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Demo gegen sexuelle Vielfalt als SchulstoffGottloses rot-grünes Projekt

Gegen Homosexualität im Lehrplan protestierte in Hannover die „Demo für alle“ – Gegner mit "Stopp Homophobia"-Schildern schlossen sich an.

Gegen die Liberalisierung der Lehrpläne: Diese Vielfalt hatte die „Demo für alle“ nicht gewollt Bild: dpa

HANNOVER taz | Kleine Regenbogenfähnchen schwenkten die Gegendemonstranten, als am Samstag die Kundgebung am Steintor in Hannover begann. Ein Empfang, den die Organisatorin der „Demo für alle“, Hedwig Freifrau von Beverfoerde, nicht besonders erfreute.

„Ich liebe den Regenbogen“, sah sich die Vorsitzende der „Initiative Familienschutz“ angesichts des lauter werdenden Protests genötigt zu sagen. „Aber nicht die Ideologie dahinter.“

Großer Applaus kam von ihren Anhängern auf, als sie sich gegen den Antrag der rot-grünen Regierung, „Schule muss der sexuellen Vielfalt und geschlechtlicher Identitäten gerecht werden“, wandte. Ein Applaus, der wegen des lauten Protests aber kaum in der niedersächsischen Landeshauptstadt zu hören war.

Das Aktionsbündnis „Ehe und Familie vor! Stoppt Gender-Ideologie und Sexualisierung unserer Kinder“ sieht im Antrag der Regierung, Homosexualität ebenso wie Bi-, Trans- und Intersexualität in die Lehrpläne einfließen zu lassen, einen Angriff auf eine gott- und naturgegebene Ordnung. Diese Ordnung wurde auch vor Ort gelebt: blaue Luftballons verteilten die „Demo für alle“-Leute an Jungs, rosa Luftballons an Mädchen.

Wer um eine Farbe nicht passend zum vermeintlichen Geschlecht fragte, wurde scheel angeschaut. Rund 1.000 Menschen aus über 20 Vereinigungen waren dem Aufruf des Aktionsbündnisses gefolgt, das der Verein „Initiative Familienschutz“ leitet.

Doch der Aufmarsch zeigte sich wider Willen äußerst vielfältig: Neben Schildern wie „Vater, Mutter, Kind – Familie voran!“ und „Keine rot-grüne Frühsexualisierung von unseren Kindern“ wurden welche mit der Aufschrift „Stoppt Homophobia“ und „Hätt’ Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben“ hochgehalten. Das Motto „für alle“ hatten augenscheinlich einige, deren Lebensweise hier als widernatürlich zurückgewiesen wurde, ernst genommen.

Diese Gegendemonstranten kamen von der Kundgebung „Vielfalt statt Einfalt“, bei der über 300 Menschen dem Aufruf von Schwulen- und Lesbenverbänden sowie SPD, Grünen, FDP und Linker folgten, für den Antrag zu demonstrieren.

Hannovers Personaldezernent Harald Härke nannte die Kritiker dort „Dumpfbacken“. Die „erzkonservativen Rechtspopulisten“ werde das nicht stoppen, sagten Daniela Rump und Tjark Melchert vom Landesschülerrat. „Familien zu schützen, ist sicher wichtig“, sagte Rump, „Regenbogen-Familien gehören allerdings dazu!“ Ein Satz, der lauten Applaus bekam. Wenig später schlossen sich rund 150 Demonstranten gegen eine rechtsextreme Kundgebung an.

Die Kundgebung „Vielfalt statt Einfalt“ war nur wenige Schritte von der „Demo für alle“ entfernt. Diskret hatte sich die Polizei nach und nach zwischen Demoteilnehmer und Gegendemonstranten geschoben. Umgeben von laut Protestierenden wetterte Gerriet Kohls von den „Freien Wählern“ und „Eltern 21“, dass man nach „Kommunismus, Faschismus“ jetzt vom „Genderismus“ bedroht würde.

Karin Maria Fenbert von „Kirche in Not“ prognostizierte: „Im Irak werden Christen verfolgt – und wenn das hier so weitergeht, haben auch wir bald eine Christenverfolgung.“ Zwei Mütter, eine von elf und eine von sechs Kindern, beschwörten Kinder- und Eheglück – dank Gotteswille. Anette Schultner vom Landesvorstand der AfD beklagte, dass die rot-grüne Landesregierung die Kinder in der Schule mit Genderismus und Homosexualität indoktrinieren wolle.

Die AfD-Nähe stört die Organisatorin des Aufmarschs, Hedwig von Beverfoerde, nicht. Ihr Verein „Initiative Familienschutz“ ist der „Zivilen Koalition“ angegliedert, der die AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch vorsteht. Dass die CDU sich nicht an ihrer Aktion beteiligte, fände sie schade, sagte Beverfoerde, die noch Mitglied in der Partei ist, in der sie das C immer mehr schwinden sieht.

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19 Kommentare

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  • Die wie sie es nennen "sexualisierung" unserer Kiner findet doch nicht in den Schulen statt sondern wenn dann über die Medien, die "Stars und Sternchen", die Werbung und vorallem durch die Erwachsenen dieser Gesellschaft.

  • "Aber nicht die Ideologie dahinter."

    Seit wann ist denn eine sexuelle Orientierung eine Ideologie? Es ist doch vielmehr eine Ideologie zu behaupten es gäbe nur eine Wahrheit. Seit wann kann eine sexuelle Orientierung anerzogen werden? Grauenhaft dass es im 21.(!) Jahrhundert noch derlei Meinungen gibt. Es wäre doch sicherich dienlicher gegen die (Früh-)Sexalisierung der Kinder durch die Medien zu demonstrieren. Durch Formate wie Topmodel etc. werden hier vermutlich mehr Kiner- und Teenieseelen zerstört oder angeknackst als durch die Erwähnung, dass es auch etwas anderes als Heterossexualität gibt.

  • @taz: woher habt Ihr diese Teilnehmer*_Innen-Zahlen? Mir scheint, die Demo "Vielfalt gegen Einfalt" wäre mind. doppelt so groß wie die "Demo für Alle" gewesen... Zumindest am Steintor war dies deutlich zu erkennen...!

    Mit der Bitte um Berechtigung...

    • @JoLa:

      2. Teil @taz: und schön wäre es auch zu erwähnen, dass die Stadt Hannover sich hinter die Demo "Vielfalt statt Einfalt" gestellt und das gesamte Steintor mit Regenbogenflaggen versehen hatte. Auch die Redebeiträge dieser Demo zu beläuchten, wäre angebracht gewesen, sprich, eine ausgewogene Berichterstattung beider Demos...

  • @Karlheinz: Du musst bedenken, dass Teenager immer (!) sexuell verunsichert sind. Das liegt in der Natur der Sache. Klar ist, dass man Menschen nicht zu einer bestimmten Sexualität "erziehen" kann. Man kann ihnen aber, vor allem, wenn man früh anfängt, Angst, Scham, Ekel vor sich selbst usw. anerziehen. Leider ist das auch die Gefahr einiger gutgemeinter "Aufklärungsversuche": Queer ist keine Sache des Lifestyles, Körperbaus, Bildungsniveaus, der Intelligenz, der sozialen Herkunft oder der politischen Einstellung. Platt gesagt: Es gibt auch schwule Nazis (dumm, wer sie dafür angreift, dass sie schwul sind. Nazi ist doch Zielscheibe genug.), atemberaubend schöne Lesben, die (fast) jeden Mann haben könnten und statt Müsli lieber Mousse au Chocolat essen, Bisexuelle, die sich keinesfalls "hin- un hergerissen" fühlen oder sexuell unentschlossen sind, Transsexuelle, deren einziges Problem ihre Genitalien sind, die nicht zu ihrem Geschlecht passen und die - fernab von Showgeglitzer und Demi-Monde - einfach ein bürgerliches Leben führen wollen. Es geht darum, Kinder und Jugendliche dazu zu ermutigen, ihren Weg zu gehen und ihre eigene sexuelle Identität zu entfalten, es offen zu halten, dafür zu sorgen, dass sich ihre Persönlichkeit nicht durch Druck und Gegendruck, Vorurteile, Ausgrenzung, unverhohlener Antipathie und Unverständnis formt. Nichts, was niemandem anderen schadet und bei dem auch mans selbt sich gut fühlt, ist schlecht.

    • @DerMondistrund:

      Ich glaub du hast meinen Beitrag nicht verstanden. Bitte den Ganzen lesen. War übrigens eine kritische Antwort auf lorem ipsum. All das was sie mir grad zu erklären versuchen, solltest du diesen bescheuerten "Lebens und Familienschützern" erklären, ich weiß das schon.

  • „Hätt’ Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben“

     

    Bei allem Respekt, das ist an Widerlichkeit nicht zu überbieten.

    • @Franky77:

      Warum äußern Sie es dann?

      • @Age Krüger:

        Anführungszeichen - Zitat-Anführungszeichen-Aurufezeichen

        • @Franky77:

          Zitieren Sie gerne Sachen, die Ihres Erachtens an Widerlichkeit nicht zu überbieten sind?

    • @Franky77:

      sagt wer?

      • @Fotohochladen:

        Sage Ich!

  • " Der Autor geht davon aus Genderismus/Feminismus sei „links“ damit per se fortschrittlich und „gut“. Alles anderen rückschrittlich und damit „böse“. Wo bitte lesen Sie das in dem Artikel?

    "Es stehen sich Eltern und Kinderlose gegenüber."

    Das ist gelinde gesagt totaler Quatsch. Es würde mich jedenfalls wundern, wenn in der Rot-grünen Landesregierung nur homosexuelle Kinderlose sitzen würden. Und mal ganz persönlich dargestellt. Ich lebe hier auf dem Land mein kleines spießiges Leben mit Ehefrau und 4 Kindern in einem Vorort mit unterschiedlichsten Menschen aus div. Kulturen und Lebensarten. Auch ein lesbisches Paar mit einem Kind ist dabei und eng mit uns befreundet. Nachher kommt noch mein langjähriger bester (und schwuler) Freund vorbei um mir beim Renovieren zu helfen. Und wissen Sie was? Wir wollen alle nur unser kleines spießiges Leben miteinander führen. Selbstverständlich sollen dabei alle die gleichen Rechte haben. Niemand muss Angst haben, dass ihm was weggenommen wird. Und Als die "großen" mit 4 Jahren fragten, warum denn der Nachbarsjunge 2 Mammas hat, haben wir ihnen das mit ein paar einfachen Worten altersgerecht erklärt. Überhaupt kein Problem auch ohne "Frühsexualisierung"

    • @Karlheinz:

      2.Teil

      Es geht doch bei Gender und bei den Vorschlägen für den Bildungsplan nicht darum, dass jemanden was aufgezwungen wird, sondern um Gleichberechtigung und darum Leid zu verhindern, welches durch Ausgrenzung entsteht. Oder bei Teenagern die verunsihert sind ob ihrer Gefühle. Ich wünsche meinen Kindern nicht, das sie Angst haben, weil sie vielleicht nicht ganz so ticken wie die anderen. Ich möchte, dass sie in einer freidenkenden Gesellschaft leben können, ohne sich selbst ausgrenzt zu fühlen oder andere auszugrenzen. Und um die Kinder geht's doch angeblich immer. Und sie haben recht. es geht nicht um Konservative und aufgeklärte. Ich lebe hier mit den unterschiedlichst denkenden und lebenden Menschen zusammen. Für mich gibt's hier nur die "die Denken können" und die "Hohlköpfe die du voll vergessen kannst".

      Sollte alles eine Antwort auf Lorem ipsum sein

  • Leider bin ich täglich gezwungen das wieder zu reparieren, was Eltern versaut haben. Das sind Eltern, die zwar wissen, wie man Kinder produziert, aber nicht wie man sie erzieht. Nicht wahr Lorem_Ipsum?

     

    Wenn es eine Kindererziehung gäbe, die nicht von Kindesbeinen an die Kleinen auf eine Rolle in der bürgerlichen Gesellschaft fixieren würde und gleichzeitig fremdartiges ausgrenzt, dann wäre in der Tat dieser Bildungsplan überflüssig.

     

    Man muss aber auf die Kinder zugehen, weil wir in Deutschland die Verpflichtung haben sie zu verantwortungsbewussten Staatsbürgern heran zu ziehen. Diese Verpflichtung ist Elternsache, wird aber gern abgeschoben. Mittlerweile ereignen sich an der Schule Dramen, wenn ein Kind nur eine "Drei" geschrieben hat und sich deshalb nicht nach Hause traut. Die Eltern schalten Rechtsanwälte ein, denn es könnte diese "Drei" sein, die die Karriere zur späteren Vorstandsvorsitzenden eines Dax-Konzerns verhindert.

     

    Solange also Eltern ihre Kinder instrumentalisieren um ihre eigenen psychopathologischen Defizite zu kompensieren, solange werden wir zu weiteren Bildungsplänen gezwungen werden.

     

    Das ganze Schmierentheater um "Genderismus" ist doch nur vorgeschoben, weil dieses Muckertum sein Heil in einem Obrigkeitsstaat zu finden glaubt, welcher wohl auch einigen taz-Lesern zusagt.

  • Die Gender Mainstream Debatte läßt sich nicht in das althergebrachte Links/Rechts-Schema pressen. Der Autor geht davon aus Genderismus/Feminismus sei „links“ damit per se fortschrittlich und „gut“. Alles anderen rückschrittlich und damit „böse“. Da haben wir es wieder, daß alte Gut/Böse-Schema. Hier stehen aber sich nicht stockkonservative Christen und aufklärerische Atheisten gegenüber.

     

    Es stehen sich Eltern und Kinderlose gegenüber. Keine Kinder zu haben oder haben zu wollen ist nun nichts ungewöhnliches. Aber diese speziellen Kinderlosen/Genderisten sollten sich selbst fragen, warum sie auf die Kinder Anderer „zugehen“. Ist es Selbstbestätigung, Egoismus, Narzismus oder haben die einfach ein Problem mit ihrer eigenen Sexualität? Diese Fragen sind bislang konsequent ausgeblendet worden. Und darum braucht sich niemand zu wundern das plötzlich Christen neben Atheisten gegen den Genderismus stehen.

    • @lorem_ipsum:

      Erstens standen sich in beiden Demos sowohl Eltern als auch Kinderlose gegenüber und zweitens waren auf Seiten der Demo "Vielfalt gegen Einfalt" sowohl LGBTQI*-Personen als auch heterosexuelle Personen (sowohl mit als auch ohne Kinder), Gläubige sowie Nichtgläubige, Lehrer*_innen sowie besorge Eltern.

       

      Was mich ja irgendwie zum Lachen brachte war das riesige rosa Banner, was die Demo für Alle vor sich hertrug: "Gender-Ideologie und Sexualisierung stoppen". Und das mit rosa und hellblauen Luftballons und Schildern, die genau diese Gender-Ideologie (Zweigeschlechtlichkeit) und Sexualisierung propagierten... Die Diffamierung und üble Nachrede von Seiten der Demo für Alle -- LGBTQI*-Personen seien alles Perverse, die ihre Kinder schänden und sie in der Schule missbrauchen wollten, gehen eigentlich über meine Schmerzgrenze hinaus...

    • @lorem_ipsum:

      Das die sogenannten "Kinderlosen/Genderisten" wie sie es nennen keine Kinder haben ist pure Unwissenheit. Aber wahrscheinlich kennen sie keine einzige Regenbogenfamilien oder haben jemals mit Kindern gesprochen die bei schwul/lesbisch/trans* Eltern aufwachsen.

    • @lorem_ipsum:

      "Es stehen sich Eltern und Kinderlose gegenüber" - Das wage ich doch zu bezweifeln! Es gibt viele Eltern, die das Wohl ihrer Kinder mehr durch rechtspopulistische Erziehungsideologie bedroht sehen, als von gelebter Toleranz in niedersächsischen Lehrplänen.