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Seenotrettung im MittelmeerRund 30 Cent pro EU-Bürger

Nach der Einstellung der Marinemission Mare Nostrum wird die Zahl der Toten wohl steigen. Wie könnte eine neue Seerettungsmission aussehen?

Mare Nostrum stellte Beitrag zur Rettung der Schiffbrüchigen dar. Zum November 2014 wurde die Mission eingestellt. Bild: dpa

Nach dem offenbar bislang schlimmsten Unglück im Mittelmeer haben Politiker und NGOs die Forderung nach einer europäischen Seerettungsmission bekräftigt. „Wer jetzt nicht handelt, macht sich unterlassener Hilfeleistung schuldig“, sagte der SPD-Politiker Frank Schwabe. „Das Schwarze-Peter-Spiel muss jetzt schnell beendet werden.“

Eine Nachfolgemission der italienischen Marinemission „Mare Nostrum“ wäre keineswegs ein Anreiz für weitere Flüchtlinge, „sondern ein Gebot der Menschlichkeit“, so Schwabe. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) müsse eine solche Rettungsmission umgehend europäisch durchzusetzen. De Maizière hatte ein neues Seenotrettungsprogramm kürzlich abgelehnt.

Die Grüne EU-Politikerin Barbara Lochbihler sagte, die „Tatenlosigkeit der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten“ sei „längst nicht mehr hinnehmbar“. Auch sie forderte eine europäische Seenotrettung und legale Einreisemöglichkeiten in die EU. Die Bundeskanzlerin schweige in der Frage „konsequent“, die Union spiele „den Schleusern in die Hände“ und die SPD komme „über Worte des Bedauerns nicht hinaus“, so Lochbihler.

Es sei „an der Zeit, dass Deutschland seine restriktive Abwarte- und Abwehrhaltung aufgibt und sich in Europa an die Spitze setzt, um umfangreiche Hilfsmaßnahmen schnell und unbürokratisch zu organisieren“, sagte auch der Linken-Fraktionsvize Jan Korte.

„Abschottungsoperation“ Triton

Die Initiative Watch the Med – zu Deutsch etwa: Augen auf's Mittelmeer – die seit Oktober eine Hotline für in Seenot geratene Flüchtlinge betreibt, sprach davon, dass die EU „Flüchtlinge tötet.“ In einer am Sonntag verbreiteten Erklärung der Initiative heißt es: „Die EU hätte die Mittel und die Möglichkeiten, die Flüchtlinge aus dem Mittelmeer zu retten. Aber sie lässt die Menschen ertrinken.

Die Verantwortung dafür trügen die EU-SpitzenpolitikerInnen, die am 27. August 2014 in Brüssel das Ende der italienischen Mare Nostrum Operation, das Herunterfahren der Rettungsprogramme im Mittelmeer und die „Abschottungsoperation Triton-Frontex vor den italienischen Küsten beschlossen haben“, so die Initiative.

Die AktivistInnen seien in den letzten Wochen direkte ZeugInnen geworden, „wenn Flüchtlinge auf Booten um das Überleben kämpften und Angehörige um sie bangten“, heißt es in der Stellungnahme. „Wir wurden zudem ZeugInnen, wie sich die Küstenwachen Italiens und Maltas sowie immer mehr Besatzungen kommerzieller Schiffe um Rettung bemühten, das Sterben aber oftmals nicht verhindern konnten, weil sie zur Rettung nicht ausreichend ausgerüstet waren.“ Die Initiative rief zu „sofortigen direkten Aktionen gegen die mörderische Politik der EU“ auf.

Kaum Unterstützung durch die EU

Aber wie könnte eine Seerettungsmission konkret aussehen – und was würde sie kosten?

Soweit bekannt hat die seit Herbst 2013 laufende italienische Marinemission Mare Nostrum etwa 9 Millionen Euro im Monat gekostet. Italien hatte im vergangenen Jahr die Einstellung von Mare Nostrum angekündigt, weil die EU nur rund ein Zehntel der Kosten tragen wollte.

Mit Mare Nostrum ließ sich ein substanzieller Beitrag zur Rettung der Schiffbrüchigen leisten. Alle Unglücke verhindern konnten die Italiener allerdings nicht: 2014 starben offiziell etwa 3.600 Flüchtlinge im Mittelmeer, über 150.000 erreichten Italien. Eine Dunkelziffer eingerechnet muss mit einer Sterberate von knapp 3 Prozent gerechnet werden – von 30 bis 40 Menschen, die die Überfahrt aus Libyen wagen, ertrinkt einer. Soweit bekannt dürfte in diesem Jahr die Sterbequote höher liegen.

An der europäischen Flüchtlingsrettung müssten sich alle Mitgliedstaaten gemäß ihrer Wirtschaftskraft finanziell und mit Schiffen, Hubschraubern und Personal beteiligen, die Kapazitäten müssten über die von Mare Nostrum hinausgehen. Die monatlichen Kosten dafür könnten so möglicherweise in einer Größenordnung von rund 15 Millionen Euro liegen – Folgekosten für die Versorgung der Flüchtlinge noch nicht eingerechnet. Auf das Jahr gerechnet würde sich der Aufwand für die Patrouillen vor Libyen auf etwa 180 Millionen Euro summieren. Das wären pro EU-Bürger rund 30 Cent.

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6 Kommentare

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  • Ich finde es ist Zeit für eine offizielle Petition an die EU:

     

    https://www.openpetition.eu/petition/online/rettung-aller-fluchtlinge-im-mittelmeer

  • 700 aufgeteilt auf die Länder wären vielleicht 50 in jedem Land . Bei 80 Milionen würden ja wahnsinig auffallen und Deutschland verarmen lassen.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Natürlich muss Flüchtlingen geholfen werden, das ist überhaupt keine Frage. Die Schergen der Bewachungsfirmen können zu Ersthelfern umgeschult werden.

     

    Der zweite Schritt muss dann aber konsequenterweise sein, die Frage zu stellen, warum es so viele Flüchtlinge gibt. Flucht ist ein Symptom und keine Ursache - es dürfen nicht die Flüchtlinge bekämpft werden, sondern die Ursachen. Und dabei tun sich unsere Politiker von rechts über spd bis grün und auch Teile der Linken ungeheuer schwer, denn da müsste man wirklich genau hinsehen. Mehr Mut!

  • 30 Cent... das ist weniger als die BILD-Zeitung kostet und trotzdem lesen viele Deutsche lieber dieses Blatt, als sich über ein Quäntchen Humanität Gedanken zu machen.

    • @robby:

      Leider machen sich zu viele über die Folgekosten Gedanken. Da setzen diese lieber auf die BILD und die abschreckende Wirkung.

  • Europa mischt doch mit den USA nicht Nahost und den Afrikanischen Kontinent auf um dann die Kriegsflüchtlinge aus dem Mittelmeer zu fischen. Nicht mal der Papst regt sich darüber groß auf, es sei denn es wird von ihm erwartet. Das ist jetzt nicht als Zynismus zu verstehen. Ich rege mich nur über die unaufgeregtheit intelligenter und religiöser Menschen auf, die Christentum predigen und missionarisch einsetzen, die aber den Tod 100er und 1000er Menschen billigend in Kauf nehmen nur um der Habgier und des Profites Willen. Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt, das ist das Motto des Abendlandes und es wird Nacht in Europa.

    Wann geht den Europäern und den US Amerikanern endlich ein Licht auf und sie sehen welche politischen und geistige Mächte hier seit 100 Jahren mit Macht ihren Willen durchsetzen. Humanität und Menschenwürde sind Fremdwörter in unserer Zeit geworden. Es geht nicht um 30 Cent/ Europäer, sondern es geht um den Willen diesen Nahost und Afrikanische Holocaust zu beenden und wieder Mensch zu werden.