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Krise der Windenergiebranche590 Stellen gestrichen

Der weltgrößte Windanlagenhersteller Vestas streicht 500 Jobs in Brandenburg. Auch in Dänemark fallen weitere 90 Jobs weg.

Es läuft nicht rund Foto: dpa

Berlin taz/dpa | Die Krise der Windenergie fordert erneut Jobs in Deutschland. Der weltweit größte Windkraftanlagenhersteller Vestas streicht in seinem Brandenburger Werk in Lauchhammer 500 Stellen – und damit dort fast jeden zweiten Arbeitsplatz. Deutschland bleibe dennoch mit mehr als 2.300 Mitarbeitern auch nach dem beabsichtigten Personalabbau ein Schlüsselmarkt für Vestas, teilte der Konzern am Freitag in Aarhus mit. Die Kürzungen seien eine Reaktion auf eine Veränderung der Nachfrage am Markt. Die Produktion der V136-Windanlagen werde heruntergefahren. In der Vestas-Fabrik im westdänischen Lem sollen 90 Stellen wegfallen.

Damit setzt sich die Reduktion bei den Arbeitsplätzen in Deutschland weiter fort. Laut dem Bundesverband Windenergie (BWE) hat die Windenergie-Branche in den beiden vergangenen Jahren 36.000 Jobs verloren – „das ist jetzt schon mehr als in der gesamten Braunkohleindustrie in Deutschland bis 2038 abgebaut werden“, sagte eine Sprecherin.

Dass die Bundesregierung nun ein Klimaschutzpaket mit der Einführung pauschaler Abstandsregelungen für Windkraftanlagen beschlossen hat, stößt in der Branche auf Unverständnis: Damit würden „bewusst weitere Hürden aufgebaut“, hieß es in einer Mitteilung des BWE. „Damit wird die Regional- und Landesplanung ins Chaos gestürzt, was die gesamte Branche gefährdet“.

Auch ein Windkraftgipfel vor drei Wochen in Berlin war ergebnislos verlaufen. Dabei hat die Windkraft in den vergangenen drei Jahren die CO2-Werte im deutschen Strommix maßgeblich reduziert. Diese Rolle als Treiber der Energiewende hat sie nun stark eingebüßt – zumindest, was die Windkraft an Land betrifft.

Auch Siemens Gamesa hat Entlassungen angekündigt

Erst am Donnerstag hatte der Vestas-Konkurrent Siemens Gamesa die Entlassung von 600 Beschäftigten in Dänemark angekündigt. In Lauchhammer produziert Vestas Rotorblätter für die Windanlagen V112, V117 und V136. Der geplante Personalabbau dort betreffe 170 Fremdangestellte sowie 330 Zeitarbeitnehmer, hieß es.

Ein weiteren Produktionsstandort gibt es in Travemünde bei Lübeck. In Deutschland hat Vestas nach eigenen Angaben bisher mehr als 8.000 Windenergieanlagen installiert.

Vestas erklärte, man wolle neue Produkte auf den Markt bringen, um so die Kosten für erneuerbare Energien zu verringern und die Energiewende voranzubringen. Der Konzern hatte Ende Juni weltweit mehr als 24.500 Angestellte.

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19 Kommentare

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  • An der Zertrümmerung der Welt wird gearbeitet.



    Die dt. Bundesregierung leistet wertvolle Unterstützung unter Zuhilfenahme der Demontierung von Wirtschaftszweigen, die die Umwelt retten könnten.







    🎉 🎉 🎉 🎉 🎉 🎉







    Sarkasmus aus.

  • Unterwegs in die Zukunft = Klimaziele 2030 gerissen + Solarjobs weg, Windjobs weg, Brennstoffzelle weg, Autojobs weg, Kohlejobs weg. Alles Teufelszeug. Das sollen lieber mal die Mr. Toyota, Hyundai, Kia & Co machen. Ja Moin...

  • Leider ist Windkraft auch nicht grün, denn SF6 ist 23.500-mal klimaschädlicher als CO2 — siehe BBC:

    "Sulphur hexafluoride, or SF6, is widely used in the electrical industry to prevent short circuits and accidents.

    "As we are putting in more and more turbines, we need more and more switchgear and, as a result, more SF6 is being introduced into big turbines off shore.

    But leaks of the little-known gas in the UK and the rest of the EU in 2017 were the equivalent of putting an extra 1.3 million cars on the road."



    www.bbc.com/news/s...vironment-49567197

  • Aha, geht's wieder los mit der Zukunfst-Job-Vernichtung?



    Wir zerstören weiter unsere letzte Erneuerbare-Energie-Industrie zugunsten von dreckiger Kohle, Gas und Öl?



    Bravo....echt toll, wie die das hinkriegen, Deutschland um seine Zukunft zu berauben, um Wählerstimmen zu halten.

    Wer die GroKo-Parteien wählt wählt die langfristige wirtschaftliche Vernichtung von unserem Lebensraum und unserer Wirtschaft. Und damit Deutschlands.

    • @Mitch Miller:

      Ohne diesen patriotischem Anstrich würde ich Ihrer Aussage zustimmen...

      • @Uranus:

        Sorry, der war ein Versehen, ich bin wahrlich kein Patriot. Ich schäme mich wesentlich öfter dafür ein Deutscher zu sein als umgekehrt - trotzdem hat das Land in Summe seine Vorzüge, ich hab's durch intensive Reisen erfahren.

        Aber ich lebe hier und muss hier zurechtkommen - angesichts der aktuellen Politik kann man aber nur laut aufschreien.

        • @Mitch Miller:

          Ah, ok.



          Ja, wer (die) wohl wieder mal gewählt hat? ;)

  • Lauchammer ist uebrigens mitten im Laisitzer Braunkohlerevier. Der "Windkraftausstieg" der Bundesregierung zerstoert also gerade dort Jobs, wo sie als Ausgleich fuer den kuenftigen Kohleausstieg erst noch geschaffen werden sollten.

  • pauschale Abstandsregelung

    Warum eigentlich? wenn die Anwohner das ganze für gut halten (Bürgerwindrad), dann sollte doch bitteschön eine Genehmigung erhältlich sein. Früher hatten wir viele genossenschaftlich organisierte WKA, wo die Bürger, die die WKA vor der Nase hatten, auch von ihrem Vorhandensein am Ende des Geschäftsjahres provitierten.

    • @Martin_25:

      Weil Anwohner wechseln und leider Viele Angst vor Wertverlust ihrer Immobilien haben.



      Das lässt sich nur bedingt durch einen lokal günstigeren Strompreis kompensieren - noch.

  • wieso interessiert die TAZ wenn Industrie Arbeitsplätze verloren gehen ? Angeblich reicht es doch wenn wir einfach bloss genug Lehrer Sozialarbeiter und Pflegekräfte einstellen .... die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie + Zulieferer sind doch auch egal da sollte alleine letzte Woche der Abbau 10000+ betragen haben da gibt es natürlich keine Artikel hier.

  • Mehr Jobverluste in der Windenergiebranche als in der Kohleindustrie zu erwarten sind?

    Das muss mensch sich auf der Zunge zergehen lassen. Wenn jetzt Altmaier & Co nochmal sagen, "sie tun etwas", ich weiss nicht... mir fehlen die Worte. Zumindest welche, die die Moderation noch gutheissen kann.

    • @tomás zerolo:

      Es geht doch gar nicht primär um Arbeitsplätze. Die sind der Politik eigentlich wurscht.

      Die AFD ist stark in den Kohleregionen --> Wahlen (CDU)



      Die Berarbeiter haben starke Gewerkschaften (SPD)



      die großen Energiekonzerne haben viel Macht in den Flächenländern / Bergbauregionen --> (SPD & CDU)

      Außerdem muss ich ehrlich gestehen: die Umweltbeeinflussung von Windkraftanlagen - gerade Offshore, die verbleibenden Betonfundamente,... all das sehe ich noch sehr kritisch.



      Hier wurden 3 riesige Windräder gebaut... Ausbeute wurde schöngerechnet, es wurde ein Schutzgebiet umgewidmet und Suprise: Ausbeute ist geringer als vorhergesagt. Oder kurz: nicht jeder Ausbaus ist sinnvoll,... außer für den Investor: der Betreiber schreibt durch die Blume: Dank Förderung ist der Invest rentabel - Ausbeute hin oder her.

      • @danny schneider:

        Naja -- aber die Anzahl der Arbeitsplätze können wir getrost als Indikator für das Engagement für die eine oder die andere Produktionsweise der Energie betrachten. Ergebnis: bitter.

        Jedenfalls: wer jetzt beim Abbau von Kohlekapazität das Wort "Arbeitsplätze" nur zu murmeln wagt, kriegt von mir (figurativ, natürlich) aufs Maul.

        Windkraftanlagen: Energieproduktion und -transport sind *nie* zum (ökologischen) Nulltarif zu haben: deshalb wären meine Prioritäten *immer* zuerst genügsam sein, dann erneuerbare Quellen anzapfen.

        In unserem (leider fast 100%-igem) kapitalistischen Kontext heisst das: Energie ist um (mindestens) eine Grössenordnung zu billig -- und wird folgerichtig vergeudet. Wie das verändern ohne dass es die erwischt, die schon an der Kante sind... das wird interessant.

        Ich habe den Eindruck, unsere kapitalistische, konsumgetriebene globale Marktwirtschaft alleine gibt das nicht her.

        • @tomás zerolo:

          "Energie ist um (mindestens) eine Grössenordnung zu billig"

          na ja, der Bürger zahlt deutlich mehr als der Strom an der Börse kostet. Viel mehr.

          Denn mehr als für die Umwelt ist der Effekt der EEG Umlage: billige Energie für die Industrie, teure für den Bürger.

          Und so hat die Industrie kein Anreiz zu investieren: Vor Jahren (1ste Atomwende von Merkel) wurde in Fachzeitschriften schon geschätzt das einfach durch Tausch alter Antriebe 25% Energie gespart werden könnten.

          • @danny schneider:

            "billige Energie für die Industrie, teure für den Bürger"

            Ja, das ist der eine Systemfehler: und da die Industrie von der Buchhaltung her gesteuert wird, wird sie ein Teufel tun zu sparen, wie Sie schon sagen.

            Die andere Seite ist, dass die soziale Ungleichheiten so gross sind, dass bei den Einen die Stromrechnung im Gesamtbudget sichtbar ist, die anderen sich aber ein SUV leisten können, weil die Benzinrechnung irgendwo in den Spesen verschwindet.

            Alleine über den Energiepreis zu regeln hat in einer asozialen Marktwirtschaft demnach seine Schattenseiten.

            Das "interessante" an der momentanen Situation ist, das sie uns (wie üblich bei Ressourcenverknappung) zwingt, auch über die Verteilungsfrage nachzudenken.

            Die Klimabewegung ist (wie wir sie gerade beobachten) tatsächlich eine Gerechtigkeitsbewegung.

    • @tomás zerolo:

      Jop, da musste ich ebenfalls schlucken, es ist echt zum kotzen. Technik der Zukunft wird im Vergleich zu deutlich umweltschädlicherer Technik der Vergangenheit viel stärker benachteiligt. Dabei ist die Windkraft-Lobby nichtmal mehr sooo klein. Was umso stärker den Einfluss der Kohle-Lobby verdeutlicht...

      • @Neinjetztnicht:

        Das ist doch an allen Ecken und Enden so und nichts neues. Man hätte die Energiewende anders anpacken können, sollen und müssen. Das ist kein Unvermögen sondern Unwillen. Solarenergie haben wir nach China ausgelagert, einen riesigen Wachstumssektor, in dem Deutschland bis vor einigen Jahren führend war. Anstatt weiter an Autos mit Wasserstoffzelle zu forschen, benutzen wir Li-Akkus. Man sollte das abwickeln, Solarkraftwerke bauen, überschüssige Energie durch Vergasung speichern und gnaz nebenbei viele noch genug Wasserstoff ab um Brennzellen PKW zu betreiben. Summa summarum gab es also eine Hand voll Entscheidungen zu treffen und bei ALLEN würde aus Dummheit, Ignoranz oder tatsächlich auf Drängen der Lobbys gehandelt.



        Ich warte darauf das aus FFF eine Partei kommt, die sich dann hoffentlich nicht verkauft wie es einst die Grünen taten. Vielleicht können die das Ruder dann noch rumreißen bevor der Abgrund kommt. Die jetzige Politik ist mit "scheuklappenblind" noch zu wohlwollend beschrieben

        • @Reyde Lanada:

          "Ich warte darauf das aus FFF eine Partei kommt, die sich dann hoffentlich nicht verkauft wie es einst die Grünen taten."

          Oha, eine Partei soll uns retten? Sorry, aber irgendwie glaube ich, dass das Einzige was uns retten könnte ein komplettes gesellschaftliches Umdenken ist und das Aufgeben der Hoffnung, dass diese "Demokratie" und der Kapitalismus das zulassen. Keine Partei der Welt wird schaffen dieses etablierte System gravierend umzulenken...

          Und ja, natürlich ist das alles nichts Neues, aber genau deswegen gilt es doch mal etwas anderes zu probieren, oder nicht?



          (zum Thema Brennstoffzelle findet in der hiesigen Automobilindustrie gerade allerdings auch ein langsames Umdenken statt, soviel ich mitbekommen hab. Könnte interessant werden, wenn das nicht wieder von gewinngeilen Menschen torpediert wird, die da keine schnellen Profite sehen... ;))