zahl der woche : Unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg steigen die Managergehälter
Trostpflaster müssen wohl sein
Durchschnittlich vier Prozent haben die Vorstände der DAX-Konzerne im vergangenen Jahr mehr verdient als 2001. Nicht viel? Immerhin kommen sie damit im Schnitt auf 1,7 Millionen Euro. Die tariflichen Löhne und Gehälter stiegen in der gleichen Zeit nur um 2,7 Prozent. Nicht zu vergleichen? Unternehmenslenker tragen eine besondere Verantwortung, und „gute Leistung muss gut bezahlt werden“, wie nicht nur die Unternehmensberatung Kienbaum seit Jahren fordert?
Aber unbedingt! Nur: Worin misst sich „gute Leistung“? In der Steigerung des Unternehmenswerts? An der Börse haben die 30 Unternehmen im wichtigsten deutschen Index 2002 durchschnittlich 40 Prozent verloren. Oder im höheren Betriebsergebnis? Da wird es differenzierter. Was nicht heißt, dass der Zusammenhang zwischen Erfolg und Bezahlung transparenter würde.
Tatsächlich leistete sich nur jeder zweite DAX-Konzern höhere Gehälter für seine Vorstände – aber die langten oft gleich richtig zu. So konnten sich die obersten DaimlerChrysler-Manager um 131 Prozent mehr auf ihren Gehaltskonten freuen, obwohl die Aktie und damit der Börsenwert um 39 Prozent sanken. Sie verdienten 2002 3,91 Millionen Euro. Im Schnitt. Wie viel Konzernchef Jürgen Schrempp bekommt, bleibt ein wohlgehütetes Geheimnis. Für die Genehmigung dieses Zuschlags haben sich die Aufsichtsräte des Autokonzerns inzwischen selbst belohnt: Die einfachen Mitglieder stockten ihre Bezüge von 51.000 auf 75.000 Euro, Aufsichtsratschef Hilmar Kopper seine gleich von 102.000 auf 225.000 Euro auf. Kein Wunder, dass die Kleinaktionärsvertreter auf der Hauptversammlung diese Woche vor Wut in die Stühle bissen, als das Großkapital dazu brav nickte.
Immerhin ist der Gerechtigkeit halber festzuhalten, dass Schrempp & Co. zwar an der Börse kein Vertrauen fanden, im operativen Geschäft aber mit einem Betriebsgewinn von 5,8 Milliarden durchaus einen echten Erfolg aufzuweisen hatten.
Das ist nicht selbstverständlich, wie die Beispiele Commerzbank, Allianz, Deutsche Post, BASF und Infineon zeigen. Auch ihre Vorstandsmitglieder kassierten im letzten Jahr deutlich mehr: Inklusive Aktienoptionen stiegen ihre Vergütungen um 19 bis 33 Prozent. Verdient hatte das wohl niemand: Die Manager waren verantwortlich für Börsenwertverluste von 35 bis 68 Prozent – und für tiefrote Betriebsergebnisse.
Beinahe vorbildlich geht es dagegen bei Schering zu: Trotz eines dicken Betriebsgewinns schrumpften die Vorstandsbezüge um sage und schreibe 40 Prozent auf durchschnittliche 1,75 Millionen Euro. Und Vorstandschef Hubertus Erlen zeigte sich zuletzt so ehrlich, öffentlich zu machen, dass sein Anteil sogar mehr als 2,5 Millionen Euro beträgt. Damit gehört er zu den wenigen deutschen Topmanagern, die die Sollanforderung des so genannten Corporate Governance Kodex erfüllen, auch die Entlohnung der einzelnen Vorstände offen zu legen und so für mehr Transparenz gegenüber den Anteilseignern zu sorgen. Ganz so offen und so bescheiden sind auch bei Schering allerdings nicht alle: Dass Aufsichtsratschef Guiseppe Vita mit einem Jahressalär von 343.000 Euro der bestbezahlte Oberkontrolleur in Deutschland ist, erfährt man nicht vom Unternehmen, sondern aus einer Studie der Zeitschrift Capital und der Unternehmensberatung Towers Perrin.
BEATE WILLMS