piwik no script img

zwischen den rillenBig-Brother-Nachwirkungen: Alex und Zlatko sind voll am Fliegen. Auf Albumlänge

Weibliches öffnet die Grenzen in mir

Schäm, schäm, schäm. Wenn Fußballer einen Song herausbringen, kann man noch sagen: „Okay, aber Fußball spielen können sie.“ Allein: Was kann die Big-Brother-Bagage? Außer ein schlimmes Lied nach dem anderen zu veröffentlichen?

Zusätzlich zu den vielen so genannten Single-Hits von Verena, Sabrina, Andrea und John, Zlatko und Alex versuchen sich „der sympathische Mazedonier“ (Pressetext) und der „bekloppte Bonner“ (taz) auch noch auf Albumlänge. Wie konnte es nur so weit kommen?

Was Verkaufszahlen angeht, ist Zlatko der Erfolgreichste der Bande, und seine vielen Hits sind auf der Zladdi-CD zu finden, die da heißt „Ich bleibe wer ich bin“, wobei das „bleibe“ unterstrichen ist, vermutlich, um den Eindruck von Nachdruck und Ehrlichkeit zu erzeugen. Die CD erzeugt allerdings ganz nachdrücklich den Eindruck einer Karaoke-Produktion: Alle Lieder haben den gleichen Humptahumpta-Marschrhythmus, die das deutsche Mitklatschen erleichtert, die Gesangsmelodien aller Lieder werden vom gleichen, billigen Keyboardsound begleitet, damit man besser mitsingen kann, und alle Lieder werden von dieser Eddie-Van-Halen-Prollgitarre begleitet, (wie in „Ain’t talking bout dub“), um erfolglos eine Ahnung von Jugend und Rock zu vermitteln. Hervorragend sind die Texte, der Höhepunkt ist ganz klar: „Wenn du glaubst, du denkst, ich denk an dich / Dann hast du falsch gedacht.“ Juliane Werding würde sich im Grabe umdrehen.

Zlatko scheint aber tatsächlich genauso zu sein, wie er auf der CD radebrecht: Erst voll am Fliegen, dann „volle Kanne verliebt“, dann „geradeaus, geh meinen Weg nur geradeaus“ bzw. „Hey das bin ich, der vor euch steht / mich kriegt man einfach nicht verdreht“. Der ist so ehrlich, sagte einmal der unbeliebteste Junge unserer Klasse über Bruce Springsteen. Zlatko ist wie Bruce Springsteen. Nur schlimmer.

Erfolgloser ist dagegen Alex. Er ist 37 Jahre alt, und er hat eine klitzekleine Hantel in der rechten Brustwarze. Auch wenn beides auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun hat, auf den zweiten erklärt es doch einiges. 1. Der Mann ist nicht aus juvenilem Unvermögen in diese sich seuchenhaft ausbreitende Vermarktung gerutscht, denn so ein junger Hüpfer ist er nicht mehr. 2. Er hat einen recht fragwürdigen Geschmack. Dafür sprechen auch seine Tattoos, die aussehen, als ob ein Indianer sie im Agave-Rausch mundgemalt hat.

Alex hat gerade seine erste Solo-Single herausgebracht, die beide Vermutungen bestätigt. Sie heißt „Willst Du . . .?“ und fängt mit hohen Frauenstimmen an, die so eine Art Raumschiff-Enterprise-Melodie singen. Dann kommt ein zünftiger Deppentechno-Beat, und dann sagt Lee Marvin bzw. Alex Dinge wie „Liebe ist alles ist Sehnsucht ist Trieb / Ich liebe sie maßlos denn ich bin ein Dieb“, wobei man sich das so vorstellen muss, als ob ein Manager ihm kleine Häkchen an die Silben gemacht hat, die er bei seinem Sprechgesang betonen sollte: Liebe ist alles, ist Sehnsucht, ist Trieb“ etc.

In der zweiten Strophe, nachdem er sich in einem hochzeitlich anmutenden Frage- und Antwortrefrain („Willst du, was ich mit dir will? Ja – ich will“) mit einer Dame abgewechselt hat, geht es dann schon um die nächste Ebene: Ein Paar plant die Zukunft mit Kind, und bedient sich dabei folgerichtig Vokabeln aus Star Wars. „Liebe erklärt jede Dummheit in dir / denn Weibliches öffnet die Grenzen in mir“, und später: „Liebe verleiht dir die mächtigste Macht / die Macht zu verzeihen, die Macht für das Leben / die Macht, wenn du willst, neues Leben zu geben“ . . .

Das mit dem neuen Leben scheint schon passiert, wenn man der Bild-Zeitung Glauben schenkt (Elvers – schwanger oder dick?), womit die Frage „Willst du?“ eine ganz andere Brisanz bekommt. Tja. Alex.

Richtig erfolgreich war der Mann bis jetzt weder mit seiner ersten noch mit der aktuellen Single. Leider bedeutet das aber nicht, dass er endlich Ruhe gibt. Im Gegenteil: Das befürchtete Album folgt auf dem Fuße.

JENNI ZYLKA

Zlatko: „Ich bleibe wer ich bin“ (BMG)Alex: „Willst du?“ (Single)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen