EuGH zu E-Books: Ein E-Book ist kein Buch
Eine verringerte Mehrwertsteuer kommt nicht in Frage, ein Buch sei schließlich aus Papier. Mit diesem Argument kann auch die Preisbindung fallen.
BERLIN taz | Seit 2012 liegt der Mehrwertsteuersatz für elektronische Bücher in Frankreich bei 5,5 % und in Luxemburg bei 3 %. Der Europäische Gerichtshof hat nun entschieden, dass dieser geringe Steuersatz nicht zulässig sei: „Frankreich und Luxemburg dürfen auf die Lieferung elektronischer Bücher, anders als bei Büchern aus Papier, keinen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden“.
Das Gericht hält diese steuerliche Bevorzugung des E-Books für falsch, denn diese ergäbe sich nicht aus der europäischen Mehrwertsteuerrichtlinie. Die wiederum schreibt vor, dass es einen günstigeren Mehrwertsteuersatz – wie er auch für viele Lebensmittel erhoben wird – für die „Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern“ geben kann.
Das E-Book wird jedoch beim Kauf nicht auf einem physischen Träger geliefert. Es ist lediglich mithilfe eines Gegenstandes, also eines Computers, Tablets oder Lesegerätes wie dem Tolino oder dem Kindl zu lesen. Weder das Lesegerät noch die Datei – die ein E-Book ja letztendlich ist – ist gemäß diesem Urteil ein Buch auf einem physischen Träger. Frankreich und Luxemburg müssen nun also von nun an den vollen Mehrwertsteuersatz für E-Books erheben.
Auch in Deutschland wird diese Nachricht aufmerksam gelesen werden. Denn seit Jahr und Tag bemühen sich Verlage und Buchhändler darum, auch hierzulande einen günstigeren Mehrwertsteuersatz für E-Books durchzusetzen. Alexander Skipis vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels erklärte denn auch zum Urteil: „Es ist unerklärlich, warum E-Book-Leser schlechter gestellt werden, als Leser des gedruckten Buches. Bücher sind ein Kulturgut, unabhängig davon, ob sie in gedruckter oder elektronischer Form vorliegen.“
Monika Grütters, die Staatsministerin für Kultur und Medien, meinte auch schon im vergangenen Jahr: „Der reduzierte Mehrwertsteuersatz, der für gedruckte Bücher gilt, muss aus kulturpolitischer Sicht künftig auch auf elektronische Bücher angewandt werden.“ Das wird sie nun nicht mehr ohne weiteres fordern können.
Ein Buch ist kein Buch
Dieses Urteil wird aber vielleicht noch weitreichendere Konsequenzen haben, denn der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil indirekt auch die Frage aufgeworfen, inwieweit das E-Book überhaupt ein Buch ist. Wenn es aber kein Buch ist, dann wäre die Preisbindung, die in Deutschland auch für E-Books gilt, grundsätzlich infrage zu stellen.
Bislang gilt das E-Book als Buch und ist insofern preisgebunden – wie die gedruckten Bücher, die ja in jedem Laden in der Bundesrepublik denselben Preis haben. Die Preisbindung trägt, so der Börsenverein des deutschen Buchhandels, „zum Erhalt einer intakten Buchhandelslandschaft“ bei und ist gesetzlich festgeschrieben.
Der Europäische Gerichtshof hat nun mit seiner Entscheidung auf Umwegen wohl ein Tor aufgemacht, für jene, die schon seit Jahren die Buchpreisbindung abschaffen wollen. Weitere Klagen werden folgen.
Einige große Handelsketten werden das begrüßen – sie möchten mit ihrer Marktmacht gerade Bestseller weitaus billiger anbieten als kleine inhabergeführte Buchhandlungen und diese so letztendlich vom Markt fegen. Weniger umsatzstarke Bücher, die große Mehrheit der angebotenen Titel, jedoch würden, so hat die Erfahrung in anderen Ländern gezeigt, bei einem Wegfall der Buchpreisbindung deutlich teurer werden.
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