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Überwachung des US-GeheimdienstesDie Porno-Sammler von der NSA

Der US-Geheimdienst NSA hat die Pornogewohnheiten von sechs Männern überwacht, um sie gezielt diskreditieren zu können. Konkrete Vorwürfe gegen sie gab es nicht.

„Alles was Sie im Netz gucken, kann und wird gegen Sie verwendet.“ Bild: dpa

BERLIN taz | Der US-Geheimdienst NSA überwacht offenbar gezielt Besuche auf Pornowebsites und sexuelle Aktivitäten. Das berichtet die englischsprachige Huffington Post mit Verweis auf Dokumente des Whistleblowers Edward Snowden. Konkret geht es um sechs Männer, die in den Dokumenten als „Radikalisierer“ eingestuft werden, die aber keinen konkreten Bezug zu Terrorplänen haben.

Dem Dokument zufolge würde die Veröffentlichung der Informationen die Glaubwürdigkeit und Autorität von „Radikalisierern“ untergraben. „Ein früherer Prüfbericht zu Radikalisierung zeigte, dass Radikalisierer besonders angreifbar sind, wenn ihr privates und öffentliches Verhalten nicht übereinstimmen“, heißt es in einem Dokument vom Oktober 2012. Besonders effektiv dafür seien „das Schauen von sexuell explizitem Material im Internet“ und „die Nutzung sexuell überredender Sprache bei der Kommunikation mit unerfahrenen jungen Mädchen“.

Die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) kritisierte das Vorgehen. „Wo immer du auch bist, speichern die NSA-Datenbanken Informationen über deine politischen Ansichten, deine medizinische Vorgeschichte, deine intimen Beziehungen und deine Onlineaktivitäten,“ sagte ACLU-Sprecher Jameel Jaffer der Huffington Post. „Die NSA sagt, dass diese Information nicht missbraucht wird, aber die Dokumente zeigen, dass die NSA 'Missbrauch' sehr eng fasst.“

Die sechs überwachten Männer, alle Muslime, leben nach NSA-Angaben derzeit im Ausland und einer wird als „US Person“ beschrieben, er ist also entweder ein Bürger der USA oder jemand mit einer dauerhaften Aufenthaltsberechtigung. Der Hinweis ist relevant, da „US Personen“ in den USA besonders vor Überwachung durch die NSA geschützt werden. Unklar bleibt, ob die NSA den Plan, die Männer zu diskreditieren, durchgeführt hat.

Die Behörde verteidigte das Vorgehen. „Es sollte nicht überraschend sein, dass die US-Regierung alle verfügbaren legalen Mittel verwendet, um die Arbeit von legitimen terroristischen Zielen zu erschweren“, sagte NSA-Sprecher Shawn Turner der Huffington Post. (lrs)

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11 Kommentare

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  • schlicht und ergreifend nehmen sich die geheimdienste, unsere werden da nicht besser sein, alles heraus, um politische gegner zu zerlegen, im keim zu ersticken, erpressbar zu machen.

     

    wenn ministerpräsidenten (barschel), kanzler (kohl) nachweislich korrupt sind, bundespräsdidenten (wulff), auch, dann werden wohl die geheimdienste alles mögliche machen, ohne die verfassung, die auch noch aufgeweicht worden ist, zu beachten.

     

    angesichts der porno-erpressungs-option seitens der geheimdienste ist das aufspringen auf pornoskandale seitens der medien allerdings derartige willfährigkeit und vor-vorauseilender regierungsgehorsam, dass es zu schierer volksverdummung wird. wo doch schambekämpfung auch noch ein ziel sein muss.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Illegales Bildmaterial ist doch das Haupt-Argument für die Internet-Überwachung. Früher hat sich niemand über diese Bilder aufgeregt. Die Medien haben das Thema unters Volk gemischt und das war dumm genug, es zu fressen. Und jetzt regen sich alle wegen der Schnüffelei auf. Es war schon immer so, daß man selbst dem Feind die Tür aufmacht.

  • S
    Schreibär

    "Kompromat" - so heißt der gewinnträchtige Rohstoff, der mittels Horch, Guck & Speicher abgebaut wird. Wenn NSA und GCHQ jegliche Kommunikation auswerten, fallen Megatonnen davon an - jeder IST betroffen. Jeder hat Gewohnheiten oder beging einmal Missetaten gegen seine Überzeugung, über die er liebend gern Stillschweigen bewahren will.

     

    Nun ist dieses Kompromat dazu zu gebrauchen, alles und jeden zu erpressen. Nicht in überreichlichem Maße vielleicht, aber doch so, dass bestimmte Politiker vor Schlüsselentscheidungen vorsichtig daran erinnert werden, dass von deren Ausgang ihre weitere Karriere, Ehe oder das allgemeine Wohlbefinden abhängig sein könnten.

     

    Im Ergebnis MÜSSEN wir davon ausgehen, dass solche Schlüsselentscheidungen regelmäßig durch Erpressung zustande gekommen sind. Schaut man sich die letzten zwei Dekaden an und zählt, was alles wider jede offensichtliche Vernunft und gegen den überwiegenden Teil der öffentlichen Meinung entschieden wurde, kann man hier den Grund finden.

  • KK
    Karl K

    "…Die Behörde verteidigte das Vorgehen. „Es sollte nicht überraschend sein, dass die US-Regierung alle verfügbaren legalen Mittel verwendet, um die Arbeit von legitimen terroristischen Zielen zu erschweren“,.."

     

    Wenn das richtig übsetzt ist, ist das nicht nur eine feine

    Stilblüte - verlaufen in Behördensprech - , sondern

    Klartext: wir machen was wir wollen und können jeden zerstören, der - uns auffällt; warum auch immer!

     

    Staat im Staate also:

    liest sich wie eine Drohneneinsatzformel.

    Der letzte rote Faden von Ambros Waibel läßt grüßen.

  • DK
    Drohnen kommen heute per Post

    Mich würde es überhaupt nicht wundern, wenn wir eines Tages erfahren, dass der Chef der NSA an der Hintertür des Hauses seines Nachbarns täglich onaniert. Wie dem auch sei, wir überwachten Bürger können auch aufrüsten. Es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, bis den "Uber"-Überwachern ihre eigene Kacke um die Ohren fliegt, deren Krankheitsgeschichte überall nachzulesen ist, der Alkoholismus in der Familie zum Gespött der Nachbarn wird und die kriminellen Aktivitäten des Nachwuchs Schlagzeilen machen. Ehrlich gesagt freue ich mich jetzt schon auf das Programm.

  • @Regenwetter

    Den ersten Impuls kann ich gut verstehen. Aber er ist ja auch keine Lösung, niemand wird´s abschaffen. Und wohl jede/r hat schon mal was angeschaut, was ihm oder ihr peinlich wäre, wenn es öffentlich wird.Es muss dazu halt nicht nur Gesetze geben, sondern internationale Abkommen, ein Völkerrecht für das Internet. Dafür braucht es Druck, gerade auch von den ganz jungen Leuten, die mehr online als alles andere sind. Aber: ohne Netz könnten wir hier auch nicht kommentieren, oder :-)?

    • @Markus Maria Strobl:

      Schon klar: Wir sind dem Internet verfallen.

       

      Aber ich erinnere mich noch an das Internet der Neunziger. Das war zwar primitiver in seiner Zugänglichkeit und seinen Features, damit weniger massentauglich, aber fühlte sich frei an. Es fühlte sich wie ein Medium an, das dem Wohle der Menschheit dienen könnte. Auch wenn es damals bereits möglich war, die Spuren eines Nutzers zu verfolgen, hatte man nicht das Gefühl, dass dies grundsätzlich geschah. Schon gar nicht in dem Ausmaß gegenwärtiger Totalspeicherung, damit Totalüberwachung.

       

      Das einzige Problem für die Überwachenden ist bloß die Auswertung dieser riesigen Datenmenge. Aber auch das ist nur ein technologisches Problem, das gelöst werden kann. Sobald es möglich ist, diese Daten automatisch auszuwerten und Profile zu erstellen, wird dies geschehen. Sobald es technologisch möglich ist, in unsere Köpfe zu sehen, wird auch diese Technologie missbraucht werden. Paranoide Regierungen schaffen paranoide Bürger, die sich vor den eigenen Gedanken zu fürchten beginnen.

       

      Man könnte auf die Idee kommen, Regierungen - die alten Hierarchien - haben in Wirklichkeit Angst vor einem anarchistischen Internet, das die Menschen unabhängig ihrer Kontrolle verbindet. Man könnte auf die Idee kommen, sie fürchten weniger Terrorgefahren als die Möglichkeiten, die ein solches Medium den Bürgern der Welt bietet, sich frei zu organisieren. Internetkontrolle verhindert keinen Terrorismus. Man könnte auf die Idee kommen, die Internetkontrolle dient nur als Vorwand, jeden einzelnen Menschen an die Kette zu legen.

       

      Das Problem an paranoiden Denkmustern ist, dass die Betroffenen unterbewusst darauf hinwirken, dass sich ihre Angst verwirklicht. Aber selbst so entstandenes Unheil würde sie nicht von ihrem paranoiden Kurs abbringen. Im Gegenteil, sie würden es als Bestätigung einer berechtigten Angst wähnen und nur noch paranoider werden.

  • Am besten ist es, man schafft das Internet ab. Denn irgendwann dreht man uns einen Strick aus all unseren Interessen. Irgendwann - zwangsläufig sobald die Möglichkeit besteht - werden vollständige psychologische Analysen jedes einzelnen Internetnutzers erstellt, basierend auf seinen Interessen. Man wird Webcams vorschreiben bzw. nur noch Monitore mit integrierten Webcams kaufen können, damit die Mimik erfasst werden kann, um diese in Bezug zum Bildschirminhalt zu setzen. Alles für die Sicherheit. Man wird Prognosen erstellen, wer gefährlich sein könnte, um die Gesellschaft vorzeitig vor diesen Menschen schützen zu können.

     

    Nationale Sicherheitsbehörde? Faschistische Kontrollbehörde.

    • @Regenwetter:

      Gegen Kameras hilft einfach ein Pflaster. Wenn aber die Freigabe der Kamera erst zur Bedingung wird, dann bin ich raus.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Es ist doch schon lange bekannt, dass viele "Gotteskrieger" (sagen wir mal) Romantik-Videos auf ihren Festplatten haben. Das wurde bisher nicht veröffentlicht um religiöse Gefühle zu schützen. So können die Terroristen weiterhin den Nimbus des edelen Glaubenskriegers vor sich hertragen.

    • @Stimme der Demokratie:

      "Es ist doch schon lange bekannt" [...] Das wurde bisher nicht veröffentlicht [...]"

       

      Mhm.