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Umweltexperte über Elektromobilität„Bis 2050 komplett emissionsfrei“

Mit Prämien und guten Worten allein lässt sich die Elektromobilität nicht ausreichend fördern, meint Martin Schmied. Nötig sei eine E-Auto-Quote.

Die Lade-Infrastruktur für E-Autos muss verbessert werden, sagt der Experte vom Umweltbundesamt Foto: dpa
Tobias Pastoors
Interview von Tobias Pastoors und Markus Sehl

taz: Herr Schmied, der Bundesrat spricht sich dafür aus, ab 2030 keine Verbrenner mehr neu zuzulassen. Ist das ein ambitioniertes Ziel?

Martin Schmied: Ja, sogar sehr. Gleichermaßen ist es aber nötig. Nach der Klimakonferenz in Paris steht das Ziel, bis 2050 die Emissionen um 95 Prozent zu reduzieren. Wenn man dazu bedenkt, dass zum Beispiel in der Landwirtschaft viele Emissionen nicht vermeidbar sind, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass der Verkehr 2050 komplett emissionsfrei sein muss.

Elektroautos sind aber ja auch nur so emissionsfrei, wie es der genutzte Strom ist.

Wenn ein Elektroauto den konventionellen deutschen Strommix tankt, dann gibt es aktuell kaum Vorteile gegenüber dem Verbrenner. Deshalb muss der Anteil der erneuerbaren Energien natürlich steigen. Aber wenn man die Elektromobilität erst fördert, wenn sie klimafreundlicher ist, dann ist es zu spät. Die Umstellung braucht viele Jahre bis Jahrzehnte, da darf man keine Zeit verlieren.

Obwohl Elektroautos mit der Kaufprämie subventioniert sind, schlagen die Deutschen nicht zu, woran liegt das?

600 Millionen Euro stehen für die Kaufprämie bereit, mit noch mal 300 Millionen Euro wird die Infrastruktur gefördert. Das ist vergleichsweise wenig. Trotz Prämie ist ein Elektroauto immer noch teurer als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, hat Probleme mit der Reichweite, und die Lade-Infrastruktur ist auch noch verbesserungswürdig. Zu glauben, dass die Autofahrer einfach nur aus Umweltschutzgründen auf Elektroautos umsteigen, ist naiv.

Susanne Kambor/Umweltbundesamt
Im Interview: Martin Schmied

leitet seit 2015 die Abteilung Verkehr, Lärm und räumliche Entwicklung im Umweltbundesamt (UBA). Zuvor arbeitete er unter anderem beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und beim Öko-Institut.

Braucht es also doch nur stärkere Anreize und keine Verbote?

Natürlich brauchen wir positive Anreize wie die Kaufprämie und mehr Investitionen in Lade-Infrastruktur. Aber es hängt ja auch nicht nur an den Verbrauchern. Die deutschen Hersteller wollen auch nicht vom Verbrenner lassen. Kurzfristig können sie damit besser verdienen, weil es altbewährte Modelle sind, aber langfristig verschlafen sie die Zukunft. Wir im Umweltbundesamt schlagen vor, dass ein gewisser Prozentsatz des Absatzes Elektroautos sind. Und die Nichterfüllung einer solchen Quote muss auch mit Sanktionen verbunden sein. Übrigens: Wenn wir, um die Gesundheit der Menschen zu schützen, Dieselfahrzeuge mit hohem Stickoxid-Ausstoß nicht mehr in die Innenstädte lassen – Stichwort Blaue Plakette –, kann das natürlich auch ein Anreiz sein, ein lokal emissionsfreies Fahrzeug zu kaufen.

Der Ausstoß des Verkehrs in Deutschland ist mit 164 Millionen Tonnen CO2 auf dem Stand von 1990. Sehen Sie jetzt eine Trendwende?

Seit 1990 ist technisch vieles effizienter geworden, aber es ist eben auch mehr Verkehr geworden, das hat die Effizienzgewinne wieder aufgefressen. Und selbst mit den effizientesten Verbrennungsmotoren schaffen wir nur eine Reduktion von maximal 40 Prozent CO2. Für den Rest brauchen wir unter anderem die Elektromobilität. Dass jetzt über das Ende der Verbrenner gesprochen wird, ist gut, aber diese Diskussion muss kurzfristig in Handlungen umgesetzt werden.

Vergisst man mit der Förderung von Elektromobilität nicht die, die jetzt schon klimaneutral unterwegs sind? Radfahrer und Fußgänger kriegen keine Prämien.

Ein emissionsfreier Autoverkehr ist ein gesamtgesellschaftliches Projekt, das wir alle brauchen. Und ohne entsprechende staatliche Eingriffe wird es nicht gelingen. Der öffentliche Nahverkehr, Radfahrer und Fußgänger, aber auch Carsharing müssen über bessere Infrastruktur natürlich auch gefördert werden. Denn Elektroautos lösen zwar die Probleme von Schadstoffbelastung in den Städten, aber sie lösen nicht die Konflikte um die begehrten und knappen Flächen.

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2 Kommentare

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  • E-Kfz-Mobilität ist eine Lebenslüge der Grünen zum Erhalt ihrer Koalitions- und Regierungsfähigkeit.

     

    Es gibt keinen "Ökologischen Umbau der Kfz-Industrie" - sowenig wie es einen "Öko-Umbau" der Kohlewirtschaft gibt.

     

    E-Mobilität kann und wird die Kfz-Industrie nicht retten. Das wissen die und deshalb scheuen sie davor zurück.

     

    Drei grundsätzliche Probleme:

     

    1. Die Zukunft sind Städte. Autos in Städten, auch E-Autos, verhindern notwendige Mobilität mehr als dass sie mobil machen.

     

    2. Klima ist nur ein (1) Problem des allzu verschwenderischen Umgangs mit Ressourcen. Die der Klimapolitik geschuldete Verkehrswende muss und wird Teil einer umfassenderen Resourcenwende werden.

    Das Auto, auch das E-Auto, ist in einer urbanen Umgebung völlig überdimemsioniert.

    Die tonnenschwere Sänfte hat ausgedient.

     

    3. Der notwendige Verzicht auf fossile Energie wird Energie verknappen.

    Auch in der Mobilität gilt: Die beste Energie ist die, die eingespart wird.

    Wie schon beim "Bio"sprit (Auto versus Nahrung) wird die Mobilitätsenergie in Konkurrenz treten zu den alltäglichen Bedürfnissen, wie Licht, kochen, E-Geräte etc. und die Preise für diese Alltagsenergie hochtreiben.

    Die daraus folgenden sozialen Energie-Verteilungskämpfe werden die für E-Kfz benötigte Mobilitätsenergie unpopulär machen bzw sehr verteuern.

     

    Der motorisierte Individualverkehr in der Stadt hat ausgedient. Wir können ihn nicht mehr bezahlen.

  • Merle Groneweg , Autor*in ,

    Ich denke auch, dass die Förderung von Elektroautos nicht der Heilsbringer sein kann – stattdessen müssen andere Verkehrskonzepte wie der ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, meinetwegen auch Carsharing, besser gefördert werden. Darauf zielte ja auch die letzte Interviewfrage ab.

    Von der Stromfrage (grüner Strom oder nicht) mal abgesehen ist allein die Produktion eines Autos, ob nun mit oder ohne E-Motor, sehr ressourcenverbrauchend. Und für einige Rohstoffe macht die Tatsache, dass es ein E-Auto ist, tatsächlich nochmal einen großen Unterschied, bspw. für Lithium und Kobalt, die in den Batterien stecken. Da hat die Washington Post vor kurzem eine lange Reportage über Kobaltabbau in der Demokratischen Republik Kongo geschrieben. Die Zahlen dort sind wie folgt: 5 bis 10 Gramm Kobalt für eine Smartphone-Batterie, ungefähr 30g für einen Laptop, und 10 bis 20 Pfund für ein E-Auto.