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Debatte Drittmittel an UnisDas Geld des Geistes

Kommentar von Jochen Hörisch

Wer die meisten Drittmittel einwirbt, der forscht und lehrt angeblich auch am besten, heißt es. Doch das Gegenteil ist richtig.

Einer für alle – Vorlesung an der Universität Freiburg. Bild: dpa

F rüher hieß es: Über Geld spricht man nicht, man hat es. Heute ist das ganz anders. Auch an der Universität reden alle nur noch von Geld – aber kaum einer redet davon, dass die Universität nur noch von Geld redet. Die eingeworbenen Drittmittel, die Prämien für die Einwerbung von Drittmitteln, die Vorfinanzierung der Antragsprosa, die Höhe der Studiengebühren, etwaige Gehaltszulagen bei Berufungsverhandlungen, die Milliardenbeträge, die in Exzellenzinitiativen fließen, und die Probleme bei der Anlage von Stiftungsvermögen – das sind die Themen, über die an deutschen Universitäten ständig gesprochen wird.

Selbst dort, wo es nicht direkt ums Geld geht, werden die Diskurse über und an den Unis immer geldförmiger: Man redet über das Auf und Ab einzelner Universitäten und Institute auf dieser oder jener Rankinglist wie über das Auf und Ab von Börsenwerten. Die Rankinglist ist nach dem Modell des Ratings für Banken und Staaten entworfen – und wohl so verlässlich, so performativ, so irrationalitätsanfällig wie diese. Die Bank Lehman Brothers bekam bekanntlich noch wenige Tage vor ihrem historischen Crash von der Ratingagentur Standard & Poor’s die Note A+ zugesprochen.

Geld ist ein homogenisierendes Medium. Es setzt systematisch gleich, was nicht gleich ist: Dieses Spitzengemälde von Gauguin, dieser Neubau und dieser Sonderforschungsbereich kosten jeweils 70 Millionen Euro. Geld setzt äquivalent und erklärt für gleich gültig, was nicht gleich(wertig) ist.

Jochen Hörisch

ist Professor für Neuere Germanistik und Medienanalyse ander Universität Mannheim. 2006 veröffentlichte er im Hanser Verlag die Streitschrift „Die ungeliebte Universität – Rettet die Alma mater!“

Die fast ausschließliche Orientierung der Universität an Geldwerten geht einher mit einer gespenstischen Homogenisierung der akademischen Diskurse. Mit verlässlicher Regelmäßigkeit liest man in Anträgen für Drittmittel, dass die Antragssteller einen multiperspektivischen und plurimethodischen Ansatz verfolgen, der metadisziplinär anschlussfähig sein soll.

Welche Bringschuld hat die Universität?

Die Ergebnisse solcher Drittmittelprojekte sind nicht weniger homogen, vulgo: langweilig. Sie werden auch kaum zur Kenntnis genommen und kommuniziert – außerhalb der Unimauern schon gar nicht. Stolz mitgeteilt werden hingegen Zahlen: Im Rahmen jenes Projekts wurden dreizehn Promotionen und zwei Habilitationen betreut. Es fanden sieben Workshops statt, und es wurden acht Sammelbände publiziert. Gründe genug, einen Folgeantrag zu stellen.

hochschulwatch.de

Die tageszeitung und Transparency International haben vor zwei Jahren das Portal //www.hochschulwatch.de/:hochschulwatch.de gestartet und bis heute über 10.000 Kooperationen zwischen Wirtschaft und Hochschulen gesammelt. Sponsoring-Verträge, Stiftungsprofessuren, geförderte An-Institute oder Forschungsaufträge: Auf hochschulwatch.de kann man sehen, welche deutschen Unternehmen wie viel an deutsche Unis zahlen. Am Dienstag, 17. Februar, geht die Seite mit aktuellen Daten und in neuem Gewand online. Nutzerinnen können nun gezielt nach Geldgebern suchen. Sämtliche Kooperationen eines Unternehmens mit den Unis werden aufgelistet.

Die nicht sonderlich originelle, aber dennoch höchst angemessene Frage, wozu die Universität eigentlich da ist, welche Bringschuld sie hat, was auf- und anregende Forschung ausmacht, wird umso weniger gestellt, je mehr der Unibetrieb durch geldförmige Kennziffern geregelt wird. Kritisch ist zumal die Lage der Sozial- und Geisteswissenschaften. Diese richten sich, halb willig, halb durch Vorgaben genötigt, zunehmend an der Forschungskultur der Natur- und Wirtschaftswissenschaften aus: Publikation in A-Journals, Abschied von Monografien, Abwendung von der Einzelforschung, Tendenz zur Verbundforschung.

Als das Kriterium für erfolgreiche sozial- und geisteswissenschaftliche Forschung schlechthin gilt nun auch hier – fast schon scheint’s selbstverständlich zu sein – die Einwerbung von Drittmitteln. Die einschlägigen Zuteilungen und Zahlen werden in der scientific community erstrangig kommuniziert.

Ebendas ist die Krux: Was der Forscher außer von Sammelbandvorworten und Antragsprosa („Unser Projekt, Verbund, Kolleg, Sonderforschungsbereich ist gut aufgestellt“) verfasst und publiziert, spielt schlicht keine Rolle mehr. Dass die geisteswissenschaftlichen Publikationen, die noch einigermaßen breit zur Kenntnis genommen werden (etwa aus der Feder von Jan Assmann oder Norbert Bolz, Hans-Ulrich Gumbrecht oder Peter Sloterdijk), sich gerade der Freiheit und Einsamkeit des Forschers und nicht den endlosen Gremiensitzungen eines Drittmittelprojekts verdanken, ist dem brutal entromantisierten Unibetrieb geradezu peinlich.

In demselben Maße, in dem die Universität auf messbare Nutzenmaximierung getrimmt wird, produziert sie Nutzloses und Uninteressantes. Ich weiß, wie unzeitgemäß es klingt, und sage es dennoch – oder eben deshalb: Der Unibetrieb ist heute in weiten Teilen (von einigen gallischen Dörfern mit zweifelhaftem Ranking abgesehen) ebenso geldbesessen wie geist- und besinnungslos.

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21 Kommentare

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  • Teil I :)

     

    Die Diskussion, die Sie beschreiben, erfolgt bei der Drittmitteleinwerbung in großen Teilen mit Unternehmensleitungen. Diese haben keinerlei Allgemeininteresse, sondern einzig ein partikulares, nämlich die Erweiterung ihrer Einfluss- und Profitmöglichkeiten. Prominente Beispiel habe ich in einem Post weiter unten verlinkt. Das Prinzip ist aber immer das gleiche: Private Gelder werden umworben, die Forschungsvorhaben von Beginn an auf die entsprechenden Interessenten zugeschnitten. Das ähnelt der Selbstzensur bei Zeitungen, die Werbeanzeigen einwerben: Was dem potenziellen Kunden (Uni: Geldgeber) nicht passen könnte, wird verändert oder ganz weggelassen. Durch die Gewährung oder Verweigerung der Mittel bestimmen die Konzerne und die, die über entsprechende Geldmengen verfügen ganz entschieden über die Richtung der Forschung mit.

    Es ist eben keine freie Beratung über notwendige oder gewünschte Forschung in gesellschaftlichem Interesse. Die Diskussionen, die an dieser Stelle stattfinden sollten, waren einmal. Sie werden durch das Drittmittelsystem ad absurdum geführt. Was soll man davon halten, wenn in den Ingenieurswissenschaften die Rüstungsindustrie Drittmittel bezahlt oder auch Lehrstühle finanziert? Das ist systematisch korrupt und nutzt die gesellschaftlich hauptfinanzierte Infrastruktur der Institution Uni für private Zwecke aus, unter dem Deckmäntelchen der Forschungsförderung. In vielleicht etwas weniger drastischer Weise gilt das für alle Bereiche.

    Das ist die billigste Methode, gesellschaftliche Strukturen anzuzapfen, die von allen getragen werden und einzig dem Allgemeininteresse (zu dem eben auch die nicht anwendungsorientierte Grundlagenforschung gehört sowie die Erschließung neuer Gebiete, die inkompatibel mit Verwertungsinteressen sind) zu dienen hätten.

    Es hilft alles nichts: Wer über Forschung mitentscheidet, entscheidet mit über die Forschung.

    • @Karl Kraus:

      Mist, das ist die Antwort auf MK weiter unten (hab's dort noch mal gepostet).

  • Ich halte Artikel, die sich mit der Wissenschaft beschäftigen und mit bedeutungsschwangeren Sätzen wie "Wer die meisten Drittmittel einwirbt, der forscht und lehrt angeblich auch am besten" anfangen für lächerlich.

     

    Wer in den Zusammenhängen mit "angeblich" kommt bezieht sich auf Quellen, die er entweder nicht nennen mag oder die nicht vorhanden sind.

  • Ich stimme dem Autor in weiten Teilen zu. Leider kommt die Ursachenforschung zu kurz: In Sachsen etwa handelt das Wissenschaftsministerium bindende Verträge ("Entwicklungspläne") mit den Unis aus, nach dem Motto: Erfüllt diese Kennzahlen, sonst werden euch (noch mehr) Stellen gestrichen. Da kann eine Uni auch schon mal "zu viele" Studierende haben. Man sollte also die Verantwortlichen konkret benennen.

  • Vollkommen richtig. Über lauter Wirtschaftsfragen läßt das Bildungsniveau nach. Ingenieure, die heute von der Uni kommen, verfügen etwa über die praktisch relevanten Kenntnisse und Fähigkeiten etwa eines Technischen Zeichners der 80er Jahre, den allgemeinen technischen Entwicklungsstand natürlich rausgerechnet.

     

    Der Kapitalismus macht eben vor nichts Halt. Er kauft sich schlichtweg überall ein, um sämtliche gesellschaftliche Strukturen seinem Wachstumszwang anzupassen. Erstaunlich, daß ausgerechnet die akademische Intelligenz der Gesellschaft diesen Vorgang nicht bemerkt bzw. bemerken will. Obwohl: So erstaunlich auch wieder nicht, ist doch oft gerade einseitige Bildung, was dem Menschen Scheuklappen aufsetzt.

  • Da kann ich nur zustimmen: wem nicht klar ist, dass Forschung nicht bedeutet, Anträge zu stellen und Geld einzutreiben, der hat Forschung eben nicht verstanden.

     

    Insofern hat Prof. Hörisch schlichtweg recht.

    • @Volker Birk:

      Forschung braucht Forschende und die kosten nun mal Geld. Außer in Disziplinen wie der Germanistik, in der die Doktoranden auch statt mit schnöden Mammon mit wissenschaftlichem Ruhm entlohnt werden und PostDocs froh sein dürfen, wenn sie überhaupt eine halbe Stelle bekommen. Nein, das kann es nicht sein!

      Also einigen wir uns einfach darauf, dass forschen Geld kostet - bzw. kosten sollte. Und das muss irgendwo herkommen. Am Besten für die mit guten Ideen und nicht einfach per Gießkanne.

       

      Ansonsten habe ich an dem Artikel noch einen Punkt, der schlicht und ergreifend nicht zutreffend ist:

      Es ist falsch, dass zunehmend Verbundforschung finanziert wird. In den letzen Jahren hat die DFG die Sachbeihilfen (in der Regel Einzelforschung) gestärkt und das Geld aus dem Topf der Sonderforschungsbereiche genommen.

      • @MK:

        "Also einigen wir uns einfach darauf, dass forschen Geld kostet - bzw. kosten sollte. Und das muss irgendwo herkommen. Am Besten für die mit guten Ideen und nicht einfach per Gießkanne."

        Ob eine Idee gut ist, wird heute von den Sponsoren bestimmt. Neue Ideen stellen sich aber erst im Laufe ihrer Verfolgung als gut oder schlecht heraus. Es kann nur mit der Gießkanne gehen: Wenn Forschung, die Geld kostet, deswegen Geld generieren muss, ist das eine Unternehmerische Argumentation, die eben genau nicht in den Prozess der Forschung und Bildung hineingehört. Eine der vielen Aufgaben von Universität ist es im Gegenteil, Alternativen zur gegenwärtigen Ideologie und Ökonomie zu suchen, denn welchen Schaden diese anrichten, kann man überall und täglich besichtigen. Aber selbst das ist noch eine zweckgebundene Perspektive. Forschung und Bildung einem Zweck zu unterwerfen, war immer schon der Fehler und der Sündenfall der Enthusiasten wie der Ideologen. Zweckfreiheit und die blinde Suche nach dem Unerwarteten hält unsere sicherheitssüchtige Gesellschaft nicht aus. Überraschungen machen uns Angst, und ängstliche Leute kauft man mit Messarkeitsillusionen einfach ein.

        Leider haben es die Konzernvertreter und deren Speichellecker (z. B. Hochschulrektoren, Dekane, Kultusbeamte usw.) geschafft, Fakten zu schaffen, sprich: Qualität mit willkürlichen Messdaten zu identifizieren. Und jetzt, wo die Dinge sind, wie sie sind, sucht sich jeder sein Argumentchen zusammen, um zu "belegen", dass das richtig ist.

        Was mich verblüfft, sind die Damen und Herren Professoren, die intellektuellen Speerspitzen des Landes, die das nicht durchschauen.

        • @Karl Kraus:

          Forschung hat den Zweck Erkenntnis zu schaffen. Und dafür brauche ich eine Vision, wo ich hin will.

          Wissenschaft lebt von der Diskussion. Erkenntnis kann nur besser werden, wenn sie mit Dritten geteilt und weiterentwickelt wird, andere ihre Erfahrungen und ihr Wissen einbringen.

          Und die erste Stufe der Diskussion findet während der Begutachtung eines Drittmittelantrags statt, in der ich als Forscher die Gutachter von meiner Vision überzeugen muss. Wenn ich selber von der Vision überzeugt bin, ist das zu schaffen!

          Der Autor des Artikels möchte die Diskussion offenbar um jeden Preis vermeiden, nicht einmal bei der Publikation in nicht begutachteten Monographien. Das ist keine gute Wissenschaft, sondern ein wissenschaftsfeindliches Einigeln.

          • @MK:

            Teil II

            Im Übrigen steht der bürokratische Aufwand, der im Artikel kritisiert wird, in keinem Verhältnis zum Effekt: Dort, wo man sich zuvor auf Forschung und Bildung konzentrieren konnte, werden extrem spezialisierte Ressourcen gebunden, um diese Dinge erst zu ermöglichen, wenn sie nicht sogar abgelehnt werden.

            DAS ist teuer! Das erklärt auch, warum trotz mancher Geldspritze der (echte, freie und manchmal überraschende) Output der Unis nicht zugenommen hat. Das erinnert an die vielbelachte Bürokratie in kommunistischen Zentralwirtschaften. Bei uns heißt es Fortschritt und Qualitätssicherung.

  • Geblubber. Mehr ist leider nicht in dem Artikel. Dem Autor passt es nicht, dass sich Unis bzw deren Forscher um Drittmittel bemühen. Das ein oder andere Argument, womöglich gar messbar, wäre sicherlich interessant gewesen. Aber so? Meinungsgeblubber eines einzelnen Journalisten.

    • @uwe:

      Leider hat der Autor, selbst Professor an einer Universität, recht mit seiner Einschätzung, dass an deutschen Universitäten fast nur noch dem Mammon gehuldigt wird. Die Universitäten werden zunehmend von Drittmitteln abhängig gemacht, um Forschung für die Privatwirtschaft zu erleichtern. Die Kriterien zur Vergabe sind nur vordergründig objektiv (siehe z.B. den Zitationsindex). Die um sich greifende Vernetzung von Forschungsverbünden kann man auch 'Verfilzung' nennen. Die verfügbaren Drittmittel werden so gebunden, unabhängige Forschung ist kaum noch möglich. Die Ergebnisse lassen oft die wissenschaftliche Relevanz vermissen und neigen zur Redundanz. Die 'Industrialisierung' der Universitäten treibt ihre absurdesten Blüten im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften, die naturgemäß eher auf individuellen Forschungsleistungen bauend, mechanisch den Naturwissenschaften angepasst werden. Ein besonders trauriges Beispiel ist die Eliminierung der über Jahrzehnte gewachsenen systematischen Fachbibliotheken, die nach und nach der für Geisteswissenschaften völlig ungeeigneten 'Regensburger Verbundklassifikation' geopfert werden. Die Hochschulpolitik der Bundesländer täte gut daran, die finanzielle Ausstattung in ausreichendem Maße zu sichern und vor allem nicht alle Fächer den gleichen Rationalisierungsprozeduren zu unterwerfen, wie sie in Fabriken üblich sind. Deutschland ist zwar ein Industrieland, wenn es aber jetzt auch die Universitäten zu Fabriken macht, wird der Standort langfristig gefährdet.

      Vielen Dank Herr Hörisch für Ihre klaren und erhellenden Worte!

      P.S. (eine Anmerkung in eigener Sache):

      Was schon längst hätte geändert werden müssen an deutschen Universitäten: dass der habilitierte HochschullehrerInnennachwuchs

      ohne Bezahlung(!) zur Titellehre gezwungen wird! Das ist vorindustriell!!

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Alex Herda:

        Schon TWA soll einmal gesagt haben: Je venia legendi, desto besser!

    • @uwe:

      Der Autor ist selbst Professor an einer Uni. Er weiss nicht nur, wovon er spricht, sondern er würde augenscheinlich lieber forschen als durch den Bürokratiedschungel zu tigern, und mit dem Klingelputzsystem Geld hinterher zu jagen.

       

      Ich darf hinzufügen, dass ich das für einen Professor für genau die richtige Einstellung halte. Leider ist das pervertierte Bildungssystem, das uns mit der Bologna-Katastrophe erreicht hat, gegenteilig strukturiert.

      • @Volker Birk:

        Wen hindert denn den Professor daran zu forschen. Er bekommt sein Gehalt vom Staat, hat ein Lehrverpflichtung von vielleicht 6h, die andere Zeit kann er forschen. Kein Mensch verlangt von ihm Drittmittelprojekte einzuwerden und Geistewissenschaftler brauchen auch keine Maschinen die 6 oder mehrstellige Summen kosten.

        • @ernstl:

          Schatzi, auch geisteswissenschaftliche Forschung ist teuer. Empirische Studien z. B. erfordern einen gewaltigen zeitlichen, personellen und finanziellen Aufwand. Wenn die Universitäten aber die entscheidenden Gelder nurmehr über profitinteressegeleitetetes Sponsoring bekommen, wird der Professor sehr wohl am Forschen gehindert. Versuchen Sie außerdem mal, Forschung im Bereich alternativer Wirtschaftswissenschaften oder gar zu Kapitalismusalternativen mit Drittmitteln zu bestreiten.

          Sie scheinen den Betrieb von innen her nicht zu kennen.

        • @ernstl:

          Ein Freund von mir ist Professor. Er hat mir erklärt, wie inzwischen mehr als die Hälfter der Zeit für das Verfassen von Anträgen draufgeht.

           

          Du kannst es Dir sicher auch erklären lassen. Dazu fragst Du am besten einen Fachmann – wie z.B. den Autor dieses Debattenbeitrages hier.

          • @Volker Birk:

            Fakt ist, dass erfolgreiche Anträge zu mehr Forschung führen und ein Mittel sind Forschung zu bündeln und Qualität zu fördern.

             

            Das Problem ist nicht der Forschungsalltag sondern vielmehr wie dieser Laien kommuniziert wird. Ein Professor agiert eben nicht als aktiver Forscher sondern als Manager und Berater seiner angestellten Forscher. Durch diese Praxis profitieren angehende Wissenschaftler durch Wissenstransfer und Finanzierung. Ich empfinde es vielmehr als ein Graus, wenn ein Professor mit sicherem Arbeitsplatz seine Zeit im Labor (oder geisteswissenschaftlichem Äquivalent) verschwendet und Arbeit durchführt, die ein Student erledigen könnte.

            • @Tim Brumm:

              "Qualität zu fördern": Wer bestimmt die Qualität, wenn Konzerne über die Finanzierung entscheiden? (s. meinen Kommentar oben)

              Zu Ihrem zweiten Absatz: Wenn der Professor mit seinem Werdegang am Ende in einen Manager verwandelt wird, was geschieht dann mit diesem Werdegang? Ist der dann irrelevant und der Prof. braucht nur noch einen Grundkurs in Forschungsmanagement? Dann können wir die Unis sofort komplett den BWLern überlassen. Was für ein Schwachsinn!

              Ich glaube, hier sind ein paar Leute der Meinung, Forschung sei eine Art Zeitvertreib, bei dem man Fläschchen wahllos umfüllt oder ein paar Bücher durchblättert und - viel zu gut bezahlt - vor sich hinfaselt.

              Und weitergedacht: Wenn das so eine gute Idee ist, dass wir uns als forschende Gesellschaft von Drittmitteln abhängig machen, dann müsste es auch doch eine gute Idee sein, nur noch die Konzerne bestimmen zu lassen, wer was in welchen Gebieten erforscht. Oder ist das dann wieder zu schlimm?

               

              http://taz.de/Geheimvertraege-der-Hochschulen/!139673/

               

              http://taz.de/Transparenz-in-der-Wissenschaft/!125162/

               

              Und hier sieht man exemplarisch die Interessen hinter dem Sponsoring, denn auch die Medizinforschung der Pharmakonzerne bedient sich an allem, was die Universitäten so hergeben:

               

              http://taz.de/Wichtige-Medikamente-unerschwinglich/!107011/

              • @Karl Kraus:

                Drittmittel sind keineswegs nur das Geld von Konzernen, sondern zum größten Teil von öffentlichen Fördergebern wie der DFG. Und die DFG finanziert Grundlagenforschung, die in der Regel meilenweit von Konzern- und Kapitalinteressen entfernt ist.

                • @MK:

                  Jipp, aber das ist eben nur ein Teil der Sache, und es hilft nichts: Auch bei der DFG muss man seine Vorhaben maßschneidern und bereits im Ansatz die potenzielle Verwertbarkeit, diesmal den scheinbaren gesellschaftlichen Nutzen nachweisen. Das Problem des Profitinteresses verschiebt sich auf das Problem des politischen bzw. forschungsstrategischen Interesses. Das ist immerhin nicht ganz so unethisch wie die Finanzierung (und damit Bindung!) ganzer Blöcke durch Private. Anschlussforschung aber, die sich aus einzelnen Projekten ableiten würde, wird wiederum zur Diskussion gestellt und nicht selten abgelehnt, weil sie den Gremien der DFG nicht lohnend erscheint. (Bin Insider.) Das Personal, das zu Beginn dabei war, ist auch bei Annahme oft nicht mehr verfügbar, weil das Ganze zu unsicher für den Nachwuchs auf der Suche nach Arbeit ist, neue Leute mit entsprechenden Fähigkeiten finden sich nicht immer, alles gerät ins Stocken. Darüber hinaus scheinen gerade in den Ingenieuswissenschaften die Industriegelder leichter zu beschaffen sein als DFG-Gelder. Auch das lenkt die Inhalte (siehe oben). Die exzessive Bürokratisierung ist der Todfeind geistigen Fortschritts, um es mal zusammenzudampfen...