piwik no script img

Archiv-Artikel

zehn jahre taz-geschichte in nordrhein-westfalen – die serie. folge 10: 2006 – taz feiert nrw Mit Wolle und Manni gegen den Rest der Welt

Die Jahrhundert-Idee endet mit einem finanziellen Desaster: Zum 60-jährigen Landesjubiläum denkt sich die mittlerweile in Düsseldorf vereinigte taz nrw einen besonderen Gag aus. Bis zum Jahresende können Leserinnen und Leser die taz zum Dumping-Preis von 60 Euro abonnieren. Start der Kampagne ist der 8. August. Wer früh bucht, spart bis zu 60 Prozent des Originalpreises. Die Kundschaft ist begeistert und schlägt zu. Am Ende steht ein trotzdem dickes Minus. Niemand will die taz noch zum regulären Preis lesen.

Zumindest journalistisch wird die Kampagne ein voller Erfolg. „Die taz nrw beschenkt ihre LeserInnen mit berühmten Landsleuten, vergessenen Landschaften. Und umgekehrt“, heißt es in der Anmoderation zur Serie, die die Kampagne begleiten wird.

Ex-Landesvater Wolfgang Clement (SPD) fragt darin zum Auftakt: „Warum soll ich mich ändern?“ FDP-Politikerin Liselotte Funcke redet über ihre Zeit als erste NRW-Wirtschaftsministerin und Pionierin der Integrationspolitik. Und Sportreporter Heribert Faßbender bekennt freimütig: „Ich war immer parteilos.“ Weitere Stars der Serie sind die spät berufene NRW-Stadt Selfkant, der NS-belastete Düsseldorfer Industrieklub, die Kirchenkritikerin Uta Ranke Heinemann und WDR-Intendant a.D. Fritz Pleitgen.

Nebenbei findet im Bindestrichland auch noch die Fußball-WM statt. Wir kümmern uns um die Rechte kriminalisierter Fußballfans und durchleuchten das Rotlichtmilieu nach Zwangsprostitution. Für Stimmung sorgt Radioreporter Manni Breuckmann. In der taz nrw kritisiert er unter anderem Kommerz und Patriotismus: „Ich kann auch eine Mannschaft unterstützen, ohne die Hand aufs Herz zu legen.“ Tags darauf erscheint Breuckmann auf der Titelseite von Bild – als „Verlierer des Tages“. Der Boulevard fordert: „Dann bleib doch zu Hause, Manni!“. Er macht trotzdem weiter.

Wir übrigens auch. Wie lange noch, weiß zu dem Zeitpunkt niemand. Die Prognosen zum Jahreswechsel verheißen jedenfalls nichts Gutes. Dabei ist es nur noch ein Jahr bis zum Zehnjährigen... HOLGER PAULER