piwik no script img

Aktivistin über Achselhaare„Frauen sollen endlich Kontra geben“

Die Schambehaarung zu färben sei Selbstbestimmung, sagt „Free-your-pits“-Bloggerin Roxie Hunt. Frauen müssten sich von unerreichbaren Schönheitsidealen lösen.

Bloggerin Roxie Hunt erklärt in einem Video, wie's geht Screenshot: Youtube
Interview von Clara Zink

taz: Roxie Hunt, wie kamen Sie auf die Idee, sich die Achselhaare zu färben?

Roxie Hunt: Ich arbeite als Haarstylistin und bin verrückt nach bunten Farben. Es war also natürliche Neugierde, die mich zu der Frage inspirierte, wie man Schamhaar färben könnte.

Und wie formierte sich die „Free your pits“-Bewegung?

Nachdem ich einer Freundin die Achselhaare blau gefärbt hatte, machten wir Fotos von dem Ergebnis und veröffentlichten sie anschließend auf ihrem Blog. Der Post wurde über 30.000 mal geteilt, bevor zwei US-Talkshows auf uns aufmerksam wurden. Von ihnen wurde unsere Idee dann aber öffentlich verrissen und als widerwärtig und anstößig bezeichnet. Wir sahen das als eine gute Gelegenheit an, um weltweit eine Diskussion über Körperbehaarung und das weibliche Verständnis von Schönheit und dem eigenen Körper ins Rollen zu bringen. So entstand die „Free your pits“-Bewegung, deren Intention die Normalisierung der natürlichen Körperbehaarung der Frau ist. Wir wollen auf diese Weise die freie Entscheidung über unser Handeln und unseren Körper zelebrieren.

Bild: How-to Hair Girl
Im Interview: Roxie Jane Hunt

lebt als Haarstylistin, Fotografin, Schriftstellerin und Mutter in Seattle. Vor etwa einem halben Jahr rief sie die Bewegung zur Befreiung der Achselhaare ins Leben. Auf ihrem Blog howtohairgirl.com veröffentlicht sie Bilder von Achselhaarträger_innen, gibt Beauty-Tipps für natürliche Körperpflege und Haarstyling-Tutorials.

Warum ist es so wichtig, sich für Achselbehaarung einzusetzen?

Es ist einfach bitter nötig, dass alle Frauen verstehen, dass die Entscheidung über ihre Person und ihren Körper allein bei ihnen liegt. Wir leben in einer Gesellschaft, die gelenkt wird von Profitgier und den Interessen derjenigen, die erfolgreich nach solchem Profit streben. Die Schönheitsindustrie ist gezielt auf Frauen und ihre Selbstzweifel ausgerichtet. Wir müssen uns davon lösen, unerreichbaren Schönheitsidealen nachzufeiern – sie sorgen dafür, dass wir uns schlecht fühlen und glauben, dass wir nicht gut genug sind. Wir allein entscheiden, was wir mit unserem Körper anfangen, ob wir unsere Achselhaare wachsen lassen, oder nicht. Das muss uns niemand vorschreiben.

Geht es Ihnen dabei ausschließlich um Frauen?

Es geht uns hauptsächlich um Frauen, aber sie richtet sich auch an alle Männer, die durch unsere Bewegung zu neuer Selbstermächtigung finden.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Was wollen Sie damit erreichen?

Ich wünsche mir, dass sich Frauen endlich erheben und Kontra geben. Ich will, dass sie tun, was immer sie mit ihrem Körper tun wollen, und einen Prozess der selbstbewussten, eigenständigen Entscheidung durchleben, der sie zu neuer Autonomie ermächtigt.

Wie haben die Leute bislang auf Ihre Kampagne reagiert?

Vor allem mit jeder Menge Unterstützung. Es ist wunderbar, all diese Fotos zu sehen und die Geschichten von Frauen und Männern zu hören, die ihre Achseln befreien. So viele Menschen nahmen diese Aktion als Anlass dafür, ihre unerreichbaren Schönheitsstandards nun der Realität anzupassen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

21 Kommentare

 / 
  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    zunächst mal: ich finde das diese gefärbten achselhaare cool aussehen.ich habe also wirklich nichts dagegen.

     

    aber wer bitte zwingt den frauen dazu, ihre achseln zu zeigen oder im rock rumzurennen wo man ihre rassierten oder eben unrassierten beine sieht?

     

    ich höre immer nur etwas über die ungerechtigkeiten von weiblichen modezwängen, dabei haben frauen doch eine viel größere palette an kleidungsmöglichkeiten als männer zur verfügung.

    heute stört sich doch niemand mehr an einer ungeschminkten frau mit pullover, kurzen haaren und sneakers, aber ein mann mit rock oder eyeliner ist immer noch unvorstellbar.

     

    meinetwegen soll jeder so rumlaufen wie er oder sie will, aber ständig das gute der natürlichkeit zu betonen finde ich irgendwie doof.ansonsten kann ich auch gleich auf jeden stil pfeifen und mich einfach nur wettergerecht anziehen.ich finde auch den neuen bart-trend bei männern doof, ich rassiere mich täglich, fühle mich damit wohl und rassiere mir auch des öfteren mal die achseln.

    ich persönlich betrachte das nicht als zwang sondern als möglichkeit, die mir zur heutigen zeit gegeben ist.

  • Frauen sollen endlich Kontra geben - aber gegen wen? Es gibt weder eine Rasierpflicht noch die Achseln öffentlich zu zeigen.

    Die Frauen entscheiden selbstbestimmt einem bestimmten Trend zu folgen oder nicht. Wenn sie sich dann umentscheiden, können sie sich selbst Kontra geben - aber das klingt ja nicht so toll emanzipiert...

  • Bleichcreme, Botox und Silikon sowie anabole Steroide sind sicher größere Probleme.

  • Ich versteh bis heute nicht, warum sich neuerdings alle Frauen die Beine und die Achseln und die Scham rasieren müssen. Und/oder ganz selbstbestimmt so wollen, von mir aus. Aber warum? Früher gings doch auch ohne den Quatsch. Und keiner fands merkwürdig, war und ist ja schließlich normal, dass man überall Haare hat. Natur, ick hör dir trapsen. Aber probier das heutzutage mal: sofort biste »widerwärtig«, »anstößig« und »abseitig«. Krass.

    • @Floda Nashir:

      Ich habe auch noch nie verstanden, warum mann sich rasieren und die Haare schneiden soll. Vielleicht höre ich bald auch auf, mich zu waschen. Ich als Mann will endlich zu meiner urwüchsigen Körperlichkeit stehen, frei von allen gesellschaftlichen Zwängen!

      • 2G
        21405 (Profil gelöscht)
        @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Ausgerechnet Stylebook hat bereits vor einiger Zeit einen Trend ausgerufen, der sich 'cleansing reduction' nennt.

         

        Schont die Haare, schont die Haut,

        schont die Ressourcen.

        HipsterInnen aus Williamsburg etc. reagierten erwartbar begeistert.

         

        Ich persönlich bevorzuge Givenchy,

        indes:

        "A man's gotta smell like a man's gotta smell." – John Wayne

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Nur zu, keine Angst ! Mit dem waschen weglassen könnte irgendwann gesundheitliche Folgen haben, aber auch diese Freiheit steht Ihnen zu. Sich rein aus gesellschaftl. Zwängen aufzumöbeln, erweckt den Anschein, Sie seien schier von einer Autorität gelenkt.

    • @Floda Nashir:

      Nur weil Sie es nicht verstehen, dürfen sich andere doch wohl gegen die Anweisungen irgendeiner Bloggerin entscheiden.

      Oder gab es mal eine Rasur-Pflicht-Direktive?

      • @Lasse Einparkinson:

        Wo haben Sie „Anweisungen“ gefunden?

  • Werbung im redaktionellen Teil der taz?

     

    Die Welt geht in Trümmer, das aber blendet Ihr aus?

  • Bissle Haare ist eh viel schöner und sexier, wars schon immer.

  • Beneidenswert! Woher weiß diese Frau so genau, was andere Frauen (schon) "verstehen" und was (noch) nicht?

     

    Nun ja. Womöglich ist mein Neid ja völlig unbegründet. Womöglich weiß ja diese Haarstylistin auch nicht mehr als Du und ich. Vielleicht will sie ja nur, was auch die Leute wollen, die DEN Frauen einreden, sie hätten sich von Fuß bis Haupthaaransatz aalglatt zu rasieren.

     

    Roxie Jane Hunt will, dass "Frauen endlich [...] Kontra geben"? Die Freude kann ich ihr gern machen. Indem ich nicht will, was Frau Hunt gern hätte – und doch genau das tue, was sie mir empfiehlt. Ich werde völlig autonom entscheiden, sehr selbstbewusst und eigenständig – und dann tun, was auch immer ich tun will.

     

    Momentan habe ich entschieden, meine Achselhaare weder wachsen noch färben zu lassen. Warum? Wen geht das etwas an? Doch höchstens mich. Ich nämlich muss mit der Entscheidung (über-)leben. Und zwar in einer Welt, in der gern jeder "jeder Menge Unterstützung" hätte. Die Einen wie die Anderen. In einer Welt zudem, in der die Leute immer nur diejenigen ihrer Mitmenschen in den Genuss ihrer Unterstützung kommen lassen, die ihre aktuelle Überzeugung offenkundig teilen.

     

    Ob nun irgend jemand diese meine ureigene Entscheidung zum Anlass nimmt, seine/ihre unerreichbaren Standards und Ideale der traurigen Realität anzupassen? Ich glaube kaum. So what? Soll ich mich vielleicht aufhängen deswegen? Fällt mir ja gar nicht ein! Zumindest jetzt noch nicht. Von mir aus soll einE jedeR machen was sie/er/es gern machen will - und damit (über-)leben, so wie ich. Oder auch nicht.

    • @mowgli:

      Ich glaube, hierum geht es:

       

      > Von ihnen wurde unsere Idee dann aber öffentlich verrissen und als widerwärtig und anstößig bezeichnet.

      • @Arne Babenhauserheide:

        "Ich glaube, hierum geht es:

         

        > Von ihnen wurde unsere Idee dann aber öffentlich verrissen und als widerwärtig und anstößig bezeichnet."

         

        Bitte näher erläutern, ich verstehe das Problem nicht?

    • @mowgli:

      Sie haben natürlich vollkommen recht damit, was Eigenständigkeit wirklich bedeutet. Auf der anderen Seite: Wer die in Amerika weitverbreitete, völlig aberwitzige Abneigung gegen unrasierte weibliche Achseln mal erlebt hat, kann das offensive Auftreten von Nonkonformisten in dieser Hinsicht verstehen. "Frauen können auch mit Achselhaaren attraktiv sein." ist in den USA großteils ein Statement vergleichbar mit "Fußball ist total nebensächlich." auf der Dortmunder Südtribüne: Man muss gewillt sein, diese Ansicht notfalls mit seinem Leben zu verteidigen, oder man hält besser die Klappe. ;-)

    • @mowgli:

      Cooler Kommentar.

  • Wie kann man die Industrie kritisieren, wenn man selbst Shampoos etc auf seiner Homepage verramscht?

  • 6G
    677 (Profil gelöscht)

    O ha! Das fällt aber eher unter "Vermischtes".

    Ich finde es ja auch amüsant, so was zu lesen.

    Aber mal ernsthaft, interessiert solche Abseitigkeit

    eigentlich irgendwen?

    • @677 (Profil gelöscht):

      Aha. "Amüsant" finden Sie "solche Abseitigkeiten" also. Dann haben Sie vermutlich nie "ernsthaft" darüber nachgedacht. Vielleicht, weil solche Themen immer unter "Vermischtes" auftauchen, nie da, wo "Interessantes" drüber steht. Sie haben schon mal was von Iwan Petrowitsch Pawlows Hund gehört? Wie schön. Dann werden Sie mich sicherlich verstehen, wenn ich jetzt sage: So ähnlich ticken Menschen offensichtlich auch.

      • @mowgli:

        Na, so ein Fass braucht man jetzt deswegen auch nicht aufzumachen - "Achseln befreien" klingt da schon lächerlich theatralisch.

  • O.k., wenn man sonst keine Probleme hat ...