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Archiv-Artikel

zur Putins offizieller Abschiedsbilanz als russischer Präsident

Der britische Daily Telegraph meint: Putin hatte Recht, die Aufmerksamkeit auf innere Probleme zu lenken. Doch deren Ausmaß widerspricht Putins Prahlerei. Die staatlich dominierte Wirtschaftselite ist korrupt und ineffizient. Ausländische Investoren werden willkürlich behandelt. Die Lebenserwartung sinkt und bringt die schlechte Gesundheitsversorgung zum Vorschein. Und zu alldem ist der demokratische Geist zerschlagen worden. Selbst was die Sicherheit betrifft, ist Putins Verdienst zweifelhaft: Die Anschläge im Nord-Ost-Theater in Moskau und die in Beslan, die sich 2002 und 2004 ereigneten, waren die schlimmsten Terroranschläge in der russischen Geschichte.

In Paris meint Le Monde: Die Erklärungen und Gesten der russischen Regenten gegenüber dem Westen sind widersprüchlich. Diese wechselhafte Haltung des Kreml ist weniger ein Zeichen für einen Machtkampf als Ausdruck einer Arbeitsteilung, um Trümpfe zu sammeln, damit Russland in der nächsten Phase aus einer Position der Stärke heraus antritt. Putin will alles tun, um das Vordringen des atlantischen Bündnisses in Richtung seiner Grenzen zu stoppen oder gar einen Teil des verlorenen Terrains zurückzugewinnen. In einer Tradition der Diplomatie, die bis zum Wiener Kongress 1815 zurückreicht, rüstet sich Putins Russland für eine neue Aufteilung der Einflussgebiete.