Petition gegen Racial Profiling eingereicht: Willkürlich unter Verdacht
Wegen der Hautfarbe von der Polizei kontrolliert zu werden, gehört für viele dunkelhäutige Deutsche zum Alltag. Nun fordert eine Petition die Abschaffung der Praxis.
BERLIN taz | „Papa, warum werden nur wir kontrolliert?“ Das habe ihn sein Sohn gefragt, als er einmal als Einziger an der Grenze zur Schweiz nach seinen Papieren gefragt worden sei. Memet Kilic, Abgeordneter der Grünen und deren Obmann im Petitionsausschuss des Bundestags, führte diese Anekdote an, um zu unterstreichen, warum er auch ganz persönlich die Petition unterstützt, die dort am Dienstagmorgen eingebracht wurde.
Zunächst nahm Kilic eine Liste mit mehr als 15.000 Unterschriften in Empfang, die mit einer Onlinekampagne gegen „Racial/Ethnic Profiling“ gesammelt worden war. Zeitgleich brachte die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) eine Petition zum Thema ein, die ab jetzt unter anderem auf der Webseite des Petitionsausschusses unterschrieben werden kann.
Die Petition fordert die Bundesregierung dazu auf, die bundesgesetzlichen Regelungen, die der Polizei ihre „verdachtsunabhängigen Kontrollen“ erlauben, ganz abzuschaffen. Außerdem regen der ISD und seine Mitstreiter an, die Polizeibeamten schon in der Ausbildung durch Anti-Rassismus-Trainings für das Thema zu sensibilisieren. Nicht zuletzt fordern sie neue Kontrollmechanismen wie eine unabhängige Beschwerdestelle, um polizeiliches Fehlverhalten besser feststellen und ahnden zu können. Diese Forderung wird auch von Amnesty International oder Barbara John, der Ombudsfrau für die Opfer der NSU-Terrorzelle, schon lange erhoben.
„Das Thema brennt uns auf den Nägeln“, sagt Tahir Della von der Initiative Schwarzer Deutscher (ISD). Offiziell ist es in Deutschland zwar gar nicht erlaubt, Menschen nur aufgrund ihrer Hautfarbe zu kontrollieren. Tatsächlich aber gehört es zur Alltagserfahrung vieler Menschen mit Migrationshintergrund oder schlicht dunkler Hautfarbe, dass sie von der Polizei häufiger kontrolliert werden.
„Oft werden Gründe vorgeschoben“
Erst vor einem Monat hatte das Oberverwaltungsgericht Koblenz einem Studenten aus Kassel Recht gegeben, der gegen die Bundespolizei geklagt hatte, weil er – wie der Polizeibeamte zugab – wegen seiner Hautfarbe kontrolliert worden war. Doch damit ist das Problem nicht aus der Welt, denn verdachtsunabhängige Kontrollen finden weiter statt – und die Hautfarbe bleibt für viele Polizisten dabei weiter ein Kriterium. „Hätte der Polizist nicht zugegeben, dass er den Studenten aus Kassel allein aufgrund seiner Hautfarbe kontrolliert hatte, hätte es keinen Prozess gegeben“, betont Tahir Della. „Oft werden andere Gründe vorgeschoben, auch wenn sie unglaubwürdig sind.“
Wie schwierig der Umgang mit dem Thema ist, zeigten die Reaktionen aus den Reihen der Polizei. „Dieses Urteil ist nicht gut, denn es schürt Konflikte“, kritisierte Rainer Wendt, der Bundesvorsitzende der konservativen Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Die Gerichte machen schöngeistige Rechtspflege, aber richten sich nicht an der Praxis aus.“ Etwas konzilianter gab sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Im Fall des Kasseler Studenten sei das Konstanzer Urteil nachvollziehbar, befand der Vorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Josef Scheuring. „Anlass- und hinweisbezogen“ könne die Hautfarbe aber durchaus ein Grund für eine Kontrolle sein, „etwa wenn ein Täter zuvor entsprechend beschrieben worden sei“, sagte Scheuring.
Die Petition gegen „Racial Profiling“ wird von Amnesty International, dem Deutschen Institut für Menschenrechte und dem Zentralrat der Sinti und Roma unterstützt. Nun muss die Initiative in den nächsten vier Wochen 50.000 Unterschriften sammeln. Dann muss sich der Innenausschuss des Bundestags, der unter anderem auch für die Bundespolizei zuständig ist, öffentlich damit befassen – möglichst noch in dieser Legislaturperiode. Mbolo Yufanyi von der Flüchtlingsorganisation The Voice, die die Onlinepetition unterstützt, geht es aber vor allem um die Symbolwirkung. „Die Mentalität muss sich ändern“, sagte er der taz. „Das ist wichtiger als jede Gesetzänderung.“
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