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Archiv-Artikel

zahl der woche Familie Mustermann macht Politik

Wie Ökosteuer Strom verteuert

Alles neu macht der Mai bekanntlich lange schon nicht mehr. Eigenheimförderung, Dosenpfand, Briefporto, Rauchverbote, Aktienbesteuerung oder Zigarettenpreise – der Januar ist’s, der uns Jahr für Jahr mit Neuerungen kommt.

Zum Beispiel mit der fünften Stufe der Ökosteuer-Reform. Durch die verteuert sich nicht nur Benzin um 3,07 Cent je Liter. Auch der Strom kostet ab jetzt 0,26 Cent mehr. Damit muss man nun für die Kilowattstunde 2,38 Cent bezahlen. Hinzu kommt ein höherer Aufschlag für erneuerbare Energien und die Kraft-Wärme-Kopplung. Im Schnitt wird Strom so um etwa einen halben Cent je Kilowattstunde teurer.

Was das für’s eigene Portemonnaie bedeutet, ist umstritten. Der Bund der Energieverbraucher BEV gibt die Mehrbelastung seiner Musterfamilie mit gut 3 Prozent oder 20 Euro im Jahr an. Die BEV-Musterfamilie ist dreiköpfig und verbraucht 3.500 Kilowattstunden jährlich. Dreiköpfig ist auch die Musterfamilie des Verbandes der Deutschen Elektrizitätswirtschaft VDEW. Und auch sie verbraucht 3.500 Kilowattstunden im Jahr. Allerdings muss die VDEW-Musterfamilie doppelt so viel wie die BEV-Musterfamilie bezahlen – nämlich über 40 Euro oder rund 6 Prozent mehr.

Die Rechnung der Energieverbraucher geht so: Konzessionsabgabe, Ökosteuer und Mehrwertsteuer machen 37 Prozent aus, jeweils 2 Prozent gehen für die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbaren Energien drauf. Den Mammutanteil mit 40 Prozent muss der Kunde der Industrie dafür bezahlen, dass der Strom bei ihm ankommt. Bleiben ganze 19 Prozent Rest, die der Strom in seiner Herstellung kostet. Zusammengefasst bedeutet das: 59 Prozent des Strompreises bekommt die Industrie.

41 Prozent kassiert der Staat, errechnet hingegen die Stromwirtschaft und schreit Skandal: Die Preissenkungen im Wettbewerb seit 1998 seien durch staatliche Sonderlasten aufgezehrt. Allerdings kommt auch die Stromindustrie zu dem Ergebnis, dass 59 Prozent an sie geht. Wie die Energieverbraucher.

Das gleiche Ergebnis. Unterschiedliche Preissteigerungen. Drei Prozent einerseits, sechs Prozent andererseits. Fragt sich, wie musterhaft die Familien sind, die von Industrie- und Verbraucherlobby ausgesucht wurden. Offenbar sind sie sehr politisch. NICK REIMER