Einsatz in der Ukraine: Putin macht's offiziell
Die Regionalregierung der Krim bittet Putin um Hilfe. Dabei wird sie von der russischen Staatsduma unterstützt. Aus der Ostukraine wird von Unruhen berichtet
SIMFEROPOL/BERLIN/MOSKAU afp/dpa/rtr/ap | Der russische Präsident Wladimir Putin hat das Parlament um Erlaubnis gebeten, das russische Militär auf der ukrainischen Halbinsel Krim einzusetzen. Dies teilte der Kreml am Samstag mit.
Die prorussische Krim-Regierung sowie die auf der Halbinsel stationierte russische Schwarzmeerflotte hatten zuvor eine Zusammenarbeit bei der Sicherung der öffentlichen Ordnung vereinbart. Das teilte die Schwarzmeerflotte am Samstag der Staatsagentur Itar-Tass zufolge mit.
Gewährleistet werde nicht nur ein gemeinsamer Schutz der russischen Marinestützpunkte, sondern auch die öffentliche Ordnung, sagte der Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow. Die Lage in der Autonomen Republik Krim sei kontrollierbar. „Die Gruppen arbeiten zusammen“, betonte er.
Das russische Parlament hatte Präsident Wladimir Putin aufgefordert, Schritte zur Stabilisierung der Lage auf der ukrainischen Halbinsel Krim zu unternehmen. Möglich sei die Entsendung zusätzlicher Truppen, um die Bevölkerung vor der neuen ukrainischen Führung zu schützen, sagte Parlamentschefin Valentina Matwijenko am Samstag in Moskau.
In der ostukrainischen Stadt Charkiw gibt es der Agentur Interfax zufolge Unruhen. Demnach versuchen pro-russische Aktivisten, den Sitz der Regionalverwaltung einzunehmen und geraten dabei mit Untersützern der neuen Übergangsregierung in Kiew aneinander. Tausende Menschen hätten sich vor dem Gebäude versammelt. Einige hätten es gestürmt und die russische Flagge gehisst.
Die neue ukrainische Führung will nach Angaben von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso das umstrittene Sprachengesetz nun doch nicht umsetzen. Mit dem Gesetz sollte Russisch als zweite Amtssprache abgeschafft werden, was eine erhebliche Provokation Moskaus und der russischen Minderheit in der Ukraine bedeuten würde. Barroso sagte am Samstag bei einer Veranstaltung der EU-Kommission in Berlin, der neue ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk habe ihm versichert, das Gesetz nicht umsetzen zu wollen. Der Kommissionspräsident machte deutlich, dass er diesen Schritt begrüße.
Merkel und Steinmeier besorgt
Angesichts der Eskalation auf der Krim hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Bewahrung der Einheit der Ukraine gemahnt. Es müsse in diesen Tagen alles getan werden, „dass die territoriale Integrität gewahrt wird“, sagte Merkel am Samstag in Berlin. Sie und viele andere bemühten sich in vielen Telefonaten auch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und mit ukrainischen Politikern darum, sagte Merkel weiter.
„Das, was wir auf der Krim erleben, besorgt uns“, sagte die Kanzlerin. Es müsse „alles getan werden“, dass Konflikte „friedlich und diplomatisch gelöst werden“.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine „gefährlich“. Besonders auf der Krim habe sich die Lage zugespitzt. „Wer jetzt weiter Öl ins Feuer gießt, mit Worten oder Taten, setzt bewusst auf Eskalation“, mahnte Steinmeier.
Ruhiger Vormittag auf der Krim
Entgegen anderslautender Befürchtungen der neuen ukrainischen Regierung ist die Lage auf Halbinsel Krim am Samstagmorgen offenbar ruhig geblieben. Es lagen zunächst keine Berichte über militärische Auseinandersetzungen vor.
Das Innenministerium hatte zuvor von Hinweisen gesprochen, dass eine Gruppe Radikaler am einen Einsatz plane und dabei ukrainische Armee-Einheiten entwaffnen wolle. In einigen Teilen der Region waren jedoch die Telefonverbindungen unterbrochen. Zudem berichteten einige Menschen davon, gepanzerte Mannschaftswagen im Einsatz gesehen zu haben.
Angesichts der zunehmenden Spannungen auf der Schwarzmeer-Halbinsel prüft Russland eine Bitte der neuen Führung der Autonomen Republik Krim um Beistand. Moskau lasse ein entsprechendes Ersuchen von Regierungschef Sergej Aksjonow an Präsident Wladimir Putin nicht unbeantwortet, sagte ein Kreml-Mitarbeiter der Agentur Interfax zufolge am Samstag in Moskau.
Aksjonow hatte Putin um Hilfe bei der Gewährleistung von Ruhe und Frieden auf der Halbinsel angerufen. Der Krim-Führer übernahm aus Protest gegen die neue ukrainische Regierung in Kiew vorübergehend auch die Befehlsgewalt in der Autonomen Republik.
Militär in Alarmbereitschaft
Die Ukraine hat derweil das Militär auf der Halbinsel Krim in Alarmbereitschaft versetzt. Russland habe zuletzt 6000 zusätzliche Soldaten in die Region verlegt, erklärte am Samstag das Verteidigungsministerium in Kiew zur Begründung.
Der russische Energiekonzern Gazprom hat die Ukraine zur Begleichung offener Rechnungen aufgefordert. Kiew habe Gaslieferungen im Gesamtwert von 1,55 Milliarden Dollar (1,12 Milliarden Euro) nicht bezahlt, sagte ein Unternehmenssprecher am Samstag der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Falls die Ukraine ihren Verpflichtungen nicht nachkomme, könne Moskau nicht länger einen Rabatt auf die Gaslieferungen anbieten. Die Vereinbarung sehe „eine vollständige und pünktliche Zahlung vor“, betonte der Gazprom-Sprecher.
Moskau hatte der Ukraine den Preisnachlass eingeräumt, nachdem der inzwischen abgesetzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch Ende November überraschend verkündet hatte, ein über Jahre mit Brüssel ausgehandeltes Assoziierungsabkommen nicht zu unterzeichnen. Die Ukraine ist vom Staatsbankrott bedroht. Die Übergangsregierung wirft der früheren Führung um Janukowitsch vor, das Land ruiniert und Milliardenbeträge abgezweigt zu haben.
Wegen der Eskalation auf der ukrainischen Halbinseln Krim hat der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn eine rasche Sondersitzung der EU-Außenminister gefordert. „Das Treffen muss Sonntagabend oder spätestens Montag stattfinden“, sagte Asselborn der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag. Luxemburg hat heute für einen Monat den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernommen. Eine Sitzung des höchsten UN-Gremiums am Freitag zur Ukraine habe gezeigt, dass die Europäer und Russland nicht einig seien. „Umso wichtiger ist, dass die EU geschlossen auftritt“, sagte Asselborn.
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