piwik no script img

US-Republikaner im VorwahlkampfDie kaputte Partei

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Die Vorwahlkämpfe der US-Republikaner sind seit vielen Jahren eine Zumutung. Die diesjährigen Kandidaten schaffen es, ihre Vorgänger noch zu übertreffen.

Vivek Ramaswamy und Nikki Haley bei der Debatte für den republikanischen Präsidentschaftkandidaten Foto: Brian Snyder/reuters

E ins ist am Mittwoch für alle Welt sichtbar geworden: Knapp 15 Monate vor der nächsten US-Präsidentschaftswahl ist der Zustand der Republikanischen Partei noch katastrophaler als bislang angenommen.

Da treffen sich acht Kan­di­da­t*in­nen zur ersten TV-Debatte, ausgerichtet von einem erzkonservativen Sender. Der haushoch führende Bewerber bleibt der Debatte fern, muss einen Tag später eine Kaution hinterlegen, um nicht in Untersuchungshaft zu kommen, gibt stattdessen einem Youtuber ein Interview, der vor ein paar Monaten als zu extrem von ebenjenem Sender entlassen wurde, und das wird binnen Stunden 120 Millionen Mal angesehen.

Unterdessen kreischen sich die acht Umfragezwerge gegenseitig an, sehen sich genötigt, dem abwesenden Angeklagten ihre Loyalität zu bekunden, und wer das nicht tut, wird vom Publikum ausgebuht. Allgemein als Debattensieger wird im Anschluss jener Kandidat ausgerufen, der den Klimawandel als Hirngespinst bezeichnet und das Militär lieber zur Abwehr von Mi­gran­t*in­nen an der US-Südgrenze einsetzen will, als die Ukraine zu unterstützen.

Nun sind republikanische Vorwahlkämpfe schon seit vielen Jahren eine Zumutung. Aber das diesjährige Kan­di­da­t*in­nen­feld toppt die Vorjahre in Sachen Ignoranz und Schrillheit noch einmal. Die Kultur ziviler und leidlich faktenbasierter politischer Auseinandersetzung scheint irreparabel zerstört. Das ist nicht allein das Werk Donald Trumps – er hat seit 2016 lediglich vollendet, was im politischen Vor- und Umfeld der US-Republikaner*innen schon lang im Gange war.

Normalerweise wäre es ein Grund zur Schadenfreude, wenn eine rassistische, antisoziale, frauen- und queerfeindliche Partei sich derartig zerlegt. Nur: Sie ist eine von nur zweien mit nationaler Bedeutung in den USA und könnte im nächsten Jahr erneut ins Weiße Haus gewählt werden. Da bleibt die Freude stecken – die bloße Vorstellung ist schlicht furchteinflößend. Am Ende dürften nicht nur die Republikaner unwiederbringlich zerstört sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "Die kaputte Partei" - Die kaputte Nation?

  • Man erfindet eine Geschichte und verbreitet dieses Narrativ millionenfach im Internet. Die Wähler sind dann nicht mehr in der Lage zwischen Wahrheit, Geschichte, Realität, Fantasie oder Lüge zu unterscheiden. Einmal gewählt, sackt man dann Geld ein.

  • Wenn die amerikanischen Medien ähnlich berichten, wie einige Deutsche, muss man sich nicht wundern, warum er immer wieder im Mittelpunkt steht. Heute Morgen eröffnet SPON mit 3 Artikeln. In einem geht es um Trumps Gewicht. Wen interessiert das?

    Vielleicht sollten sich einige Redaktionen darüber klar werden, dass Negativwerbung auch Werbung ist.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ja! Danke!



      Sehe ich auch so!

  • 6G
    653903 (Profil gelöscht)

    gute Analyse!

  • Fragt sich, vor wem man mehr Angst haben muss. Vor diesen Politiker-Schauspielern oder ihren Wählern? Oder vor denen, die erst gar nicht wählen gehen?

    • @Ignaz Wrobel:

      Die Partei ist so kaputt wie ihre Wähler, denn sie ist ein Spiegelbild ihrer Wähler. Auch mir macht eine Partei keine Angst, es sind die Wähler, die mich ängstigen. Und noch mehr ihre Zahl. Ja, ich habe Angst um unsere Demokratie. Die Dummheit nimmt zu, die Zahl der Nichtwähler wächst. Demokratie geht anders, lebt von Beteiligung und konstruktivem Diskurs.

    • @Ignaz Wrobel:

      Vor den Leuten, die diese Shitshow von Wahnsinnigen für irgendwie "demokratisch" halten.

  • "Der haushoch führende Bewerber bleibt der Debatte fern, muss einen Tag später eine Kaution hinterlegen, um nicht in Untersuchungshaft zu kommen, gibt stattdessen einem Youtuber ein Interview, der vor ein paar Monaten als zu extrem von ebenjenem Sender entlassen wurde, und das wird binnen Stunden 120 Millionen Mal angesehen."

    Das ist fast noch erschreckender, als der Zustand der Partei.

  • Kaputte Partei trifft es gut!



    Die Republikaner ist nicht die einzige konservative Partei dieser Welt, die ....sagen wir mal.... abrutscht.

    Ohne ihre Werbe- und Propagandabudgets würde das ganze den meisten Menschen schlicht weg gar nicht zu Ohren und Augen kommen geschweige denn interessieren.



    Nur, Geld für Werbung und Propaganda ist bei denen offenbar in Hülle und Fülle da...



    Und Inhalte? - Fehlanzeige.