. Beim ersten Kauf eines Eigenheims soll außerdem die Grunderwerbsteuer erlassen werden. „Die CDU verteilt ihr Baukindergeld mit der Gießkanne, erreicht damit aber nicht diejenigen, die wirklich Hilfe beim Wohnungskauf brauchen“, kritisierte Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) die Unionspläne in der „Passauer Neuen Presse“.

Forschungsförderung: Mittelständische Unternehmen sollen bei Forschungs- und Entwicklungsausgaben steuerlich gefördert werden, wenn es für sie zu kompliziert ist, Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt zu beantragen. Für die Forschungsförderung würden Steuerausfälle von bis zu drei Milliarden Euro jährlich eingerechnet. Dennoch will die Union auch dann einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorlegen.

Arbeitsmarkt: Bis 2025 soll die Vollbeschäftigung erreicht werden. Als Vollbeschäftigung gilt eine Arbeitslosenquote von höchstens drei Prozent. Sie liegt derzeit bei 5,5 Prozent. CDU und CSU treten zudem für die Schaffung eines „Fachkräftezuwanderungsgesetzes“ ein.

Doppelpass: Die doppelte Staatsbürgerschaft für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern soll nach dem Willen der Union nicht mehr über Generationen hinweg weitervererbt werden können. Die Union will bei Bürgern, die nicht aus der EU stammen, einen „Generationenschnitt“ einführen: „Dieser Schnitt soll nach der Generation der in Deutschland geborenen Kinder erfolgen, die durch Geburt in Deutschland die deutsche Staatsbürgerschaft erworben haben.“

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30 Kommentare

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  • Bullen? Wie wäre Ihre Reaktion, wenn die Bullen Journalisten öffentlich als z.B. Kakerlaken bezeichnen würden?

     

    Für solch ein pubertäre Ausdrucksweise ist die TAZ nicht der richtige Rahmrn.

  • Will denn der Bund die 15 Mrd.Steuereinnahmen weniger alleine tragen oder sollen da auch wieder kräftig Länder und Gemeinden für bluten.

    Die Kommunen haben ja alle so viel Geld übrig.

  • Vom Prinzip klingt das ja garnicht schlecht.

     

    Was fehlt ist den Mindestlohn um 30% zu erhöhen und Gebühren freie Kindergärten und natürlich bezahlbarer Wohnraum....

  • Seehofer sagte: „Es gab in all den Monaten, in vielen, vielen Stunden nie einen Streit. Weder innerhalb der CSU noch innerhalb der CDU noch zwischen CDU und CSU. Es lief sehr sachorientiert.“

     

    Was pfeift der Kerl sich da rein? Wo gibt es diese Drogen und was kosten die? So ganz legal können die nicht sein...

  • Steuern für Reiche runter und Kindergeld für die Normalos hoch, wenn man da wirklich hohe Einkommen einsetzt und anteilmäßig rechnet, wird man wahrscheinlich bei der üblichen CDU landen, es wird nach Oben stetig entlastet und dann 2025 also in 8 Jahren in der über nächsten Legistlatur soll die Arbeitslosigkeit auf drei Prozent gebracht werden, wenn man denn die Statistik anpassen kann, was ja stetig geschehen ist. Würde man statistische Berechnungen der Vergangenheit anwenden, wäre sie jetzt bedeutend höher, siehe die Auswertung der Partei Die Linke. Also schön und gut, weiter so mit Angie Merkel triffts gut, aber ich kann mir so eine Wellness-Partei leider nicht leiden, weil die für echte Probleme und deren Lösung gar nicht zuständig sein wollen.

    • @Andreas_2020:

      Ich kann mir so eine Partei nicht leisten, leiden tue ich vielleicht weniger darunter ...

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Kapieren alle, wollen alle, klare Ansage an Otto/Ottilie N.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Bullen? Ist das nicht ein bisschen zu diskriminierend im Ton für ein so progressives Organ wie die taz?

    Und wenn schon, dann doch bitte Bull*Innen.

    • @80576 (Profil gelöscht):

      Das weibliche Pendant zum Bullen ist immer noch die Kuh :-))

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @Nikolai Nikitin:

        Aber das ist zu zweidimensional gedacht... ;-)

  • "Als Vollbeschäftigung gilt eine Arbeitslosenquote von höchstens drei Prozent."

     

    Ein paar kreative Statistiker schaffen das schon.

    BTW, es ist schon ziemlich viel blinder Optimismus dabei, wenn man bei fast 50% Exportquote (ergo - Abhängigkeit von externen Faktoren) solche "Prognose" wagt.

  • "Vollbeschäftigung bis 2025" und ein "Fachkräftezuwandergesetz". Wenn es nicht so traurig wäre, dann könnte man darüber lachen. Also weiter "billige" Arbeitskräfte für die Industrie mit all den negativen Folgen, wie Lohndumping, Prekäre Beschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit. Die Partei weigert sich einfach, die wirklichen Probleme zu benennen und anzugehen - stattdessen überall Nebelkerzen.

  • "Mehr Jobs, mehr Geld, mehr Bullen"

    Auch bei TAZ-Überschriften ist Netiquette angesagt.

    Den Text finde ich sehr informativ. Die Überschrift hat das Niveau einer Schülerzeitung. Muß nicht sein. Danke.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @lulu schlawiner:

      "Den Text finde ich sehr informativ."

      Über dieses Lob darf sich die dpa freuen.

       

      Ob ohne die kleinen Ausrutscher in der Überschrift das Interesse daran auch so groß wäre?

  • Diese Partei lebt in einer Traumwelt. Was wir brauchen sind Reisefreiheit und Niederlassungsfreiheit für Jedermann inner- und außerhalb Europas, einen Mindestlohn von mindestens 15 am besten 30 Euro, Enteignung von Vermögen über 100.000 Euro und eine weltweite gerechte Wohlstandsverteilung.

    • @fritzkuh:

      Muss man doch nicht enteignen. Endlich angemessen melken reicht doch schon.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @lions:

        Angemessen melken?

         

        Was Ordentliches lernen!

        Kleintauberpeterle)

    • @fritzkuh:

      100.000 € sind an vielen Standorten zu knapp bemessen.

      Ansonsten eine weise und gerechte Forderung.

    • @fritzkuh:

      "...Enteignung von Vermögen über 100.000 Euro..."

       

      Familien, die sich ein eigenes kleines Häuschen erarbeitet haben, auf die Straße setzen? Absolut sozial!

       

      Oder eben durchgeknallt...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Dieses System können Sie sich inetwa in Vietnam ansehen. Gehen Sie hin. Es ist interessant. Berichten Sie dann bitte hier.

    • 2G
      2730 (Profil gelöscht)
      @fritzkuh:

      ..der war gut!

    • @fritzkuh:

      „Enteignung von Vermögen über 100.000 Euro und eine weltweite gerechte Wohlstandsverteilung.“

      Mir wird es schlecht, wenn ich sowas lese. Meine Familie verwaltet über 250 Wohnungen, wir gehen mit unserem Wohnungsbestand verantwortungsvoll um, vermieten nicht zu Wucherpreisen, geben allein erziehenden Müttern eine Chance usw. und dann muss man sowas, einen Aufruf die grundgesetzliche Grundordnung abzuschaffen, in der Online-Zeitung lesen.

      Was kommt als nächstes? Vermögende die es zu was gebracht haben und nicht den ganzen Tag auf der faulen Haut rum sitzen, zu verhaften und einzusperren?

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @fritzkuh:

      Und welcher gütige Herrscher sollte das durchsetzen?

      • @88181 (Profil gelöscht):

        Wir bräuchten eine linke Mehrheit bei der nächsten BT- Wahl. Am besten 66% um das Grundgesetz zu ändern.

         

        Mit dieser Mehrheit können wir die Enteignungen durchsetzen und das Geld dann nach Afrika schicken. Dort findet sich bestimmt jemand, der die Billionen annimmt und verteilt.

         

        Damit können wir dann auch die Grenzen nach Afrika öffnen, da der Wohlstand nun gerecht und gleich verteilt ist. Ist doch nicht schwierig zu verstehen.