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zoologie der sportlerartenPROF. HIRSCH-WURZ über den Judoka

Hungriger Bär am Mattenrand

Dass man Japanern strengstens untersagen sollte, irgendwelche Sportarten zu erfinden, beweist nicht nur der übergewichtige Homo colossus, der seine Tage damit verbringt, sich mit anderen mehrzentnerigen Kollegen herumzuschubsen, sodass sich der Eindruck aufdrängt, man sei in eine Horde an Ganzkörperelefantiasis leidender Kindergartengören geraten. Ein Indiz für den verderblichen Einfluss japanischer Mentalität auf die Entwicklung der körperlichen Ertüchtigung ist auch der Homo schulterwurfus. Die schnöde Aneinanderreihung solch blümeranter Tätigkeiten wie Treten, Zerren, Umschmeißen, Würgen, mag vielleicht einem Samurai wertvolle Dienste leisten, dem ein boshafter Waldgeist sein Schwert abspenstig gemacht hat, für einen aufgeklärten Sportler der Neuzeit ist ein derartiges Treiben aber schlichtweg würdelos.

Die meiste Zeit ähneln die Duelle des Homo schulterwurfus einer Art Foulspieltraining für gelb gesperrte Fußballer bei gleichzeitigem Versuch des Trikottauschs mit einem äußerst widerspenstigen Kontrahenten. Die alberne Kleidung des Judoka tut ein Übriges. Anstatt einen stabilen Anzug mit strategisch sinnvoll angebrachten Haltegriffen zu tragen und so den Gang der Dinge in vorteilhafter Weise zu beschleunigen, hüllt sich der Homo schulterwurfus in ein schlabbriges Gewand, das bereits auf unanständige Art auseinander klafft, wenn er nur einige Schritte tut, auch ohne dass ein aufgeregter Kontrahent wildwütig daran herumreißt. Notdürftig zusammengehalten wird die Kluft durch einen albernen bunten Gürtel, was ungefähr so sinnvoll ist, als wolle man einen Schwarm Bienen mit einem Fischernetz aufhalten.

Gäbe es Strafpunkte wegen indezenter Bekleidung, wäre jeder Kampf im Nu zu Ende. So aber geht nach kurzer Textilfixierungspause alles von vorne los, und wenn dann endlich jemand zu Boden sackt, wird es erst richtig unappetitlich. Es sei denn, es handelt sich um den seltenen Fall eines sauber vollzogenen Hüft-, Schulter- oder Sonstwiewurfs, was nicht nur den Kampf zu aller Erleichterung unverzüglich beendet, sondern auch sehr hübsch anzusehen ist, wie wir als streng unvoreingenommene Wissenschaftler durchaus einzuräumen bereit sind.

Meist kommt der Bodenkontakt jedoch nicht durch eine solche Aktion zustande, sondern durch simples Aushebeln oder auch Umsensen. Während sich der Homo schulterwurfus mit Oberwasser nun daran begibt, an seinem Opfer herumzufuchteln und herumzunesteln wie ein hungriger Bär an einem großen Lederrucksack voller Leckereien, versucht der Judoka mit Unterwasser den Mattenrand zu erreichen wie ein Ertrinkender das rettende Ufer. Anstatt Mattenrand Mattenrand sein zu lassen und den Kampf fortzuführen, wenn es sein muss, durch die ganze Halle samt Zuschauerrängen und Kassenhäuschen, bis das gottverdammte Gerangel endlich zu einem irgendwie gearteten Ende geführt ist, unterbricht der Schiedsrichter, sobald ein Körperteil das Kampfgeviert verlassen hat, die feindseligen Handlungen, verteilt, wenn es hoch kommt, einen halben Punkt, und schon fängt das Gezupfel aufs Neue an.

Zum Glück dauert der ganze Spuk heute höchstens fünf Minuten, im Gegensatz zu alten Samurai-Zeiten, wo ältere Chroniken über Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Exemplaren des Homo schulterwurfus berichten, die über mehrere Tage gingen und bei denen ganze Wälder durchkrochen wurden, weil es ja noch keine Matten und ergo auch keinen Rand gab. Die Kämpfe pflegten damals erst zu enden, wenn einer der beiden Judoka aufgab, wenn beide von wilden Tieren gefressen wurden oder wenn sie großen Durst bekamen und lieber gemeinsam einen Reiswein heben gingen, statt sich weiter über den Waldboden zu zerren.

Am Ende der modernen Kämpfe kommt noch einmal das geballte Japanertum zum Zuge, denn dann müssen sich die Judoka artig voreinander verbeugen, obwohl man ihren Gesichtern ansieht, dass sie dem Gegenüber viel lieber ein Samuraischwert über die Rübe hauen würden. Die neuzeitliche Version des Homo schulterwurfus wurde übriges im 19. Jahrhundert unter Mitwirkung eines Professors aus Bietigheim entwickelt. Wir legen Wert darauf, dass dieser niemals Mitglied unserer Fakultät war.

Wissenschaftliche Mitarbeit:

MATTI LIESKE

Fotohinweis:Holger Hirsch-Wurz, 33, ist ordentlicher Professor für Humanzoologie am Institut für Bewegungsexzentrik in Göttingen.

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