Sommerinterview mit André Trepoll (CDU): „Die Elbvertiefung muss her“

Der CDU-Fraktionschef in der Hamburger Bürgerschaft, André Trepoll, über Volksentscheide, Innere Sicherheit und das Aberkennen der Klagerechte von Umweltverbänden.

André Trepoll, 39, verheiratet, zwei Kinder, Jurist. Abgeordneter der Bürgerschaft seit 2004, Fraktionsvorsitzender seit 2015. Foto: dpa

taz: Herr Trepoll, finden Sie eigentlich, dass Sie sich Ihren Sommerurlaub redlich verdient haben?

André Trepoll: Ja. Es war ein arbeitsreiches ersten Halbjahr.

Aber in letzter Zeit haben Sie doch nur zugesehen, wie die rot-grünen Fraktionsvorsitzenden Andreas Dressel und Anjes Tjarks lange und schwierige Verhandlungen mit der Initiative „Hamburg für gute Integration“ führten.

Nein. Wir haben die Initiative in engem Austausch unterstützt und beraten, auch wenn wir nicht in allen Einzelpunkten einer Meinung waren. Das war auch eine Menge Arbeit.

Dem Ergebnis der Verhandlungen hat die CDU im Parlament aber nicht zugestimmt.

Das konnten wir nicht, weil wir die Ergebnisse erst 24 Stunden vor der Abstimmung in der Bürgerschaft bekommen haben. Deshalb haben wir ja gesagt zum grundsätzlichen Verhandlungserfolg der Initiative, aber nein zum Verhandlungsweg, weil das Parlament ja von Rot-Grün in keiner Form einbezogen wurde.

Fühlen Sie sich ausgegrenzt?

Bei SPD und Grünen mag es ja Abgeordnete geben, die nichts dagegen haben, Vorlagen zuzustimmen, die sie gar nicht gelesen haben. Unser Verständnis von guter Politik ist das nicht.

Ist denn das Thema Flüchtlingsunterbringung durch die Vereinbarung mit der Initiative ein für allemal geklärt worden?

Ich glaube, dass das sehr dünnes Eis ist. Zum Beispiel sind bei den Übereinkünften mit der Initiative Neugraben-Fischbek mehrere Punkte konkret gar nicht umsetzbar. Bis 2017 soll da zum Wohngebiet für Flüchtlinge ein besserer Zugang unter der Fernbahn- und S-Bahnstrecke gebaut werden. Das ist objektiv unmöglich zu schaffen, trotzdem steht das in dem Papier. Da steht auch was von besserer kassenärztlicher Versorgung. Die kann aber kein Senat anordnen.

Dann sollten mal ihre Fraktionen in den sieben Bezirksversammlungen genau darauf achten, was vor Ort tatsächlich geschieht und was nicht.

Genau. Dressel und Tjarks lassen sich feiern für ihre Verhandlungen, die tatsächliche Arbeit vor Ort aber müssen ganz andere leisten.

Ist die Einigung mit der Initiative und die Vermeidung eines Volksentscheides mit hoher gesellschaftlicher Sprengkraft ein Erfolg für die Demokratie?

Es ist gut, dass der Stadt ein Volksentscheid über diese Frage erspart bleibt. Insofern ist es ein Erfolg. Mich stört aber, dass diejenigen, die mit ihren politischen Fehleinschätzungen Großunterkünfte durchsetzen wollten, sich jetzt dafür feiern lassen, das sie darauf verzichten.

Das aber ist doch Fluch und Segen des Regierens gleichermaßen: Eine Entscheidung zu revidieren, weil man hinterher klüger wurde, ist doch geradezu staatsmännisch.

Man hätte von Anfang an mehr Klugheit vom Senat erwarten müssen. Die integrationsfeindlichen Massenunterkünfte waren deutschlandweit ein Sonderweg, und Rot-Grün hat nicht aus Einsicht, sondern wegen des öffentlichen Drucks durch die von uns unterstützte Volksinitiative Abstand von den Planungen genommen.

Sie hätten das schneller und besser gemacht?

Mit Sicherheit.

Geht Ihnen die Direkte Demokratie mit all ihren Volksinitiativen und Volksentscheiden nicht inzwischen gehörig auf den Geist?

Die Menschen haben heute einen anderen und direkteren Anspruch an Politik, an Transparenz, Beteiligung und Mitwirkung. Und den formulieren sie nicht mehr nur über Parteien. Und wir müssen das aufnehmen. Klar ist aber auch, dass die Mitwirkung über die Direkte Demokratie nur eine Ergänzung der repräsentativen Demokratie durch Parlamente sein kann, nicht deren Ersatz.

Ist das nicht gerade für Sie als CDU ein Problem? Es sind doch in erster Linie wortmächtige, gebildete und wohlhabende bürgerliche Schichten, die sich über Initiativen artikulieren. Also ihr Wähler- und Mitgliederpotenzial?

Wir als CDU haben weiterhin den Anspruch, Volkspartei zu sein ....

Ja, eben.

Es geht um vielleicht zwei Einzelfragen im Jahr, das erschüttert das Parlament und auch die CDU nicht in ihren Grundfesten.

Das erleichtert uns. Nach der schmerzhaften Niederlage der Hamburger CDU bei der Bürgerschaftswahl 2015 mit nur noch 15,9 Prozent haben Sie und der neue Parteivorsitzende Roland Heintze der Partei einen strammen Rechtskurs verordnet. Sehen Sie in der politischen Mitte nicht mehr Ihren Platz?

Wie kommen Sie denn darauf?

Die liberale Großstadtpartei des Ole von Beust ist doch Geschichte.

Das sehe ich nicht so. Wir haben immer beide Säulen unsere Politik betont, das Liberale und das Konservative. Ich bin überzeugt, dass die Menschen wissen wollen, was wir in der Familienpolitik vorhaben. Ob das liberal oder konservativ ist, ist ihnen nicht so wichtig.

Als CDU-Kernthemen wurden vor eineinhalb Jahren festgelegt: Innere Sicherheit, Wirtschaftsfreundlichkeit und Autofahren. Ist das nicht konservativ?

Innere Sicherheit wird immer ein Markenkern der CDU sein. Das ist eines unsere wichtigsten Themen, weil natürlich die Menschen in dieser Stadt einen Anspruch darauf haben, sicher leben zu können. Da lassen wir uns von niemandem was vormachen.

Eben.

Das ist aber doch nicht rechts. Es geht um das Grundbedürfnis der Menschen nach Sicherheit, und wir als CDU stehen dafür ein, dass das erfüllt wird. Es geht ja nicht so weiter, dass Hamburg die Hauptstadt der Einbrecher bleibt.

Und wo sehen sie wirtschaftlichen Probleme Hamburgs? Die Steuereinnahmen sprudeln, die Arbeitslosenquote ist konstant niedrig.

Von Vollbeschäftigung sind wir weit entfernt, gleichzeitig gibt es weiterhin Fachkräftemangel. Da muss dringend was getan werden. Den Hafen lässt dieser Senat völlig verkommen. Die Elbvertiefung ist noch immer nicht da, die Schlickberge in den Hafenbecken und der Fahrrinne werden immer größer, und der Bürgermeister sagt, ein paar Container weniger seien doch kein Problem. Wir müssen den Hamburger Hafen wieder dringend wettbewerbsfähig machen, das ist die Aufgabe.

Und wie würde Sie das machen?

Als erstes muss die Elbvertiefung endlich realisiert werden. Es kann nicht sein, dass dieses existenziell wichtige Projekt nun schon seit 15 Jahren von Umweltverbänden verhindert wird. Das Planungsrecht muss deutlich gestrafft werden, damit solche Vorhaben schneller umgesetzt werden können.

Dann müssten sie das Klagerecht der Umweltverbände aus den Gesetzen streichen lassen.

Ja, das sollten wir tun. Die Umweltverbände sollten einen Durchsetzungsanspruch auf Ausgleichsmaßnahmen bekommen, um zu kontrollieren, dass diese auch umfassend umgesetzt werden. Aber irgendwelche demokratisch nicht legitimierten Lobbygruppen sollten notwendige Infrastrukturvorhaben nicht blockieren können. Das ist schlicht undemokratisch.

Wieso undemokratisch?

Wir haben doch gar keinen Einblick, wie die intern strukturiert sind, wie dort Wahlen und demokratische Willensbildungsprozesse laufen. Wir Politiker können abgewählt werden, die Verbände sind scheinbar ewig.

Gottgegeben wie der ADAC oder die Handelskammer?

Heutzutage müssen sich alle gesellschaftlichen Akteure der Frage nach ihrer demokratischen Legitimation stellen.

Dann erklären Sie doch mal, warum die CDU noch immer eine Autofahrerpartei ist?

Sind wir nicht. Wir haben erst vor kurzem ein Radfahrkonzept vorgestellt. Aber natürlich ist die Realität so, dass die Menschen vermehrt Auto fahren, das kann man nicht einfach ignorieren. Und man darf auch nicht die Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausspielen. Nur weil früher der Autoverkehr vielleicht bevorzugt wurde, darf man jetzt nicht ins andere Extrem verfallen.

Den Autoverkehr in der Großstadt nicht einzuschränken, ist für Sie eine Strategie der Zukunft?

Ich bin sehr für ein gleichberechtigtes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer, aber nicht für ein Gegeneinander. Hamburg ist eine wachsende Stadt, also wächst auch die Mobilität. Diese Verkehre muss man intelligent vernetzen und kombinieren, aber nicht gegeneinander ausspielen.

Wären Sie erleichtert, wenn die FDP-Fraktionschefin Katja Suding nächstes Jahr nach der Bundestagswahl nach Berlin wechselt? Sie kokettiert gern damit, die bekannteste Oppositionspolitikerin Hamburgs zu sein. Wäre doch ein Vorteil für Sie, aus ihrem Schatten zu treten?

Ich mache mir über Frau Sudings Pläne keine Gedanken. Die Bundestagswahl wird ein großer Erfolg für die CDU und Angela Merkel werden, welche Folgerungen sich daraus für die FDP ergeben, sehen wir dann.

Auch SPD-Bürgermeister Olaf Scholz könnte nächstes Jahr nach Berlin aufrücken. Ohne Scholz und Suding wären Sie doch fast schon allein im Haus?

Das sind so diese Was-wäre-wenn-Spielchen. Daraus kann man nur ersehen, dass die anderen gedanklich schon auf dem Abflug sind, die CDU sich aber vor Ort in Hamburg um das Schicksal der Hansestadt kümmert.

Wir müssen uns also darauf einstellen, dass Trepoll bleibt?

Trepoll bleibt.

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