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Fußballmillionäre in der CoronakriseDer schmale Grat der Wohltäter

Die Zeiten scheinen für vermögende Profis günstig, um sich sozial und moralisch zu profilieren. Doch dieser Eindruck trügt.

Liegt das Geld auf dem Rasen? Fußballprofis wollen derzeit gern zeigen, wie gut sie sind Foto: imago/Wedel

I magepflege kostet. Das Teure daran sind nicht zuletzt die PR-Strategen, die bezahlt werden müssen, damit die Welt von guten wie edlen Taten erfährt. Insofern profitieren Sportler mit entsprechenden Rücklagen gerade ganz gut von der Corona-Zeit. Fast jeder Scheck für Coronakrisenopfer oder -helfer findet wie von selbst seine mediale Verbreitung. Die Nachrichtenticker müssen in der ereignislosen Phase schließlich weiter mit Sport- vorzugsweise Fußballmeldungen gefüttert werden.

An diesem Wochenende wurde etwa getickert, der beim FC Liverpool angestellte ägyptische Nationalspieler Mohamed Salah habe eine „gigantische Spende“ seinem Heimatdorf zukommen lassen. Tonnenweise Lebensmittel. Es soll sich dabei nicht nur um Mehl und Zucker gehandelt haben.

Die Spendenaktivitäten jedes einzelnen Spielers des FC Bayern lassen sich so schnell und einfach nachrecherchieren wie ansonsten deren Zweikampfwerte. Es muss gar nicht viel sein. Berichtenswert sind schon die 50.000 Euro, die der ehemalige FC-Bayern-Profi Franck Ribery zwei Krankenhäusern in Florenz zukommen ließ. So viel muss man beim FC Bayern allein Strafe zahlen, wenn man mit dem falschen Auto zum Training kommt.

Misanthrop wäre es gewiss, hinter jeder einzelnen Spende eitle, selbstsüchtige Motive zu vermuten. Nur haben diese privaten Wohltaten der Fußballmillionäre, so sie auf dem Markt der öffentlichen Aufmerksamkeit gehandelt werden, ihre Tücken.

Franck Ribery hat 50.000 Euro gespendet. So viel muss man beim FC Bayern Strafe zahlen, wenn man mit dem falschen Auto zum Training kommt

Berichte der Selbstlosigkeit aus der mondänen Welt leiden schon immer an Vermittlungsproblemen. Wenn Triathlet Jan Frodeno in seiner Wahlheimat im eigenen Pool mit Gegenstromanlage und beeindruckendem Panorama im Hintergrund für seine Spendenaktion krault, bildet das nicht nur Verbindendes ab.

Unsolidarischer Raffzahn

Die Millionäre bewegen sich auf einem schmalen Grat. Manuel Neuer wurde vor Kurzem noch als einer der Initiatoren der Corona-Spende der deutschen Nationalmannschaft gepriesen. Vermutliche Indiskretionen des FC Bayern über die Vertragsverhandlungen lassen den Torhüter plötzlich als unsolidarischen Raffzahn dastehen, der die Zeichen der Realität nicht erkannt hat. Dass das Manöver des FC Bayern billig ist, weil der Klub bei Vertragsverhandlungen welcher Art auch immer künftig ebenso auf seinen maximalen Vorteil schielt, geht dabei sowieso unter.

Als ob der Profifußballs allein durch den Gehaltsverzicht von Spielern gerettet werden kann, damit Vereine wie der FC Bayern mit ihren vielen Gönnern aus Gesellschaft, Wirtschaft und Katar bald wieder so weiterwerkeln wie bisher.

Für Fußballprofis gibt es derzeit nicht viel zu gewinnen. Zumindest nicht aus persönlicher Perspektive. Verständlich ist, dass der deutsche Nationalspieler Toni Kroos nicht für Real Madrid auf Geld verzichten möchte, sondern lieber nach bedürftigeren Empfängern Ausschau halten will. Weil das aber individuell kaum überzeugend zu lösen ist, musste sich Kroos für seine Eigensinnigkeit viel Kritik anhören. Fußballmillionäre sollten sich nicht zu wichtig nehmen mit ihren privaten Zuwendungen. Gemeinsam organisiertes und diskretes Handeln wäre ratsamer.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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3 Kommentare

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  • Es ist leider immer das gleiche:

    Spieler sehen sich selbst nach einer gewissen Zeit als das was sie wirklich sind – Werbeflächen.

    Jeder will Spenden und "was gutes" tun, aber eigentlich geht es doch nur darum, dass das eigene Gesicht mit positiven Gedanken verbunden wird. Sowas ist nämlich deutlich mehr wert als die paar Tausend Euro, die sie teilweise spenden. Sogar wenn mal 5 Millionen fehlen, so sind sponsoren wie Adidas, Axe und Co. gerne dazu bereit, die paar Euronen zu investieren, wenn das heißt, dass sie einen beliebten Spieler als neues Gesicht für ein Produkt benutzen können.

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Das passt in die Schiene, wenn Jürgen Klopp verkündet er ist jetzt sicher im Umgang mit der SPM, kann jetzt Rührei zubereiten und den Krawattenknoten beherrscht er innerhalb einer Woche.



    Das wärmt das Herz!



    Jan Frodeno, Fußballer usw. organisieren schon gemeinsam - mit ihren PR-Strategen.

  • Das Mo Salah, vor allem für seine Heimat Nagrig, einiges getan hat, war aber auch vor Corona so.

    Eine neue Schule, neue Kläranlage, Renovierung des Jugendzentrums, eine neue Ambulanz und eine wohltätige Essensverteilung, alles von Mo gespendet.

    www.aargauerzeitun...imatdorf-133163933

    Das er damals den Spielern von Maccabi Tel Aviv nicht die Hand gegeben hat, das fand ich Schade, aber der Druck aus Ägypten war schon groß damals.

    Salah ist für mich eine ganz andere Kategorie als die meisten deutschen Spieler.