Interner Streit: Naturschützer gegen Klimaretter

Beim BUND Sachsen gärt es: Die Alten wollen den Wald schützen, Vögel und Fledermäuse, den Neuen geht es auch um die Energiewende. Geht das zusammen?

Auch ein Streitpunkt: Töten Windräder Vögel? Und kann man sie da noch gut heißen? Bild: dpa

DRESDEN taz | Für die Boulevardpresse schrieb sich die Schlagzeile von selbst: „Umweltschützer protestieren gegen grüne Unterwanderung“. Nachdem der Bund für Umwelt und Naturschutz BUND im Frühjahr einen neuen sächsischen Landesvorstand gewählt hatte, demonstrierten im Frühsommer etwa 20 Gegner bei einer nichtöffentlichen Vorstandssitzung in Leipzig. Und inzwischen deutet die teils beleidigende Auseinandersetzung um Personen und Inhalte auf eine Spaltung des BUND Sachsen hin.

Protestiert haben genau genommen nicht Umweltschützer, sondern Naturschützer, die vor allem aus dem Erzgebirge und dem Vogtland kommen. Hier hatte der BUND Sachsen nach der Wende seine Wurzeln, hier fanden Naturschützer, die zum Teil schon in der DDR unter dem Dach des Kulturbundes tätig waren, ihre passende Organisation.

Einer der maßgeblichen Aktiven der neunziger Jahre war der langjährige Landesgeschäftsführer Wolfgang Riether. Inzwischen hat ihm die neue Spitze des Landesverbandes wegen Beschimpfungen und Intrigen gekündigt. Der Bundesverband leitete ein Ausschlussverfahren gegen Riether ein, ein sehr seltener Vorgang.

Hassfigut und "Verhinderer"

Die südsächsischen, meist älteren Naturschützer sehen sich selbst als die eigentlich Aktiven vor Ort an, die in der Konsequenz bei Klagen auch den Kopf hinhalten. Einer ihrer Exponenten ist der umtriebige Tobias Mehnert, zugleich Vorsitzender des Umweltnetzwerkes Grüne Liga in Sachsen. Mit seinem kleinen Naturschutzverband kauft er Flächen zur Renaturierung und hat zugleich das sächsische Waldmehrungsprogramm vorangebracht.

Der rigorose Mehnert gilt vielen aber auch als Hassfigur. Gegen den „Verhinderer“ wurden wegen nicht gebauter Hochwasserschutzmauern im Raum Flöha an der Mulde nach dem jüngsten Hochwasser schon Lynchaufrufe laut.

Mit Mehnert, der gegen den neu gewählten Landesvorsitzenden Felix Ekardt kandidierte, und seinen Freunden verbindet sich aber auch der Ruf von Klimaskeptikern. „Windräder töten“, behaupten sie, nämlich Vögel oder Fledermäuse. Auf das Auto wollen sie schon gar nicht verzichten.

"Schwätzer, Blender, Schaumschläger"

Die jüngeren, vielfach westdeutsch sozialisierten und in den Großstädten Leipzig und Dresden konzentrierten neuen BUND-Kräfte sehen sie als „Schwätzer, Blender, Schaumschläger, heimatlose Gesellen und seelenlose Technokraten“ an, wie Wolfgang Riether vor der Wahl in einer Hasssmail schrieb. Dass einige von ihnen den Grünen zumindest nahe stehen, konturiert das Feindbild noch. Das sieht in den Grünen vor allem eine Lobbypartei für die Ökoindustrie, bei der der Naturschutz laut Mitgliederbefragung vom Juni nur im letzten Drittel der Prioritäten rangiert.

Weder Ekardt noch Mehnert wollen sich in der Zeitung zitiert sehen. Das Bemühen um äußeren Frieden ist spürbar, vor allem beim Bundesverband. Trotz der seit den Neunzigern schwelenden Ressentiments sei Sachsen „nicht schon lange ein Sorgenkind des BUND“, sagt Sprecher Norbert Franck. Ost-West-Animositäten bestimmten nicht die Arbeit. Der Bundesverband stehe hinter der gewählten Landesführung unter Felix Ekardt, der in Leipzig privat ein Umweltforschungsinstitut betreibt und regelmäßig für die taz schreibt.

Die Delegierten sollen den Streit klären

Eine Wahlanfechtung haben die Erzgebirger im Eilschutzverfahren vor dem Landgericht Chemnitz zunächst ziemlich kläglich verloren. Das Hauptsacheverfahren steht noch aus. Intern war von „Drückerkolonnen“ die Rede, mit denen die Leipziger Mitglieder und damit Delegiertenstimmen gewonnen haben sollen. In einem Mitgliederrundbrief stellte der Landesvorstand klar, dass er weitere Beleidigungen und anonyme Drohungen nicht hinnehmen wird. Im Herbst soll eine außerordentliche Delegiertenversammlung für eine abschließende Klärung sorgen.

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