Kommentar Strafzölle auf Solarmodule: EU bremst Energiewende
China hat den deutschen Solarboom ermöglicht. Die neuen Strafzölle für Importe bremsen die Geschwindigkeit der Energiewende – nutzen aber der hiesigen Industrie.
D ie EU-Kommission hat entschieden: Mit saftigen Strafzöllen will sie künftig Importe chinesischer Solarmodule belegen. Es ist ein Schuss, der nach hinten losgehen könnte. Denn die chinesischen Hersteller haben den Boom der Solarstromerzeugung überhaupt erst möglich gemacht.
In den letzten drei Jahren wurden in Deutschland jeweils sieben Gigawatt an neuen Solaranlagen installiert. Damit einher gingen heftige Debatten um steigende Kosten durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, aber was man nicht vergessen darf: Solarstrom ist heute so günstig wie nie. Wurde vor einigen Jahren noch eine Einspeisevergütung von über 40 Cent pro Kilowattstunde gezahlt, liegt diese inzwischen unter 20 Cent. Trotzdem wird weiter ausgebaut.
Der enorme und rasche Bau von Photovoltaikanlagen führt dazu, dass heute darüber diskutiert wird, ob man die Energiewende viel, viel schneller schaffen könnte. Im sonnenreichen Spanien werden erste Solarprojekte gebaut, die gänzlich ohne staatliche Förderung auskommen. Auch China selbst hat inzwischen ambitionierte Ziele in Sachen Solarstromerzeugung.
ist Autor der Redaktion für Wirtschaft und Umwelt der taz.
Der drastische Preisrutsch war nur möglich, weil Yingli, Suntech und Trina immer wieder mit kostengünstigen Solarmodulen auf den Markt drängten. Hätte es die Konkurrenz aus China nicht gegeben, würden heute vielleicht bei Q-Cells noch Solarzellen produziert. Solarstrom wäre aber weiterhin eine Nische und die Einspeisevergütung läge bei über 30 Cent.
Für die deutsche Solarindustrie mag die Entscheidung der EU-Kommission eine gute Entscheidung sein. Für die Energiewende könnte sie sich als Bremse erweisen. Denn der Zeitpunkt, zu dem Solarstrom auch ohne Förderung am Markt überleben kann, wird dadurch nach hinten verschoben.
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