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Homosexualität an Schulen in BaWüDie Angst vor der Klasse

Lehrer Peter F. ist beliebt. Doch keiner weiß, dass er schwul ist. Es ist weniger die Reaktion der Kinder, die er fürchtet - es sind ihre evangelikalen Eltern.

Homosexualität als Unterrichtsthema an Schulen? Konservative in Baden-Württemberg laufen Sturm. Bild: dpa

STUTTGART taz | Peter F.*, 35 Jahre alt, fürchtet sein Outing so sehr, wie er es sich wünscht. Er ist schwul. Er ist ein schwuler Lehrer in Baden-Württemberg, unterrichtet an einem kleinen Gymnasium, 500 Schüler, knapp 50 Lehrer. Der Ort liegt in einer pietistischen Gegend, wo die Namen der Dörfer auf -bach und -tal enden. An den Schulhof grenzen Wiesen und Felder.

Im Kollegium hat er nur ein paar Vertrauten von seiner Homosexualität erzählt. Sonst weiß es niemand. Nicht der Rektor, der ihn als großen Motivator lobt und sich mehr von seiner Sorte wünscht. Nicht die Reinigungskraft, die ihn gern in die Wange kneift und für die er „mein Bub“ ist. Keine der Schülerinnen aus der Siebten, die wohl heimlich für ihn schwärmen.

Peter F. stapft durch das vom Raureif weiße Gras an der Schule. Es ist Samstag, nichts los. Die Stühle stehen auf den Tischen in den Klassenzimmern, wo Peter F. unter der Woche Musik und Deutsch unterrichtet. Wo ihn die Schüler mögen, wo er versucht, authentisch zu sein, und es doch nicht ist. Dass er sich an der Schule nicht outet, hat Gründe. Da ist die Angst vor den Schülern, die je nach Alter jede Verletzlichkeit von Lehrern ausnutzen. „Man muss in der Höhle des Löwen überleben“, sagt Peter F. Aber das würde er in den Griff bekommen. Mit seiner Offenheit, seiner mal einfühlsamen, mal resoluten Art. Was bleibt, ist die Angst vor den Eltern.

In dieser Gegend, wo der evangelische Glaube von vielen Familien bibeltreu und extrem konservativ gelebt wird, stehen die Eltern schnell vorm Rektor. Wenn „Harry Potter“ gelesen werden soll, beschweren sie sich, ihren Kindern werde Hexerei beigebracht, erzählt er. Bei manchen Einheiten im Biounterricht nehmen sie ihre Kinder aus der Schule. „Dann ist das Mädchen eben krank.“ Einmal, als er ein Arbeitsblatt mit Totenkopf ausgab, um auf einprägsame Art vor Fehlern zu warnen, stand er selbst im Fokus. Totenköpfe zu malen sei zu Hause verboten, sagte eines der Kinder. So ist das eben zwischen -bach und -tal.

„Akzeptanz sexueller Vielfalt“

In Baden-Württemberg wird heftig über den Bildungsplan diskutiert, in dem „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ als fächerübergreifendes Thema verankert sein soll. In einem Arbeitspapier ist zum Beispiel als Lernziel festgehalten: „Erkennen der eigenen sexuellen Identität und Respektieren anderer sexueller Identitäten und Lebensentwürfe.“ Ein Lehrer aus dem Nordschwarzwald hat die Petition „Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“ ins Internet gestellt, die von mehr als 160.000 Leuten unterschrieben wurde.

Der Initiator gehört zu einer evangelikalen Gemeinde und fordert den „sofortigen Stopp einer propagierenden neuen Sexualmoral“. Die „Infragestellung der heterosexuellen Geschlechter von Mann und Frau“ könne zu einer „problematischen Entwicklung in unserem Bundesland“ führen.

In einem Café in einer nahe gelegenen Stadt kann Peter F., der selbst aus der Region kommt, reden. Die Tische stehen weit genug auseinander. Er kennt niemanden hier. Und hoffentlich niemand ihn. „Die Petition kotzt viele schwule Lehrer an. Ich bin sauer und erschrocken über die Diskussion. Sie wirft mich selbst zurück“, sagt er. „Weil ich mich frage: Was für ein Hamsterrad läuft hier eigentlich? Schon vor Jahren hat sich ein Politiker hingestellt und gesagt: Ich bin schwul, und das ist gut so. Ich dachte deshalb, das wär durch.“

In die Perversen-Ecke

Ist es aber nicht. Schwule würden immer noch in die Perversen-Ecke gestellt, in die Pädophilen-Ecke, wenn es schlimm kommt. Lesbische Frauen seien selten Thema, worunter diese wiederum litten. Die ganze Diskussion hält er für dominiert von Männern, die alles abstoßend fänden, was zwischen zwei Männern läuft. Peter F. würde sich wünschen, dass die Debatte nicht auf diese Art und Weise stattfindet. Vielmehr dass sie gar nicht stattfindet. Nicht stattfinden muss.

Er zieht eine Klarsichtfolie aus seiner Jacke, darin zwei Blätter: die Petition, durchgelesen und gelb markiert. Und ein Wort rot eingekringelt, wie einen Fehler im Diktat. „Verhalten“ steht da, der ganze Satz: „Aus der gleichen Würde jedes Menschen folgt noch nicht, dass jedes Verhalten als gleich gut und sinnvoll anzusehen ist“, schreibt der Petent Gabriel Stängle. Peter F. schüttelt den Kopf. Ein bestimmtes Verhalten ist für ihn etwas Situatives, etwas, was man ändern kann. „Homosexualität ist ja kein Verhalten. Wer das behauptet, der hat gar nichts verstanden.“

Peter F. Hat lange gebraucht, bis er verstanden hat, was mit ihm los ist. Damals, in der siebten Klasse, wurde er gehänselt. „Schwuchtel“, riefen die Jungs in der Schule. Man müsse ja mit dem Arsch an der Wand laufen, wenn man ihn auf der Toilette treffe. Er zog sich zurück, schloss sich auf dem Klo ein. Und insgeheim war er damals schon in einen älteren Schüler verliebt.

„Totale Desorientierung“

Aber dann plötzlich standen die Mädchen auf ihn, schrieben ihm Briefchen, er traf sich mit ihnen - und stieg dadurch im Ansehen der Jungs, hatte jetzt seine Ruhe. In seinem Innern sah es anders aus: „Totale Desorientierung“, sagt er. „Schwul“ war und ist oft ein Schimpfwort. „Man wächst auf und denkt, man ist was Schlechtes, minderwertig, eklig. Und das ist überhaupt nicht vereinbar mit dem, was man beim ersten Verliebtsein fühlt: was Schönes.“

Peter F. spricht, als wäre es ein früheres Leben, ein Kokon, aus dem er sich mühsam befreit hat. An den Schmerz erinnert er sich aber noch. „Die Schulzeit fand ich ganz schlimm.“ Sein einziges Vorbild als schwuler Mann war „der aus der Lindenstraße, mit der Glatze“ – Carsten Flöter. „Aber der war ja total verklemmt.“ Peter F. wäre gern selber so ein Vorbild für Jungs, ein besseres, lebensnäheres. Auch deshalb denkt er über ein Outing nach. „Es wäre wichtig, dass betroffene Schüler sehen: Man muss nicht in einem Tutu um die Ecke springen, wenn man schwul ist. Ich bin gerne Mann.“ Ihm hätte das damals geholfen.

Es gibt statistisch gesehen in jeder Klasse homosexuelle Kinder. „Warum sind die ihr ganzes Schulleben über nicht präsent?“, fragt Peter F. In seiner Familie hat er sich mit 18 geoutet und erstmal mit der Mutter drei Stunden geheult. Dann haben sie gemeinsam einen Weg gesucht, wie sie damit leben können. Die Mutter engagiert sich inzwischen im Bundesverband der Eltern, Freunde und Angehörigen von Homosexuellen. „In der zwölften Klasse bin ich erst mal sitzen geblieben, weil ich zu sehr mit meinem Gefühlsleben beschäftigt war.“ Er hat sich damals selbst gesucht. Und er hat sich gefunden.

Es geht um Sensibilisierung

Das Klischee des Schwulen, das viele Leute im Kopf haben, erfülle er nur zum Teil. „Das verwirrt auch die Schüler.“ Er lache viel und mache gern Quatsch, aber er könne auch streng sein; wenn seine Schüler Worte wie „schwul“ oder „behindert“ als Schimpfworte benutzen. „Das will ich nicht hören. Die sollen sich mal vorstellen, wie das ist, wenn jemand betroffen ist.“

Ihm geht es um Sensibilisierung für das Thema Homosexualität. Von schwuler Propaganda, wie der Petent sie vermutet, von Umerziehung gar, will Peter F. nichts hören. „Wir sind eine Lehranstalt, keine Erziehungsanstalt.“ Homosexualität würde er wertfrei behandeln. „In dem Moment bin ich neutral. Ich darf ja auch keine politische Meinung im Unterricht vertreten. Es geht darum, Meinungen der Schüler zuzulassen.“

Peter F. hat die Gegenpetition unterschrieben. Er befürchtet, dass die kirchenaffinen Gruppen, politisch sehr gut vernetzt, Druck aufbauen. Er will zu einem Gegendruck beitragen. So lange das Thema „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ nicht im Bildungsplan verankert ist, „drückt man sich herum“, sagt er. Und selbst wenn es verankert ist, würden es nur diejenigen Lehrer machen, die eine offene Haltung zum Thema haben. „Der Lehrer Stängle wird es wahrscheinlich auch dann nicht behandeln.“

„Herrlich, es geht ums Gefühl“

Peter F. hätte schon Ideen, wo es Anknüpfungspunkte gibt. Der Komponist Peter Tschaikowsky war höchstwahrscheinlich schwul. Oder der Sänger von Queen. In Deutsch ist „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf Lektüre. „Herrlich“, sagt Peter F. „Da wird thematisiert: Egal wen man liebt, es geht ums Gefühl.“

Genau das ist ihm wichtig. Homosexualität. Der Wortbestandteil „Sex“ störe ihn. „Darum geht es doch gar nicht.“ Was im Schlafzimmer vor sich geht, gehe niemand was an. Mit Schwulsein hat das nichts zu tun. „Ich frag ja auch nicht: Kollege, wie magst du deine Frau am liebsten?“ Aber bei Homosexuellen werde die Sexualität oft vor den Menschen gestellt. Das verletzt ihn.

Peter F. wünscht sich das Outing. Es wäre eine Erleichterung. Trotz der Angst. „Ich steh mit beiden Beinen auf dem Boden. Ich bin selbstsicher in dem, was ich bin und will.“ Er mag sich selbst und will zu sich stehen. Einen Partner hat er nicht. „Aber ich lerne gerade jemanden kennen.“ Er strahlt.

Authentisch sein

Auch für ihn ist Glauben wichtig. Früher war Peter F. Ministrant. Mit 30 trat er zur papstfreien evangelischen Kirche über. „Liebe ist doch das Höchste. Das darf man doch ausdrücken. Es geht darum, den Menschen anzunehmen, so wie er ist.“

Diese Haltung wünscht er sich auch bei anderen. „Ich kann nicht schauspielern, ich bin authentisch“, sagt er. „Die Schüler sind ja nicht doof, die ahnen das, glaub ich, schon.“ Ein paar Mädchen aus der siebten Klasse haben ihn mal gefragt, ob er eine Freundin habe. Auf sein Nein haben sie gekichert. „Fragt mich, was ihr wissen wollt“, habe er gesagt. Doch sie haben sich nicht getraut. Hätten sie gefragt, er hätte geantwortet.

*Name geändert

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26 Kommentare

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  • M
    Miaw

    First-World-Problems.

    Gehänselt wurden fast alle in unserer Klasse. Einige wurden ausgegrenzt. Was hat es mit Schwulsein zu tun? Rein gar nichts. Denkt ihr, die Kinder würden nicht einen anderen Grund zum Hänseln finden?

    Das sind die künstlich gemachten "Märtyrer" unserer Zeit!

     

    Hab nie jemanden Auskunft über mein Privatleben gegeben, ich mag es einfach nicht. Hat auch nie einer verlangt. Vielleicht muss man einfach lernen, stark zu sein?

    • @Miaw:

      Haben Sie jemals unter wirklichem Mobbing gelitten? Wenn man jahrelang ausgegrenzt, ignoriert, verhöhnt und beleidigt wird und hilflos miterleben muss, wie Lügen über einen verbreitet werden, dann wünscht man sich nichts sehnlicher als wenigstens zu "lernen, stark zu sein". Diese Stärke aber haben viele Erwachsene nicht und erst recht nicht ein Dreizehnjähriger, der gerade vergeblich versucht, sich selbst zu finden. Manche schaffen es, sich ein dickeres Fell zuzulegen, bei nicht wenigen sind Depressionen und Selbstmordversuche schneller. Dies als Schwäche zu sehen, die die Kinder nur lernen müssen zu überwinden (was implizieren würde, dass sie selbst schuld sind, wenn sie es nicht tun), wäre eine arge Verzerrung der Tatsachen.

      Sicherlich gibt es viele Gründe zum Hänseln und Homosexualität ist nur einer davon, aber dennoch werden diejenigen seltener Opfer extremen Mobbings, die "normal" und so wie die anderen sind, die als cool gelten, als gutaussehend (leider im Schulalter schon oft genug ein Kriterium, nach dem oft sehr unfair geurteilt wird), die modische Klamotten tragen, die richtige Musik hören, das richtige Handy haben. Mit allen Abweichungen von der Norm macht man sich angreifbar. Selbst wenn man nicht offen sagt, ob man homosexuell ist, muss man sich der Frage stellen, warum man eigentlich keine Jungs/Mädchen interessant findet, dann werden Gerüchte gestreut und dadurch, dass in den Gerüchten Wahrheit steckt, werden sie umso verletzender. Die sexuelle Identität macht - vor allem in der Pubertät - einen zentralen Teil der Persönlichkeit aus, und diesen Teil verstecken zu müssen kann eine Qual sein.

  • E
    Elvenpath

    Besonders irritierend finde ich die Meinungen, dass solche Lehrer ihre Neigungen doch für sich behalten sollen und nur ihren "Job" machen sollen und ihre Sexualität zu Hause lassen sollen.

    Das ist absoluter Unsinn. Denn das würde ja nicht reichen. Lebt ein Lehrer in dieser Gegend zu Hause mit einem Mann zusammen, spricht sich das sofort herum. Und WER macht dann das riesen Theater? Genau, die christliche-konservativen Eltern.

    Der Lehrer müsste also nicht nur in der Schule seinen Mund halten, sondern auch privat alles tun, damit niemand Verdacht schöpft.

     

    Bemerkenswert ist die Dreistigkeit, mit der die Forderung vorgetragen wird, dass Homosexuelle sich nicht öffentlich zu ihrer Veranlagung bekennen sollen, weil es doch "Privatsache" ist.

    Wenn dem so wäre, wäre es ja ok. Erfahren aber die Eltern trotzdem, dass er homosexuell ist, dann hat sich das mit der "Privatsache" ganz schnell erledigt. Plötzlich werden Bedenken gegen den Lehrer angemeldet, getuschelt und gemobbt.

     

    Die Ideologie, welche Homosexualität als Todsünde darstellt, verlangt, dass um Homosexualität nicht so ein großes Aufhebens gemacht wird. Ein Widerspruch.

     

    Aber mal ehrlich, es geht diesen Leuten nur um eines. Möglichst alles, was mit Homosexualität hat, zu verbannen, zu verstecken, zu unterdrücken zu tabuisieren.

    Alles anderen Gründe sind nur vorgeschoben.

  • W
    Westfale

    #Achim Kater

    Bin ebenfalls in einem westfälischen Dorf aufgewachsen. Allerdings vor gu 60 Jahren. Heute unvorstellbar aber ich wuste nicht dass es Schwule gibt, dachte ich sei der einzige "anormale" Mensch. Weder zuhause, noch in der Schule oder in der Kirche gab es auch nur ein Wort zu diesem Thema. Ich bin überzeugt dass meine Eltern Homosexualität nicht kannten. Später tauchte Homosexualität nur in negativen Beispielen auf, z.B. wenn ein Krimineller schwul war.Positive Beispiele gab es nicht.

    Dieses durch die Umstände entstandene Minderwertigkeitsgefühl verfolgt mich noch heute..

  • H
    Heiko

    Es ist traurig diesen Artikel lesen zu müssen.

  • ich bin fast 50,hatte mein coming out mit 30...ich bin in 'nem kleinen Dorf in Westfalen groß geworden ….schwul war in der Schule schlicht ein Schimpfwort, Homosexualität eine abnorme Variante im Biounterricht, Schwule Männer hießen Detlef, trugen Kleider und waren unmännlich...diese erlernten Bilder haben mich mehr als mein halbes Leben begleitet ....das war ich alles nicht...für mich hätte einiges anders laufen können wenn ich im Englischunterricht mal was über ein Männerpaar hätte lesen können, im Matheunterricht 'ne Textaufgabe über ein Frauenpaar bekommen hätte...

  • AJ
    Andreas J

    Kein Wunder, das man sich als halbwegs intelligenter Mensch in dieser Gesellschaft, nicht frei fühlt.

    Was spicht gegen schwule Lehrer? Nichts! Und über sowas muß der Mann sich den Kopf zerbrechen. Wo leben wir denn?

    Es gibt einfach immer noch, zuviele geistige Evolutionsbremsen auf der Welt.

    Ich bin nicht schwul.

  • K
    Klaus

    na super, schon wieder eine diskussion darüber, dass das "privatleben" angeblich "niemanden etwas angehe".

     

    es geht doch hier nicht darum, dass schwule lehrer ihre sexuellen erlebnisse in der klasse ausbreiten, sondern darum, dass auch kein heterosexueller auf die idee käme, seine beziehung oder ehe oder den gemeinsamen kinobesuch mit dem partner selbst auf anfrage der schüler_innen VERHEIMLICHEN zu müssen.

     

    niemand MUSS über sein privates leben sprechen. aber es sollte auch niemandes privatleben einer geheimhaltungspflicht unterliegen. nicht im gespräch mit den kollegen und auch nicht im klassenraum.

     

    schwulen und lesben soll offenbar immer noch nicht erlaubt sein, was heterosexuelle jeden tag mit der größten selbstverständlichkeit tun?

  • T
    Tramp

    Wir hatten in der Oberstufe einen Lehrer (hetero), der uns an den Intimitäten seines Ehelebens teilhaben lies. Der Mann war nur peinlich.

  • NS
    Na sowas

    Ein Lehrer, der die privatesten Angelegenheiten vor der Klasse ausbreitet, biedert sich an. Das hätte mich als Schüler angeekelt, egal ob homo oder hetero.

    Eine professionelle Distanz sollte gewahrt bleiben.

    • NS
      ne sowas
      @Na sowas:

      Das klingt ja so, als ob die Bekennung zu einem festen Partner / einer festen Partnerin zu den privatesten Angelegenheiten gehört...Wir hatten einen großartigen Lehrer, der eine schnelle Korrektur der Klassenarbeiten damit begründete, dass ihm seine Frau ordentlich Feuer machen würde, damit sie gemeinsam den Tatort gucken könnten...War lustig und locker. Ist das zu intim? Trotzdem die Info, dass er mit seiner Frau zusammenlebte. Sowas macht nur menschlich und sympathisch. Man darf dies also durchaus differenziert betrachten.

  • G
    Gast

    Ich weiß bis heute nicht, welche sexuelle Orientierung meine Lehrer hatten. Da hat kaum mal einer von seinem Partner/seiner Partnerin oder seinen Kindern erzählt. Das war auch völlig irrelevant, die sollten ihren Unterricht machen und fertig. Von den meisten wusste man nicht enimal, wo sie wohnten, schon damit man ihnen am 1. Mai keine Streiche spielen konnte.

    • I
      Irrlicht
      @Gast:

      Ach. Nen Ehering hatte wohl auch keiner...

      • G
        Gast
        @Irrlicht:

        Ich verrate dir ein Geheimnis, man kann auch als Homosexueller nen Ring tragen, kommt dann halt nicht von der Ehe in einer Kirche. Aber Eheleute die nicht kirchlich Heiraten haben eigentlich auch keinen Ring.

         

        Aber niemand weiterverraten, dass muss unter uns bleiben.

        • J
          Ju
          @Gast:

          Ich hab einen. Und mein Name hat sich geändert.

          Das fällt allen auf und viele fragen.

  • ZC
    zonterni completely

    @Kaimo: Es ist alles andere als eine Seltenheit, dass LehrerInnen auch mal ihr Privatleben im Unterricht erwähnen. Es geht dabei primär nicht um ein "Zurschaustellen" der SEXuellen Orientierung (lesen Sie hierzu doch noch einmal den Text ;)), sondern vielmehr um eine Investition in eine gute Beziehung mit den SchülerInnen. Die Problematik liegt schlicht und ergreifend darin, dass ein schwuler Lehrer es sich gut überlegen muss, ob er auf die Frage der 7. Klässlerinnen antworten kann "Ne, ich hab nen Freund!", oder eben nicht. Dadurch ist er unfreier als seine heterosexuellen KollegInnen und macht seinen Job smit auch anders...

  • A
    auchnurich

    Das scheint in der Tat ein Problem zu sein. Allerdings ist ja der generell konservativ ausgerichtete schwule Mann, den man nicht gleich auf Anhieb als solchen erkennt zwar evtl. in einer Zwangslage, weil er sich nicht getraut zu outen. Andererseits sieht man ihm es nicht an, was ja auch wieder ein Vorteil ist. Denn so kann er doch zumindest als Lehrer arbeiten. Ganz im Gegensatz wohl zu einer sehr offen sich lebenden Tunte (auch nur ein Homosexueller), bei der nun erst gar keine Deuterei darum entsteht. Was für Chancen hat nun so jemand einen für sie/ihn passenden Beruf zu wählen. Oft genug ist die Diskriminierung riesengroß. Tunte zu sein und zu leben heißt meiner Meinung nach noch immer, dass man eher in der Szene lebt, als in einer bürgerlich geprägten Umwelt. Das Unverständnis des Hetero-Mainstreams gegenüber einer gewissen Andersartigkeit hat sich doch kaum verändert.

  • K
    Kaimo

    Die Frage ist doch, warum er das überhaupt in der Klasse loswerden muss. Warum muss man mit seinen Schülern über die private sexuelle Orientierung sprechen wollen?

     

    Soll er doch einfach seinen Job machen, und zuhause dann das, wozu er geneigt ist.

    • E
      Elvenpath
      @Kaimo:

      Schule ist auch dazu da, dass Kinder und Jugendliche andere Sichtweisen kennen lernen, wie die der Eltern.

      Und wie man sieht, ist das auch dringend notwendig.

       

      Es geht auch nicht darum, ob der Lehrer den Schülern nun unbedingt erzählen muss, dass er homosexuell ist.

      Es geht um die Reaktionen, WENN er es tun würde. Um die Vorurteile, um die Angst, was passiert, wenn andere Menschen das erfahren.

       

      Stellen sie sich vor, Sie würden eine Frau lieben und diese Liebe wäre verboten. Irgendwann werden Sie sich wünschen, es laut in die Welt hinaus zu schreien zu dürfen. Wegen des Drucks, wegen der Heimlichtuerei. Das ist ein Leidensdruck, der sich aufbaut.

      Und Schuld ist diese extrem homophobe Gesellschaft.

    • @Kaimo:

      Offenbar hatten Schüler/innen aus seiner Klasse ja auch ein Bedürfnis, darüber zu sprechen (steht jedenfalls so im Artikel).

       

      Heterosexuelle Lehrer erzählen ja auch mal nebenbei, was sie am Wochenende mit ihrer Frau gemacht haben usw.

      Ein bisschen Smalltalk baut eine gute Beziehung zwischen Lehrern und Schülern auf. Und das sollte doch auch für homosexuelle Lehrer möglich sein - ich vermute, deshalb wünscht er sich, dass er es einfach ohne weitere Nachteile sagen könnte. Es geht einfach um die Möglichkeit, genauso Alltag erleben zu können wie alle anderen auch.

      • AJ
        Andreas J
        @Soungoula:

        Schön gesagt. Super Kommentar!

  • Danke für den interessanten lebhaften Artikel!

    Ihn stört das Wort "Sex" in "Homosexuelle".

    mh. Ja, und es gibt ein Dilemma, wenn ich sage: ich sehe gerne den Film "Der Fremde am See". Es geht aber in der Schule um Anerkennung und Respekt.

    Mit farbigen SchülerInnen, aus Flüchtlingsfamilien gelingt das meistens so prima.

     

    Politisch:

    das Thema wird vor allem in Süddeutschland zur ersten Macht- und Kraftprobe für die AfD: dort tummeln sich die Leute um Beatrix von Storch, mit ihrem Familismus:

    Physiker, Vollbart, 5 Kinder, Bibelkreis.

    Freie Wähler, keinen Sex vor der Ehe.

     

    Zur Überschrift: Sie hieße noch treffender: "Angst vor den evangelikalen Eltern."

    Das Datum wird mit 1.01.1970 angegeben. Seltsam.

    • T
      transexperte
      @nzuli sana:

      das datum 01.01.1970 gilt bei transgendergegner als Erkennungsmerkmal:

      01 -> binär (männlich/weiblich)

      01 -> binär (männlich/weiblich)

      19 -> 1+9=10 -> 1 und 0 binär ->

      01,01,01,70: Que(e)rsumme=10 -> 1 und 0

       

      du siehst es kommt alles zu 0 und 1 dazwischen gibt es nichts.

    • R
      Ralph
      @nzuli sana:

      Der 01.01.1970 ist der Unix-Timestamp 0. D.h. es wurde für den Beitrag (aus welchem Grund auch immer) kein Datum gespeichert ;)

       

      Passt aber gut zum Thema...

    • L
      LehrerX
      @nzuli sana:

      Unixzeit Null...

       

      Passt aber ganz gut zum Artikel, der von einer Gegend berichtet, in der die Zeit ja auch irgendwie stehengeblieben zu sein scheint. Ich bin richtig stolz, an einer Schule zu arbeiten, an der eine gute Handvoll Lehrkräfte offen homosexuell ist und die Schüler (gut, die meisten) und Eltern damit keinerlei Probleme haben.

  • J
    Jan

    Es ist erschreckend, so etwas im Jahre 2014 lesen zu müssen. Ich dachte wir sind, auch in unseren konservatistisch, autoritär veranlagten Bundesländern auf diesem Standpunkt weiter. Schade, Deutschland, der Schein trügt.

     

    Aber einen Tipp, sofern man es Tipp nennen kann, ich überhaupt fähig bin ihn auf diesem Wege zu geben & davon ausgeschlossen das er ihn erreicht: Gerade als Musiklehrer gibt es unfassbar viele Wege gerade die ach so "coolen" pupertären Jugendlichen zu erreichen. Auch über ihre ach so "coolen" Ideale, spontan fällt mir in diesem Bezug Macklemore ein, der sich als amerik. "newschool" rapper gerade für Werte wie eqaulity & liberty einsetzt, und obwohl er nicht schwul ist, ein Lied geschrieben hat, in dem er sich für Homosexualität positioniert. http://www.youtube.com/watch?v=hlVBg7_08n0 seien sie erfinderisch, und lassen sie sich nicht unterkriegen!