FDP fordert Asyl nach „Ruanda-Modell“: Von den Briten nichts zu lernen
Die FDP will Asylverfahren nach dem „Ruanda-Modell“. Wer Geflüchtete um jeden Preis aus dem Blickfeld schaffen will, nimmt enormes menschliches Leid in Kauf.
G erade erst hat die Bundesregierung die Verschärfung der EU-Asylpolitik mitbeschlossen, schon schreit ihr Mitglied FDP nach noch drastischeren Schritten. Dass die Forderung nach einem „Ruanda-Modell“ inzwischen altbekannt ist und so auch schon von der Union kam, macht sie nicht weniger schäbig.
Gemeint ist mit dem Begriff das System, das Großbritannien am Dienstag beschlossen hat: Wer einreist, um dort Asyl zu beantragen, soll künftig nach Ruanda abgeschoben werden. Dort soll er oder sie nach Prüfung dann Asyl erhalten, eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen.
So will es die FDP auch in Deutschland machen – vorausgesetzt, es fände sich ein Land, das bereit wäre, Deutschland Geflüchtete abzunehmen (eher unwahrscheinlich), und vorausgesetzt, es fände sich ein Weg, die Abschiebungen rechtlich überhaupt zu ermöglichen (auch unwahrscheinlich), dann bliebe das Vorhaben menschenrechtlich immer noch eine Katastrophe.
Schon hier in Deutschland gehen Behörden nicht immer zimperlich mit Geflüchteten um. Aber es gibt immerhin eine starke Judikative, argwöhnische Medien und eine kritische Zivilgesellschaft, die den Behörden auf die Finger schauen.
In vielen Ländern, die wohl als potenzielle Aufnahmeländer in Frage kämen, ist das anders. Es dürften vor allem schwache und autoritäre Regierungen im Globalen Süden sein, die sich auf Deals nach dem Ruanda-Muster einlassen werden, um sich Geld und westliches Wohlwollen zu sichern. Dass sie sich dauerhaft hohe Standards im Umgang mit den Geflüchteten vorschreiben lassen, wie es Großbritannien mit Ruanda nun versucht, scheint wenig realistisch. Kontrollierbar wären sie ohnehin nur sehr schwer.
Man sollte sich keine Illusionen machen über das, was die FDP-Politiker*innen da fordern: Wer schutzbedürftige Menschen um jeden Preis aus dem Blickfeld schaffen will, nimmt enormes menschliches Leid in Kauf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind