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Die Wochenvorschau für BerlinDrängende soziale W-Frage

Die Immobilienwirtschaft berät, wie sie ihre Interessen durchsetzen kann. Und die SPD diskutiert darüber, wie soziale Wohnpolitik für Berlin geht.

Nachdenken über die soziale Frage des bezahlbaren Wohnens: SPD-Fraktionschef Raed Saleh Foto: dpa

Die Frage nach bezahlbarem Wohnraum, die soziale W-Frage, ist auch in dieser Woche die wichtigste in der Hauptstadt. Es stehen bevor: ein Immobilienkongress, ein (vielleicht) zukunftsweisender Auftritt der Senatorin für Stadtentwicklung Katrin Lompscher (Linke) und der SPD-Landesparteitag.

Vergangene Woche hat der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) ein Gutachten präsentiert, das die Initiative „Deutsche Wohnen Enteignen“ als verfassungswidrig einstuft. Die Anhänger des Volksbegehrens sehen das anders. Der Senat hat gerade beschlossen, dass bis zur Sommerpause Eckpunkte für einen Mietendeckel vorliegen sollen. Beide mietpolitischen Vorstöße dürften jene besorgen, die am Donnerstag im Axica-Tagungszentrum direkt am Brandenburger Tor zum Kongress des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen zusammenkommen – ein Netzwerktreffen der mittelständischen Immobilienwirtschaft. Wie schon im Rahmen des Branchentreffen „Quo Vadis“ im Februar wird die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sprechen. Fragen werden die Teilnehmer allerdings eher „Bezahlbares Bauen, geht das noch?“ Über bezahlbares Wohnen werden sie sich den Kopf vermutlich nicht zerbrechen.

Das wäre dann eher Aufgabe von der linken Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher, die am Freitagmorgen über die Zukunft der Stadt spricht. „Shaping Berlin’s future“ heißt die Veranstaltung, mit der sie zugleich das Stadtlabor und den Coworking-Space „B-Part“ am Gleisdreieck eröffnet. Das Haus ist Teil des Stadtquartierprojekts „Urbane Mitte“ (Baustart voraussichtlich 2020/21). 100 Arbeitsplätze auf 1.000 Quadratmetern versprechen „flexibles, gesundes und inspirierendes Arbeiten“. In dem „Think Tank für New Work and Life“ sollen Arbeitswelten von morgen und „neue Aspekte von Urbanität“ erforscht werden. Hört sich cool an. Aber lösen Anglizismen und neue Wörter wirklich Berlins Probleme?

Nicht alles, was neu ist, ist gut. Aber auch nicht alles Neue ist per se schlecht. Letzteres gilt vor allem für die Sozialdemokratie, die um Problemlösungen und Erneuerung ringt. Am Samstag trifft sich die SPD im Berlin Congress Center zum Landesparteitag in Mitte. Das Enteignungsvolksbegehren steht auf der Tagesordnung, auch der Mietendeckel. SPD-Chef Michael Müller hatte sich gegen Enteignungen ausgesprochen. Und die Parteispitze will die Debatte zunehmend auf den Mietendeckel fokussieren. Dass die Basis Enteignungen auch so kritisch sieht, ist nicht sicher – es wird also spannend. Wie praktisch, dass SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Montag für eine Blattkritik und für drängende W-Fragen in die taz kommt.

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1 Kommentar

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  • „SPD-Chef Michael Müller hatte sich gegen Enteignungen ausgesprochen.“

    Das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit gegenüber der Politik!

    In Vernetzungstreffen der Mieterinitiativen ist ein Konsens längst zu Stande gekommen, dass es gerade die SPD ist, die den Progress bei Mietenpolitik bremst. Dabei nutzt das nur der CDU, deren mietenpolitische Strategie auf Eigentumserwerb sowie Immobilieneigentümer fokussiert ist.

    Realität aus den Augen verloren?

    Berlin hat die meisten Obdachlosen in Deutschland und wird zu Recht als die Hauptstadt der Obdachlosen genannt. Etwa die Hälfte der Berliner wenden mehr als die Hälfte vom Haushaltseinkommen für die Miete auf. Und das ist der Durchschnitt. In einzelnen Bezirken sieht es noch schlimmer aus.

    Neubau bringt neue MieterInnen nach Berlin, deren Zahlungsfähigkeit sehr gut ist. Als Neumieter und Neuberliner ist man bereit, mehr Geld für die Miete zu zahlen, wenn man einen Job in der Hauptstadt bekommt. Anders geht es gar nicht. Bei offenen Terminen zu Wohnungsbesichtigung kann man sehen, dass Hunderte Menschen für eine Wohnung sich bewerben. Das Problem der steigenden Mieten wird nur größer. Und die Neubau in Relation zur Quote der sozialer Wohnungen berücksichtigt potentielle künftige Entwicklungen durch Preissteigerungen in Folge u.a. von Modernisierungen nicht. Und die Quote ist viel zu niedrig.

    Welche Signale werden ausgestrahlt?

    Deutsche Wohnen saniert und modernisiert und verheimlicht die zu Grunde dafür liegende Profitorientierung in den Geschäftsberichten erst gar nicht. Später kann man auf einer Webseite von einem landeseigenen Wohnungsunternehmen lesen, dass sie einen neuen Markt entdeckt haben und für die Zukunft Modernisierungen planen. Gut dass es zur Vereinbarung von Frau Lompscher gekommen ist, die diese Pläne eindämpfte.

    Wer macht eigentlich noch den Gebrauch vom Grundgesetz? Wie profitieren sozialbenachteiligte Menschen von ihren Grundrechten? Wer stoppt den Mietenwahnsinn?