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TV-Duell Merkel gegen SteinbrückIst das schön hier

Steinbrück geht die Kanzlerin an, ohne sie zu verletzen. Merkel präsentiert ein Land, in dem alles okay ist. Es war ein Schlagabtausch der verkopften Art.

Und, waren sie gut? Bild: dpa

BERLIN taz | Gehts hier tatsächlich ums Gewinnen? Gibt es derlei überhaupt vor dem 22. September? Das TV-Duell am Sonntagabend zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück kitzelte die Erwartungen. Geht er sie heute mal direkt an? Und: Lässt sie sich endlich aus der Reserve locken? Bis zu diesem Tag, exakt drei Wochen vor der Bundestagswahl, hat die Kanzlerin ihren Herausforderer ja geradezu provozierend ignoriert. Heute gibt es kein Ausweichen mehr - face to face im TV-Duell.

Am Boden liegen jedoch wird nach neunzig Minuten keiner der beiden. Peer Steinbrück, der bislang in den Umfragen weit hinter Angela Merkel liegt, durfte einem Millionenpublikum präsentieren, was den SPD-Wahlkampf zusammenhält. Er zeigte sich inhaltlich perfekt vorbereitet und als Freund der griffigen Erklärung. Angela Merkel ging er an, ohne die Dame zu verletzen. Die Strategen im Willy-Brandt-Haus könnten also zufrieden sein.

Wenn da nicht Angela Merkel selbst wäre. Auch die Bundeskanzlerin ist natürlich blendend vorbereitet. Für diesen wichtigen Abend hat sie jedoch zu ihrer ohnehin üblichen Es-ist-bei-mir-alles-in-besten-Händen-Rhetorik noch die staatsfrauliche Entschiedenheit mitgebracht. Ohne tatsächlich in die regierungspraktischen Details zu gehen, zeigt sie aufrichtiges Engagement, zu antworten. Das Wort lässt sie sich nicht abschneiden. Immer mal wieder wird sie streng, wenn sie unterbrochen wird.

In welche Richtung sich das Moderatorenquartett Illner/Will/Klöppel/Raab inhaltlich bewegen würde, zeigte die Eingangsfrage an Peer Steinbrück: „Warum werden Sie nicht von einer Welle der Empörung ins Kanzleramt gespült?" Tja. Er, der meint, dieses Land müsse aus dem Stillstand herauskommen, wendet sich direkt an die Zuschauer: „Lassen Sie sich nicht beirren, Frau Merkel wird Ihnen heute ein Land präsentieren, in dem alles in Ordnung ist." Und genauso geschieht es.

Abschreiten der Themen

Die CDU-Vorsitzende, die die Sozialdemokraten immer wieder inhaltlich von rechts neutralisiert, wird von Stefan Raab gefragt, ob sie sicher sei, dass bei ihr beim Wahlomat tatsächlich die CDU rauskäme. Haushalte konsolidieren, den Menschen sagen, dass es aufwärts geht, stark, Kurs, fortsetzen - das bleibt alles allgemein. So kommt sie nicht durch. Unter ihrer dunklen Jacke blitzt eine schwarz-rot-goldene Kette hervor.

Schritt für Schritt schreiten Interviewer und Interviewte die Themenagenda dieser Wahl ab. Steuern, Schuldenabbau, Griechenland - es ist ein Schlagabtausch der verkopfteren Sorte. In den neunzig Sekunden, die jeder pro Antwort hat, sind diese Themen kaum vernünftig zu erklären. Lustig wird es, als die Frage nach Horst Seehofers Forderung nach einer Maut für ausländische Autos kommt. „Mit mir wird es eine Maut für Autofahrer im Inland nicht geben", sagt sie. Steinbrück freut sich und richtet Grüße nach München aus - das gibt Ärger in der Staatskanzlei.

Aber nicht zu früh freuen! Schon geht es um die arbeitsmarktpolitischen Sünden seiner SPD. Ja, räumt er ein, der Missbrauch von Leiharbeit, Zeitarbeit und Werkverträgen muss beendet werden. „Aber die Agenda 2010 war sehr viel mehr als eine Arbeitsmarktreform." Es habe Fehlentwicklungen gegeben, „die werden mit mir als Bundeskanzler korrigiert". Auf die Frage, ob die SPD nicht nicht auch mal ein Thema der CDU klauen könne, bleibt er lässig.

Lebensleistungsrente, das sei doch zynisch. Lohnuntergrenze - ein Flickenteppich. Der Pflege-Bahr - eine Lachnummer. Das ist seine Gabe: gut erklären können, Bilder finden, auch mal lachen können. Die Kanzlerin lächelt höchstens maliziös, um den frechen Zwischenfrager Stefan Raab zum Schweigen zu bringen.

Muttieske Merkel

Muttiesk wird sie, als Steinbrück sagt, mit der SPD würden die Beamten-Pensionen an die gesetzlichen Renten gekoppelt. Polizisten, Feuerwehrleute und Lehrer sollten jetzt mal ganz genau zuhören, was die SPD hier fordert, mahnt sie zur Aufmerksamkeit. Viele Beamte seien nämlich „Menschen, die sehr wenig verdienen“.

Und so geht es immer weiter. Rente mit 67, Energiewende, Gesundheitspolitik, Herdprämie, der NSA-Komplex - anfangs des letzten Drittels unterscheidet sich das TV-Duell kaum noch von einer Plenarsitzung mit offener Tagesordnung im Bundestag. „Ich handele nicht und denke dann nach", blafft sie Steinbrück beim Thema NSA an, „sondern ich mache das umgekehrt.“ Das ist aber auch schon das Höchste an Missbilligung, was Merkel im Köcher hat.

Gegen Ende wird es noch mal spannend. Was die Bürger denn wählen sollen, wenn sie die Große Koalition zurückhaben wollen, fragt Raab Steinbrück. Der weicht aus, jeder weiß ja, dass er nur für Rot-Grün zur Verfügung steht. „Das ist doch keine Haltung zu sagen, ich will nur gestalten, wenn ich auch King of Kotelett bin“, raunzt Raab. Und Merkel drückt der FDP ihr gefürchtetes Vertrauen aus, in diesem Fall sogar „allervollstes“. Zu Rot-Rot-Grün sagt sie: „Herr Steinbrück hat doch gar nicht mehr die Möglichkeit, über RRG zu entscheiden. Das werden nach der Wahl andere entscheiden.“ Gut gegeben. Aber Steinbrück lacht nur.

Wer hat gewonnen?

Ganz zum Schluss je neunzig Sekunden der Monolog an die Wähler. In Steinbrücks Ansage offenbart sich sein ganzes Dilemma: Man habe „Stillstand“, die SPD könne „die Sehnsucht nach Maß und Mitte“ in der sozialen Marktwirtschaft stillen. Sorry, aber etwas anderes bietet diese Kanzlerin auch nicht an. Und genau das ist das Problem dieses glänzenden Rhetorikers und seiner Partei. Nur ohne die plautzige Art der Kanzlerin. „Und jetzt wünsche ich Ihnen einen schönen Feierabend!“ sagt sie ganz zuletzt. Ab ins Körbchen, liebe Wähler!

Wer hat gewonnen? „Ich glaube, Deutschland hat gewonnen, weil es gut ist, dass sich die Menschen ein Urteil bilden können.“ Raten Sie, wer das gesagt hat.

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18 Kommentare

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  • J
    joHnny

    uli hoeneß darf weiter steuern sparen, und die lohnuntergrenze-betroffenen bleiben auch in zukunft steuerfrei!!...

  • J
    Joba

    Der gestrige Abend hat mich in meiner Meinung bestätigt, dass ich Merkel zwar nicht unbedingt als Kanzlerin behalten, Steinbrück aber keinesfalls als Kanzler haben möchte. Als Grünwäler bin ich sogar bereit, schwarz-grün in Kauf zu nehmen, denn wenn ich daran denke, wie Steinbrück die Grünen in NRW behandelt hat, kann diese Option auch nicht schlimmer sein. Zumal Siegmar Gabriel jüngst den Anschein erweckt, alte Energiestrukturen bewahren zu wollen.

  • B
    bonker

    es ist nicht mehr weit hin, da wird man Merkel für ihre Art ihres regierens bzw. das Volk zu verdummen, erachten.

  • S
    Sören

    Ich glaube nicht, dass dieses "Duell" einen großen Einfluss auf den Ausgang der Wahl haben wird. Dafür hätte einer der Kandidaten besonders gut auftreten oder besonders schlecht agieren müssen. So ist diese Debatte in einer Woche vergessen.

     

    Insgesamt bleibt für SPD und Grüne das Problem, dass sie einen Richtungswechsel propagieren, in einer Zeit, in der die meisten dafür keine Notwendigkeit sehen. Die Menschen sehen wie es im Ausland zugeht, und verbinden die relative Stabilität mit der Regierungschefin. Warum also einen Wechsel?

     

    Diese Fragen können SPD und Grüne nicht beantworten, auch, weil die Kanzlerin eine interessante Spaltung in ihrer Politik hat: In Europa setzt sie auf neoliberale, kühle Politik. Im Inland dagegen strahlt sie sozialdemokratische Wärme aus. Man hätte einen Kandidaten aufstellen müssen, der über ähnliche Qualitäten verfügt wie die Kanzlerin, aber auf diese Idee kam die verwirrte SPD wohl nicht.

  • Immerhin hat die Merkel diesmal nicht schon wieder alte Reden von US-Präsidenten geklaut... ^^

    siehe video:

    http://www.youtube.com/watch?v=K3iMHriWeYg

  • VA
    Vereint abzocken

    Genau das richtige Programm für den Volksfunk. Wenn ich nur nicht für diesen Mist zahlen müsste!

  • "...Wer hat gewonnen? „Ich glaube, Deutschland hat gewonnen, weil es gut ist, dass sich die Menschen ein Urteil bilden können.“ Raten Sie, wer das gesagt hat..."

     

    Na dann hoffe ich mal das in den Medien auch die anderen Parteien ausführlich zu Wort kommen. Gemeint sind nicht nur Grüne, die Linken, Piraten oder die FDP.

    Damit sich die Wähler wirklich ein Urteil bilden können.

  • G
    gerstenmeyer

    Merkel präsentiert ein Land, in dem alles okay ist

    ----------------------------

    hat sie nicht auch des öfteren gesagt dass auch hier und da noch zu arbeiten ist? deutschland steht weltweit mit am besten da-warum sollte man diesen dampfplauderer wählen?in bw wurde die regierung abgewählt obwohl bw absolute spitze mit bayern ist und jetzt?

    ein völlig überflüssiges integrationsministerium wurde geschaffen,lehrer werden reduziert(wie sind deren schlagworte-Bildung,Bildung,Bildung)-ja was jetzt,weniger lehrer aber bildung

  • S
    Schlesier

    Merkel siegt Dank ihrer Mega-Hypno "Schlandkette" am Hals und ganz Schland liegt im Wachkoma...

     

    Schlafe Michel schlafe und erschlaffe!!!

     

    Pfui Deibel!

     

    Es gibt Alternativen.

  • B
    bonker

    Der Schlußsatz von Merkel oder Steinbrück hätte auch lauten können (angelehnt an unseren ehemaligen Fersehpfarrer): "Ich mache jetzt eine Fliege und bleiben sie gesund!"

  • B
    bonker

    Das "Duell" war absolut jugendfrei. Män hätte es auch im Nachmittagsprogramm von RTL oder auf KIKA senden können.

  • J
    joHnny

    frau merkels gute botschaft:

    uli hoeneß darf weiterhin steuern sparen, und die lohnuntergrenze-betroffenen bleiben auch in der zukunft steuerfrei!!...

    mfg

  • Sogar die Taz ist auf das TV Duell hereingefallen. Überall nur Große Koalition, zentrale Berichterstattung, Merkel und Steinbrück. Wann ist bei euch der Sinn für die Alternative abhanden gekommen?

    • K
      Knuffi
      @Picard:

      @Richard Detzer: Danke! Danke, dass es noch anderen Menschen auffällt, dass das was hier veranstaltet wird nur ein "Brot und Spiele" für die dumme Masse ist, die sich für einen von beiden entscheiden soll. Sodom und Gomorra, Scylla und Charybdis, Pest und Cholera. Wir haben jedoch die Möglichkeit KEINES von beiden als "das geringere Übel" zu wählen. Das sollten wir auch tun!

  • Alles schön, aber zum Kanzler mach ICH Euch nicht! H4Präkariat wählt anders! Deutschland ist reich, wir können es uns leisten. Verteilung ist der Disput.

  • S
    salonlinker

    Die "Kreativen" im Prenzlauer Berg werden sich mit dem Kauf der dritten ETW gedulden müssen. Es ist noch unklar, ob sie an den Zitzen von Rot-Rot-Grün werden saugen können.

  • Z
    zombie1969

    Dieser unbeholfene Primitivling Steinbrück, der es lediglich fertig bringt, von Cavallerie gegen ein Nachbarland Einsetzend daher zu schwafeln, hat in der europäischen Politk schlicht nichts zu suchen. Konsens und konstruktive Politik ist angesagt und nicht Hass, primitiver Rassismus und Hetze!

  • M
    Martinuzzu

    Stimmt: Merkel denkt erst nach und handelt dann nicht!