Party der Ländle-Vertretung in Berlin: Bombenstimmung am Bratwurstgrill
Waffenhersteller Diehl spendet 5.000 Euro für ein Berliner Fest der grün-roten Regierung von Baden-Württemberg. Was sagen die Grünen dazu?
BERLIN taz | Das Unternehmen Diehl ist sichtlich stolz auf seine Produkte. Auf seiner Homepage preist es zum Beispiel seine Lenkraketen als „hochwirksame Präzisionswaffen“ an, „für Einsätze in der Luft, am Boden oder auf See.“ Ob 40-Millimeter-Infanteriemunition, Handgranaten oder intelligente Artilleriemunition – die Rüstungssparte des Konzerns mit Sitz in Überlingen, Baden-Württemberg, lässt für die moderne Armee kaum Wünsche offen.
Ein PR-Einsatz von Diehl auf deutschem Boden bringt jetzt die grün-rote Landesregierung Baden-Württembergs in die Bredouille, welche von Ministerpräsident Winfried Kretschmann geführt wird. Der Waffenhersteller sponserte die traditionsreiche Stallwächterparty. Die Sause lockt jedes Jahr im Frühsommer viel Prominenz in die Landesvertretung Baden-Württembergs in Berlin. Sie ist eines der beliebtesten Sommerfeste des Politikbetriebs – und ein Aushängeschild für das Bundesland.
Diehl unerstützte die von den Grünen und der SPD ausgerichtete Party mit 5.000 Euro. Das geht aus der Sponsoring-Übersicht hervor, die die Landesvertretung im Internet veröffentlicht hat. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtete zuerst über den als „Geldleistung“ aufgeführten Zuschuss.
Gerade für die Grünen ist die Causa peinlich. Die Partei setzt sich für einen restriktiven Umgang mit Waffenexporten ein und fordert die Abschaffung des Bundessicherheitsrates. Motto: „Keine Rüstungsexporte zu Lasten von Menschenrechten.“ Im letzten Bundestagswahlkampf genoss das Thema auf Wunsch der Parteimitglieder höchste Priorität. Und jetzt finanziert ein Waffenhersteller das wichtigste Fest des einzigen grünen Ministerpräsidenten der Republik?
Engagement war keine Premiere
„Ich bin nicht glücklich darüber, dass diesem Unternehmen die Möglichkeit gegeben wurde, als Sponsor aufzutreten“, sagte Baden-Württembergs Grünen-Chef Oliver Hildenbrand am Sonntag. „Und ich hätte besser gefunden, wenn die Landesvertretung diese Frage sensibler gehandhabt hätte.“ Er könne gut nachvollziehen, dass es kritische Rückfragen gebe, sagte Hildenbrand weiter.
Der Regierungssprecher Baden-Württembergs, Rudi Hoogvliet, wollte das Sponsoring am Sonntag nicht bewerten. „Ich sehe keinen Grund, das zu rechtfertigen oder zu bewerten.“ Diehl habe den Rüstungsbereich in den vergangenen Jahren heruntergefahren und mache nur noch 20 Prozent des Umsatzes mit diesem Geschäft, sagte Hoogvliet. "Die sind ansonsten im zivilen Luftfahrtbereich oder der Solarbranche tätig."
Für die Organisation und das Sponsoring der Stallwächterparty ist die Berliner Landesvertretung des Bundeslandes zuständig. Jene untersteht formal Peter Friedrich, SPD-Landesminister für den Bundesrat und die Belange Baden-Württembergs im Bund. Friedrichs Sprecher war am Sonntag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Das Engagement des Unternehmens war keine Premiere. Diehl durfte bereits im Jahr 2013 5.000 Euro für die Stallwächterparty spenden. Für das Fest vergibt die Landesvertretung abgestufte Partnerschaften. Diehl war in diesem Jahr mit der gesponserten Summe ein so genannter „Economy-Partner“ – das ist die niedrigste Stufe. Das Logo der Firma erschien im Programmflyer, vier Personen bekamen eine persönliche Einladung. Mit einem eigenen Stand war Diehl auf der Stallwächterparty aber nicht vertreten.
Dies bleibt „Premium-Partnern“ vorbehalten, die bis zu 20.000 Euro spenden. Das tat zum Beispiel der Autohersteller Daimler. Friedensinitiativen kritisieren seit Langem, dass Daimler ebenfalls mit Rüstungsgeschäften Geld verdient. Durch Beteiligungen an der Rolls-Royce Power Systems AG, die Motoren für schwere Fahrzeuge herstellt, würden militärische Produkte in alle Welt geliefert, kritisierte zum Beispiel die Initiative „Ohne Rüstung leben“.
Besonders gut besuchte Party
Die Spenden von Diehl und Daimler sind auch deshalb unangenehm für Grüne und SPD, weil sie eigentlich einen anderen Umgang mit dem Thema pflegen wollen. So habe die Landesregierung vergangene Woche einen Transparenzbericht auf den Weg gebracht, sagte Hildenbrand.
Der Bericht macht künftig alle zwei Jahre öffentlich, welche Zuwendungen Dritte an Landesbetriebe, Hochschulen oder Theater gespendet haben. Die Grünen haben als Landespartei einen eigenen Spendenkodex, der regelt, wie etwa Werbeflächen auf Parteitagen vergeben werden. Hildenbrand betonte: „Ein Rüstungsbetrieb hätte nach unserem Kodex eine unserer Veranstaltungen niemals sponsern dürfen.“
Die Stallwächterparty war dieses Jahr besonders gut besucht, weil sie zum 50. Mal stattfand. Rund 1.500 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur plauderten, tranken Weißburgunder und grillten Bratwürste über dem offenen Feuer. Mit dabei waren zum Beispiel SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt oder US-Botschafter John B. Emerson.
Die Landesvertretung hatte für das Fest laut ihrer Sponsoring-Übersicht rund 125.000 Euro Geldspenden eingeworben, hinzu kamen Sachspenden im Wert von gut 58.000 Euro.
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