Nicole Ebber zu Creative Commons: „Es gibt keinen Ideenklau“

Unter welchen Bedingungen dürfen Blogger Fotos von anderen veröffentlichen? Solche Fragen machen die Creative-Commons-Lizenzen einfacher – seit zehn Jahren.

Auslgeich zwischen Ideenteilung und Selbstbestimmung: Creative Commons für Künstler. Bild: kallejipp / photocase.com

taz: Zehn Jahre Creative Commons – herzlichen Glückwunsch!

Nicole Ebber: Vielen Dank. Ich nehm das mal stellvertretend entgegen für die Community. Bei Creative Commons Deutschland ist das ja so, dass es mit Markus Beckedahl und John Weitzmann zwei Köpfe gibt, die die Arbeit koordinieren, und die Community die ganzen Entwürfe diskutiert und entwickelt. International ist das nochmal eine ganze Ecke größer.

Ende des Jahres sollte die Version 4.0 kommen...

Ja, das wurde verschoben. Wir diskutieren noch einzelne Veränderungen, da sind noch ein paar Details zu klären. Insgesamt geht es darum, die Lizenzbausteine verständlicher zu machen, das heißt noch deutlicher zu kommunizieren, was man machen muss, um beispielsweise so ein Foto in seinem Blog zu veröffentlichen. Außerdem geht’s auch um Vereinbarkeit mit anderen freien Lizenzen. Es gab sogar den Vorschlag, eine einzige, einheitliche Lizenz weltweit zu entwickeln.

Klingt ambitioniert.

(lacht) Was CC will, ist, eine Reform des Urheberrechtes anzustoßen. Und das geht besser mit einer globalen Idee als Ziel. Wir arbeiten jetzt international daran, die Lizenzen global einheitlicher zu machen.

Kreative haben in der Regel die Wahl, ihre Texte, Fotos oder Musik entweder überhaupt nicht oder unter dem gesetzlichen Standardschutz „Alle Rechte vorbehalten“ zu veröffentlichen. Viele Rechteinhaber wünschen sich jedoch eine Alternative zu diesem relativ strikten Schutz – sie wünschen sich Aufmerksamkeit für ihre Arbeiten, wollen ihre Werke verbreiten und ebenso die Möglichkeit haben, die Arbeiten anderer in ihr Schaffen einzubinden.

Seit 2001 bietet die Non-Profit-Organisation Creative Commons Internetnutzern modular aufgebaute Lizenzverträge kostenlos zum Download an, die auch von Nicht-Juristen unproblematisch benutzt werden können. Der einfachste Vertrag verlangt vom Nutzer lediglich die Namensnennung des Urhebers. Darüber hinaus sind weitere Einschränkungen möglich – je nachdem, ob der Urheber eine kommerzielle Nutzung zulassen will und Bearbeitungen erlaubt sein sollen. (dapd)

Weil?

Weil es offener ist. Wir haben einen sehr offenen Kulturbegriff. Ein Stichwort, das Lawrence Lessig, sozusagen der Gründervater der CC-Lizenzen, immer wieder benutzt ist Remix-Kultur. Das heißt auch: Es gibt keinen Ideenklau, nur Ideenteilung. Die Lizenzen tragen dem Rechnung, aber auch dem Selbstbestimmungsrecht des Künstlers; und da muss man einen Ausgleich finden. Momentan ist die non-commercial-Lizenz in der Community sehr umstritten. Die besagt, dass man ein Werk nur zu nichtkommerziellen Zwecken und unter Namensnennung weiterverwenden darf. Das ist keine echte freie Lizenz, weil man sehr viele Möglichkeiten unterbindet. Es wird sogar gefordert, dass NC komplett aus dem Baukasten gestrichen werden soll.

ist Projektmanagerin Internationales bei Wikimedia Deutschland e.V. und hat ihre Diplomarbeit über Creative Commons geschrieben, wo sie nach wie vor aktives Mitglied der Community ist.

Derzeit gibt es sechs verschiedene Lizenzen. Vieles, was unter CC lizensiert wird, ist es gar nicht. Es kam auch immer wieder zu Abmahnungen, weil Bilder nicht richtig gekennzeichnet wurden oder der Name des Fotografen nicht mit auftauchte. Ist CC für den Alltagsgebrauch zu kompliziert?

Das Urheberrecht an sich ist kompliziert. CC versucht, eine gewisse Rechtssicherheit zu schaffen: Da steht unter jedem Symbol, was man machen darf und muss, worauf man achten muss. Ein gewisses Maß an Medienkompetenz bei Urheber und Nutzer muss man allerdings voraussetzen dürfen.

In Frankreich wird mit der Musikverwertungsgesellschaft SACEM kooperiert und erlaubt es den Musikern, auch unter CC zu veröffentlichen. Die Gema lehnt das nach wie vor ab.

CC kommt aus einer angloamerikanischen Tradition, da steht das Werk im Vordergrund. Die Gema denkt weniger werkbasiert, sondern sieht eher den Gesamtkünstler. Obendrein ist es so, dass die Gema zwar den Anspruch hat, alle Musiker zu vertreten, den Fokus aber auf die Main Acts legt, und für die meisten kommt CC nicht in Frage. Es gibt zwar immer mal wieder Gespräche, aber es kommt nichts dabei raus.

Die BBC plant, ihr komplettes Filmarchiv unter CC zu stellen – in Deutschland hat der NDR da die Vorreiterschaft übernommen. Gibt’s da Pläne, weitere öffentlich-rechtliche Inhalte zugänglich zu machen?

Es gibt vereinzelt Projekte, aber nichts Durchschlagendes. Das Ganze ist ein langer und zäher Prozess. Dabei läge es nahe zu sagen: Die Sachen sind eh schon von der Öffentlichkeit bezahlt, also geben wir das ihr auch frei.

Und was kommt die nächsten zehn Jahre?

(lacht) Klar wird an den Basics gearbeitet. Einfachere Anwendung, leichtere Verständlichkeit, technische Verbesserungen. Ein Bereich, der jetzt im Kommen ist, ist die Bildung. Allein was Lehrer und Schüler momentan alles zu beachten haben, wenn sie nicht gegen das Urheberrecht verstoßen wollen: Da türmen sich enorme Schwierigkeiten auf. Es gibt erste Initiativen in die Richtung, zum Beispiel den Schulbuchomat. Wir haben lange am kreativen Feld gearbeitet, jetzt wird es ein bisschen ernster, seriöser. Die Daten in Museen und Archiven sind eh öffentlich finanziert, da beginnt man auch sich die Frage zu stellen, wie man das dem Publikum zugänglicher macht.

Ernster, seriöser – klingt ja total erwachsen.

Ach was. Reifer reicht erstmal.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.