Verteidiger der NSU-Angeklagten: Neonazis haben Vertrauen
Die Verteidiger der mutmaßlichen NSU-Terroristen-Helfer scheinen das Vertrauen ihrer Mandanten zu genießen. Selbst Niederlagen ändern es nicht.
MÜNCHEN taz | Am 1. Juli erlebte die Verteidigung des wegen Unterstützung des NSU-Trios mitangeklagten Neonazis Ralf Wohlleben eine Niederlage. Das Oberlandesgericht München lehnte einen Antrag auf Haftverschonung ab. Die Anwälte Olaf Klemke und Nicole Schneider hatten gehofft, dass ihr Mandant aus der Untersuchungshaft freikommen könnte.
Der gescheiterte Versuch hat das Verhältnis zwischen Mandanten und Rechtsbeistand jedoch nicht getrübt. Ein möglicher Grund dafür ist, dass insbesondere Klemke in den bisher 128 Verhandlungstagen oft Zeugen und Sachverständige energisch anging. Er provozierte, wurde bissig und überspitzte – um Wohlleben zu entlasten.
Nach der Ablehnung des Antrags stellten Klemke und Schneider, die früher mit Wohlleben in Jena bei der NPD aktiv war, einen Befangenheitsantrag gegen alle Richter des Senats. Das Gericht habe nur belastende Umstände zur Kenntnis genommen, entlastende dagegen ignoriert, argumentierten sie.
Die Staatsanwaltschaft wirft Wohlleben vor, die Pistole des Typs Ceska organisiert zu haben, mit der die NSU-Terroristen neun Menschen ermordet haben sollen. Die aggressive Verteidigung dürfte Wohlleben trotz der drohenden Verurteilung entgegenkommen. Angst vor einem schlechten Image hat Klemke auch nicht. Er verteidigte schon öfters rechtsextreme Straftäter.
Keine harten Angriffe
Wesentlich zurückhaltender ist die Verteidigung von Holger Gerlach und Carsten S.. Vor allem als Gerlach, der dem Trio von Anbeginn bis zum Auffliegen mit Pässen, Führerschein und Krankenkassenkarten half, seine Stellungnahme verlas, unterstützten sie ihn. Sie hielten sich auch zurück, als er das Zeugenschutzprogramm verließ.
Ruhig und nüchtern halfen die Anwälte von S., der den NSUlern eine der Mordwaffen übergeben und danach den Kontakt zu ihnen gehalten haben soll, diesem während seiner Aussagen. Im Verfahren fassten Jacob Hösl und Johannes Pausch indes hin und wieder nach, um Fakten zu konkretisieren. Das Vertrauen scheint, wie bei Gerlach, stabil zu sein.
Mit seinen Verteidigern wirkt André Eminger, der eng am Untergrundleben der drei beteiligt war, ebenso zufrieden. Einer seiner Anwälte, Herbert Hedrich, der auch als Anwalt der Hells Angels gilt, sagte schon früh, dass die Vorwürfe „bloß auf Vermutungen“ beruhen würden. Vor Gericht werde sein Mandant „weder Piep noch Papp sagen“. Von diesen Verteidigern sind keine harten Angriffe zur Verteidigung ihres Mandanten zu erwarten – Eminger kommt dies offenbar zupass.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies