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Kommentar SPD ohne FinanzressortEine tragische Fehlentscheidung

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Dass die SPD nicht auf das Finanzministerium bestanden hat, ist strategisch falsch. Nur so hätte sie wirklich Macht bekommen.

Finanzressort nicht bekommen: Die SPD-Phalanx scheint trotzdem zufrieden Bild: dpa

W ie konnte dieser Fehler passieren? Die SPD hat auf das Finanzministerium verzichtet – und damit auf die Macht. Stattdessen begnügt sich Parteichef Sigmar Gabriel mit dem Wirtschafts- und Energieministerium. Es ist nicht zu fassen.

Auf den ersten Blick mag es langweilig wirken, das Finanzministerium zu kontrollieren. Nach dem Motto: Dort werden ja nur die Steuereinnahmen verwaltet. Doch tatsächlich ist das Finanzministerium das einzige Querschnittsressort, das einen detaillierten Einblick in die Vorhaben der anderen Ministerien erlaubt. Denn sie alle müssen ihre Haushaltspläne beim Finanzminister einreichen.

Wie es einem Koalitionspartner ergeht, der nicht das Finanzministerium besitzt, musste die FDP leidvoll erfahren. Jedes Projekt der Liberalen wurde von Finanzminister Schäuble mit der Begründung abgewürgt, es sei leider kein Geld da. Das Finanzministerium ist eine Art zweites Kanzleramt. Es ist das einzige Ressort, das genug Macht besäße, um Angela Merkel zu kontrollieren. Doch stattdessen hat sich die SPD an die Union ausgeliefert, indem sie nur Spezialressorts besetzt. Ein bisschen Energie, ein bisschen Arbeit, ein bisschen Umwelt. Die großen Linien werden Merkel und Schäuble bestimmen.

Diese Fehlentscheidung ist tragisch, weil Gabriel ein guter Finanzminister gewesen wäre. Er hat eine schnelle Auffassungsgabe und weiß, wie man große Apparate führt. Zudem hat er Gestaltungswillen und ist nicht nur ein fantasieloser Verwalter.

In der SPD haben nicht wenige gehofft, dass Gabriel am Ende doch noch springt und den Mut aufbringt, das Finanzministerium zu beanspruchen. Die Chance ist vertan. Stattdessen sendet die SPD die Botschaft, dass sie nur der Juniorpartner einer großen Koalition sein will. Das erinnert an den Wahlkampf – und ist fatal konsequent.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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15 Kommentare

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  • PH
    Peter Haller

    @D.J.

    Gut, wenn man intellektuell richtig schreiben kann.

    Aber wer was im Spiegel schreibt geht mir am Allerwertesten vorbei. Schon lange !

  • D
    D.J.

    @Peter Haller,

     

    "Aber andererseits hat sich das dumme Volk ja genau das ausgesucht."

     

    Nichts gegen Arroganz, wenn man sie sich intellektuell leisten kann.

    Wer schrieb letztens noch im Spiegel über die Verachtung vieler Linker gegenüber dem gemeinen Pöbel?

  • H
    Hamsun

    Es ist unfaßbar, die SPD hat die CDU dermaßen über den Tisch gezogen und alle relevanten Ressorts erhalten (Wirtschaft, Familie, Arbeit und Soziales) und Ulrike Herrmann nölt herum, weil das Finanzressort bei der CDU geblieben ist... Gehts noch? Wer hat fast doppelt so viele Stimmen bekommen wie die SPD und wer hat fast genauso viele Ministerien erhalten? Die CDU muß unglaublich bescheuert sein. Oder Angela Merkel plant mit der großen Koalition auf Lebenszeit. Dann paßt natürlich alles. Dann ist aber die Demokratie in Deutschland endgültig abgeschafft...

  • PH
    Peter Haller

    @ANTON WAGNER

    Leider wird es nach der Legislaturperiode nur einen Verlierer geben, und das wird das Volk sein.

    Aber andererseits hat sich das dumme Volk ja genau das ausgesucht.

  • A
    Arne

    Blöde Frage.

    Es ist doch ganz logisch, dass die SPD nicht selber die Position besetzen will, die dafür sorgen wird, dass es keine sozialen Verbesserungen die nächsten Jahre geben wird, sondern nur noch weitere Einschnitte.

    Die wären doch plem-plem, wenn sie das nicht ausnutzen könnten, dass alles einem von der CDU in die Schuhe schieben zu können.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Arne:

      Es ist zweifelhaft, ob das Volk nach der Legislaturperiode da noch fragt, ob der Finanzminister von der SPD oder der CDU war. Verlierer werden dann beide sein.

  • F
    falsch

    "Steigbügelhalter" (Steinbrück) haben keinen Anspruch aufs Finanzministerium. Gabriel hatte nur den Bundesrat als Verhandlungsmasse. Ansonsten ist er der Wahlverlierer.

  • D
    D.J.

    Zur Erinnerung: CDU 42%; SPD 25%.

     

    Im Übrigen scheint mir aber zumindest ein Volkshochschullehrer (mit zweifelloser Intelligenz) eher geeignet, ein Finanzresort zu führen als eine Person, die noch nie in ihrem Leben "normal" gearbeitet hat (trotz gewisser Sympathien ihr gegenüber), das Arbeitsresort.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    "Gabriel hat eine schnelle Auffassungsgabe" Wenn nur ein einziger bei einer großen Partei denken kann, dann passieren halt solche Fehler. Außerdem kann sich die SPD sowieso abschreiben. Von der Agenda 2010 wird sie sich nie wieder erholen. Sie kann höchstens noch in der Linken aufgehen.

  • Kann es sein, dass die SPD nur 25 % der Stimmen erhalten hat, die CDU aber 41 %?

    • @wombat999:

      Kann es sein, dass CDU + CSU trotzdem die Wahl verloren haben?

  • Die Seeheimer sind der Abnickverein Merkels, der ausserdem noch den Bedenkenträger mimen muss, bevor 80% zu allem ja und Amen sagen.

     

    Was sollen sie da mit einer Machtposition? Auf den anderen Pöstchen gibt's eine ganz genauso gute Versorgung für die verdienten Kameraden.

  • M
    M.A.

    Welchen Unterschied macht es für den normalen Wähler, welche Parteizugehörigkeit der Finanzminister inne hat… wenn doch SPD und CDU sowieso nur die Interessen des Finanzsektors und Großindustrie vertreten?

  • R
    reblek

    "Dass die SPD nicht auf das Finanzministerium bestanden hat, ist strategisch falsch." - Dass die Abteilung Überschriften von taz.de nicht auf "das" Duden-Rechtschreibung besteht, soll kreativ wirken, nehme ich an. Aber vielleicht hat sie auch aus dem Text (falsch) abgeschrieben: "Die SPD hat auf das Finanzministerium verzichtet..." So wird aus Sinn Unsinn.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Was soll's? Aber immerhin fahren jetzt sechs stolze SPD-MinisterInnen mit Stander auf dem Kotflügel herum. Was und wen kümmert die Zukunft? Es ist wie im richtigen Leben: JETZT muß es sein - nicht später. So werden große und kleine Firmen zerstört - warum nicht auch eine Partei? Oder gar eine ganze Nation? Wenn es dem Ego dient....