US-Luftangriffe aus Völkerrechtssicht: Stillschweigende Billigung genügt
Die USA greifen die IS-Milizen auf syrischem Staatsgebiet an, ohne Aufforderung oder UN-Mandat. Ist das mit dem Völkerrecht vereinbar?
FREIBURG taz | Auf den ersten Blick verstoßen die Luftangriffe der USA gegen das Völkerrecht. Syrien hat weder ausdrücklich zugestimmt, noch gibt es ein Mandat des UN-Sicherheitsrats. Wenn Syrien jedoch die Angriffe stillschweigend billigt, liegt kein Verstoß vor.
Die UN-Charta von 1945 verbietet grundsätzlich jede militärische Gewalt gegen einen anderen Staat. Der Angriff richtete sich zwar nicht gegen das syrische Regime von Baschar al-Assad, sondern gegen die Guerilla des Islamischen Staats (IS). Da der Angriff jedoch auf syrischem Gebiet stattfand, liegt ein Eingriff in die syrische Souveränität vor. Der IS ist trotz seines Namens bisher jedenfalls kein eigenständiger Staat.
Eine ausdrückliche syrische Aufforderung zum militärischen Eingreifen liegt nicht vor – anders als im Irak, wo die USA ebenfalls IS-Stellungen bombardieren. Nicht ausreichend ist auch die vorherige Information der USA gegenüber Syrien. Es geht nicht darum, ob Syrien von den Luftschlägen wusste, sondern ob es sie billigte. Die Billigung muss nicht öffentlich erfolgen. In Pakistan ist es üblich, dass die dortige Regierung US-Drohnenangriffe auf Dschihadisten öffentlich missbilligt, ihnen vertraulich jedoch zustimmt.
Da die USA mit Syrien nicht zusammenarbeiten wollen, gibt es möglicherweise nicht einmal eine geheime Zustimmung. Allerdings dürfte auch eine stillschweigende Billigung der US-Luftschläge genügen. Hierzu passen auch allgemeine Aussagen der syrischen Regierung zur Unterstützung von Aktionen gegen den Terrorismus.
Möglicherweise berufen sich die USA aber lieber auf ein angebliches Recht auf humanitäre Interventionen. Solche Interventionen – ohne Zustimmung des betroffene Staates und ohne UN-Mandat – sind bisher aber nirgends geregelt und nicht allgemein anerkannt.
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