Kinder-Film „Ritter Trenk op Platt“: Casting am Telefon

Den Zeichentrickfilm „Ritter Trenk“ gibt es nun in einer plattdeutschen Synchronfassung. Die größte Hürde dabei war, Kinder zu finden, die die Rollen sprechen konnten.

Ritter Trenk mit seiner Freundin Thekla und seinem Gegner Wertold.

Sprechen nun Platt: Ritter Trenk mit Freund und Feind. Foto: Universum Film GmbH

BREMEN taz | Für „Ritter“ gibt es im Plattdeutschen kein eigenes Wort. „Ridder“ schlägt das „Plattdeutsche Wörterbuch“ halbherzig als Alternative vor. Aber im Film „Ritter Trenk op Platt“, der in dieser Woche in die norddeutschen Kinos kommt, sagen alle schön hochdeutsch „Ritter“. Dabei wurde ansonsten konsequent jedes Wort ins Plattdeutsche übertragen: Aus dem Gefängnis wurde das Kaschott, aus dem Leibeigenen der „Liefeigen“ und der Angsthase ist nun eine „Bangbüx“.

„Ritter Trenk op Platt“ ist ein ungewöhnliches Projekt, denn der Verein „Platt und Friesisch in der Schule e.V.“ hat den Zeichentrickfilm, der 2015 in die deutschen Kinos kam, nachsynchronisiert. Damit soll kein Geld verdient werden, sondern Kindern der Gebrauch der Dialekte ihrer Heimatregionen nahe gebracht. Nun zeigen ihn 45 Kinos zwischen Ost- und Nordsee, Holsteinischer Schweiz und Harz. Solch einen Massenstart konnte die Originalversion nicht aufweisen.

„Ritter Trenk“ ist ein Zeichentrickfilm für eher kleine Kinder. Der Stil erinnert an Zeichentrickserien aus den 70er Jahren – „Wickie“ etwa oder „Heidi“. Der Film erzählt von dem kleinen Jungen Trenk, dessen Eltern Leibeigene sind und von ihrem bösartigen Leibherren schikaniert werden. Um sich gegen ihn zu wehren, beschließt der Junge, ein Ritter zu werden. Es gibt ein Turnier, eine Drachenjagd und eine tapfere Ritterstochter, die auch gerne Ritterin werden würde.

Die Geschichte basiert auf dem Kinderbuch „Der kleine Ritter Trenk“ der norddeutschen Schriftstellerin Kirsten Boie und wurde vor einiger Zeit auch als Zeichentrickserie für den Fernsehsender Kika produziert. Von Boie stammt auch die Anregung, eine plattdeutsche Synchronisation des Films zu produzieren. Diese Idee griff die „Kreativgruppe“ der Initiative „Platt is cool“ auf, die sich einmal in der Woche im Bremer Schnoor trifft und nach neuen Wegen sucht, mit denen man das Plattdeutsche für Kinder und Jugendliche interessant machen kann.

Aus dem Gefängnis wurde das Kaschott, aus dem Leibeigenen der „Liefeigen“ und der Angsthase ist nun eine „Bangbüx“.

Maßgeschneiderte Förderbedingungen

Die beiden Pädagogen Heiko Frese aus Lüneburg und Georg Schillmöller aus Nordholz begannen ehrenamtlich an dem Projekt zu arbeiten, gründeten deshalb einen Verein und obwohl sie keine Ahnung vom Filmhandwerk hatten, gelang es ihnen in zwei Jahren, die neue Filmfassung handwerklich solide und mit einem eigenen, konsequent durchgehaltenen Ton fertigzustellen.

Und dies trotz eines „Elbphilharmonie-Effekts“ bei der Finanzierung, so nennt es Schillmöller: Statt der zuerst eingeplanten 20.000 Euro kostete die Synchronisation schließlich 85.000 Euro. Da reichten die jeweils 1.000 Euro der fünfzehn Landschaftsverbände Niedersachsens und das Geld von privaten Sponsoren, niederdeutschen Vereinen und Stiftungen nicht.

Aber bei der Nordmedia, die ursprünglich solch ein Projekt nicht finanzieren durfte, weil es so ungewöhnlich war, dass es zu keinem der Fördertöpfe wie Drehbuchentwicklung oder Produktionsförderung passte, gab es punktgenau neue Förderbedingungen, die wie maßgeschneidert für das Projekt waren.

Unterstützung von Kirsten Boie

Noch überraschender war, dass die vielen Rechteinhaber, die ihre Zustimmung zu der Neusynchronisation des Films geben mussten, dies zu sehr günstigen Bedingungen taten. Ein Grund dafür war wohl, dass die Autorin Kirsten Boie überall anrief und deutlich machte, dass das Projekt von ihr unterstützt wird.

"Ritter Trenk op Platt". Regie Anthony Power. Deutschland 2018 (niederdeutsche Fassung), 78 Min.

Der nächste Produktionsschritt war die Verfassung einer synchronen Textfassung. Dafür gab es mit der Textmanufaktur von Hartmut Cyriack und Peter Nissen eine passende Adresse im Hamburg. Die beiden haben neben 40 Theaterstücken schon „Harry Potter“ und einen Asterix-Band („De Spötenkieker“ ) ins „Plattdüütsche överdragen“ – so nennen sie es selbst auf ihrer Homepage.

Ihre Übersetzung wirkt dann auch nie bemüht und ist kindgerecht. Wirklich lebendig wird das Platt aber erst durch die Sprecher und Sprecherinnen. Deren Casting war für Freses und Schillmöller die größte Herausforderung. Bei den erwachsenen Sprechern konnten sich die beiden bei der „plattdeutschen Blase“, so Schillmöller, von professionellen Schauspielern bedienen. Axel Prahl, der aus Eutin stammt und als Sänger schon ein plattdeutsches Lied aufgenommen hat, sprach hier dieselbe Rolle wie in der Originalfassung: den gutmütigen Ritter Hans von Hohenlob.

Doch sechs Rollen, darunter die beiden Hautrollen, mussten von Kindern gesprochen werden. Die sollten ausdrücklich keine Profis sein, sondern Laien aus möglichst vielen Regionen Norddeutschlands. Auf einen Castingaufruf in der Presse meldeten sich 160 Kinder, die an einem Wochenende Schillmöller anriefen, damit er einen Eindruck davon bekam, wie gut sie Plattdeutsch sprechen konnten. Bei einem zweiten Vorcasting am Telefon sprachen sie dann einen eingeübten Text aus dem Film nach. Schließlich wurden 15 Kinder in ein Synchronstudio nach Lüneburg eingeladen, wo dann die Rollen endgültig besetzt wurden.

Diese „native speaker“ kommen nun aus Mecklenburg-Vorpommern, Nordfriesland, Südniedersachsen und dem Harz. So gibt es im Film eine große Bandbreite von unterschiedlichen Dialekten des Plattdeutschen zu hören. Und sie sprechen erstaunlich synchron, vor allem aber natürlich und mit Gefühl – viel besser kann man solch eine Vertonung kaum machen.

Der Film wird nun in Kinos in allen größeren Orten Norddeutschlands vor allem in Nachmittagsvorstellungen gezeigt werden. Es gibt Versionen mit hochdeutschen Untertiteln, sodass „Ritter Trenk op Platt“ auch in der Badesaison beim sogenannten Inselkino für Touristen eingesetzt werden kann. Nach Ostern wird es dann eine DVD geben, die an die Schulen verteilt werden wird, die ihn kostenlos zeigen können.

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