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Festnahmen in VenezuelaÜberall Verschwörungen

Venezuelas Regierung behauptet, rechte Paramilitärs hätten ein Attentat auf Präsident Maduro geplant. Neun Kolumbianer wurden festgenommen.

Im Visier von rechten Attentätern? Venezuelas Präsident Nicolás Maduro. Bild: Reuters

BUENOS AIRES taz | Gleichzeitig mit dem Beginn einer neuen Verhandlungsrunde zwischen der kolumbianischen Regierung und den FARC.-Rebellen in Kuba diese Woche sind die Beziehungen zwischen Venezuela und Kolumbien wieder kräftig angespannt. Venezuela unterstützt den Friedensprozess Kolumbiens, doch die venezolanische Regierung wittert ein Komplott der venezolanischen Opposition unter Mithilfe der kolumbianischen Rechten.

Anfang der Woche gab die Regierung in Caracas die Festnahme von Mitgliedern zweier aus Kolumbien stammender paramilitärischer Gruppen auf venezolanischem Gebiet bekannt. Sechs Kolumbianer wurden im Bundesstaat Táchira festgenommen, der im Westen an den Nachbarstaat grenzt, drei im Bundesstaat Portuguesa.

Laut Venezuelas Innenminister Miguel Rodríguez sollen die festgenommenen Kolumbianer Verbindungen zu zwei berüchtigten paramilitärischen Gruppen in Kolumbien haben. Zahlreiche Waffen und Munition, sowie gefälschte Uniformen der venezolanischen Armee seien sichergestellt worden. Einer dritten Gruppe soll es gelungen sein, in der Hauptstadt Caracas unterzutauchen. Man sei ihnen auf der Spur, hieß es.

Kurz vor den Festnahmen hatte der Journalist und frühere Vizepräsident José Vicente Rangel berichtet, „Venezolaner der Opposition“ hätten Ende Mai in den USA 18 Kampfflugzeuge gekauft. Diese sollen spätestens im November geliefert und auf einer Basis der US-Luftwaffe in Kolumbien stationiert werden, erklärte Rangel in seiner sonntäglichen Fernsehsendung – ohne allerdings dafür stichhaltige Beweise vorzulegen. Oppositionsführer Henrique Capriles bezeichnete die Information auf Twitter als „guten Witz“.

"Zweifellos Teil eines Plans"

Für den Innenminister ist „das alles zweifellos Teil eines Plans“ der aus Kolumbien gesteuert wird und als Ziel ein Attentat gegen Präsident Nicolás Maduro hat. Außenminister Elías Jaua legte noch eine Schippe drauf. „In Bogotá hat sich eine konspirative Plattform installiert, von der aus der Krieg mit Gerüchten, Intrigen und ein psychologischer Krieg gegen das venezolanische Volk entwickelt wird,“ so Jaua.

Präsident Nicolás Maduro meldete sich am Dienstag zu Wort. Die verhafteten Paramilitärs seien in der kolumbianischen Killerbranche bekannt wie bunte Hunde, sagte der Präsident. „Sie hatten Landkarten, hatten Verbindungen in Caracas und einige stehen noch kurz vor der Verhaftung,“ verkündete er. Finanziert werde das alles von früheren Funktionären und leitenden Angestellten der staatlichen Ölfirma Petróleos de Venezuela (Pdvsa), die sich nach dem Streik von 2002 in Kolumbien und den USA niedergelassen haben, so Maduro.

Maduro erinnerte damit an die schweren Auseinandersetzungen zwischen der damaligen Regierung von Hugo Chávez und dem wichtigsten Ölkonzern, die im Dezember 2002 als Streik der Ölarbeiter begannen und im Februar 2003 damit endeten, dass die Chávez-Regierung Pdvsa endgültig unter Kontrolle brachte.

Zu der Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen zwischen Bogotá und Caracas hatte Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos einiges an Vorarbeitet geleistet, als er Ende Mai in Bogotá den venezolanischen Oppositionsführer Henrique Capriles empfing. Der im April bei der Präsidentschaftswahl knapp unterlegene Capriles erkennt den Wahlsieg von Nicolás Maduro weiterhin nicht an.

An diesem Dienstag gab der Oberste Wahlrat das Ergebnis der Nachauszählung der Stimmen bekannt und bestätigte Maduros knappen Wahlsieg – ohne allerdings die Wählerverzeichnisse der einzelnen Wahllokale öffentlich nachgeprüft zu haben, wie es die Opposition gefordert hatte.

Der Besuch in Kolumbien könnte noch als ein diplomatischer Affront verbuchte werden. Doch Santos‘ Ankündigung von Anfang Juni, noch in diesem Jahr ein Kooperationsabkommen mit der NATO abschließen zu wollen, das letztlich den Weg zu einer kolumbianischen Vollmitgliedschaft ebnen soll, hat nicht nur den unmittelbaren Nachbarn, sondern die gesamte südamerikanische Region aufgeschreckt.

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5 Kommentare

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  • A
    Anna

    Die imperialistischen Staaten haben schon immer gemordet und gefoltert damit ihre Lakeien, die Ihnen Rohstoffe und Billigarbeitskräfte in den armen Ländern sichern, an der Macht bleiben. Da muss man nur in die Geschichte der letzten Hundert Jahre schauen. Früher natürlich noch schlimmer: Immer noch wird verbreitet, die Ureinwohner wären überwiegend an Krankkeiten gestorben (klar stirbt man auch an Krankheiten, wenn man geschwächt durch Hunger, Folter und übelster Zwangsarbeit ist). Vielmehr ist es verwunderlich, dass es noch so viele gibt, trotz der üblen Behandlung über Jahrhunderte hinweg. Es gibt genug Geschichtsschreibung, die von Massakern durch die Eroberer spricht. Massaker auch noch im letzten Jahrhundert, die kaum geahndet werden.

    Hey, die Leute reisen heutzutage, und glauben nicht mehr alles, wenn was in den Medien so total davon abweicht.Geschriebenen Worten glaub ich nicht mehr, wichtig ist den Menschen dabei anzusehen, der etwas erzählt. Man merkt sehr schnell, wer ehrlich ist.

  • E
    Ernesto

    Alles Quatsch. Das Imperium im Norden hat es überhaupt nicht mehr nötig, sich mit Mordanschlägen die Hände zu beschmutzen. Heutzutage werden die ungeliebten Präsidenten auf dem südlichen Kontinent mir Krebsviren infiziert (Castro, Chavez, Lula, Kirchner ...)

  • R
    Realist

    Wichtigtuerei. Ein echter Sozialist des 21. Jh. muss mit einem Mordkomplott gegen ihn angeben. Chavez hat das auch immer wieder behauptet und nie bewiesen.

    Außerdem nicht ganz neue Methode der Opposiotionsverfolgung. Hierzulande musste vor 80 Jahren ein angeblicher Reichstagszündler herhalten, um die politischen Gegner zu verfolgen, dort sind es eben angebliche Auftragskiller.

    Wenn Venezuela tatsächlich interessant wäre für die USA, wäre schon der mikrige Aufstand 2002 professioneller verlaufen und die Regierung ausgetauscht worden - wie schon oft vorher auf dem Kontinent passiert.

    Den USA ist es aber völlig wurscht, wer dort regiert, weil egal ob links oder rechts jede Regierung Venezuelas nur durch Ölexport in die USA überlebensfähig ist.

  • UH
    Udo Henn

    Anstatt mit wilden Verschwoerungfantasien von seinen maessigen Fuehrungsqualitaeten abzulenken, sollte Maduro sich lieber um die schlechte Versorgungslage und die galoppierende Inflation in seinem Land kuemmern.

  • UM
    Ulli Müller

    Habe mich eh schon gewundert, wie lang die AMIS brauchen irgendwelche Todesschwadronen gegen die Regierung in Venezuela ins Feld ziehen zu lassen.