zahl der woche: Klaus-Dieter Scheurle vervierfacht sein Gehalt
Weniger Druck für mehr Geld
Niemand hat im letzten Vierteljahr derart viel Geld in die bundesdeutsche Kasse eingezahlt, wie Klaus-Dieter Scheurle. Knapp 100.000.000.000 Deutsche Mark – in Worte einhundert Milliarden – trieb der Chef der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post bei den Versteigerungen der UMTS-Lizenzen ein. Man könnte meinen: Klar! Wer mit solchen Summen umgeht, verliert bald selbst die Relationen.
Oberregulierer Scheurle hat nun gekündigt. Zum Regulieren keine Lust mehr. Viel reizvoller ist es, die Investmentbank Credit Suisse zu beraten. Und natürlich lukrativer. Eine Nachrichtenagentur weiß zu berichten, dass Scheurle sein derzeitiges Jahresgehalt 2001 vervierfacht – auf dann eine Million Mark. Geldgieriger Sack, mag der dankbare Telefonkunde meinen. Schließlich sorgte Scheurles Arbeit dafür, dass wir heute günstiger telefonieren.
Doch damit tut man ihm unrecht. Nicht „mehr Geld“, sondern weniger „politischer Druck“ ist der Wechselgrund. Das ging schon vor zwei Jahren los: Gegen erhebliche Widerstände setzte der damals scheidende Bundespostminister Wolfgang Bötsch seinen persönlichen Referenten an die Spitze der Regulierungsbehörde. Der SPD-Bundestagsfraktion ging Scheurles Kurs der Marktöffnung nicht nur viel zu schnell, sondern auch viel zu weit. Angesichts seines CSU-Parteibuches fehlte es Scheurle an Unterstützung aus Berlin. Vom Wirtschaftsminister wurde er schlichtweg überstimmt, als er der Deutschen Post – auf dem Weg zum Börsengang – eine Portosenkung beim Standardbrief verdonnern wollte.
Nur die entstandenen Telekom-Konkurrenten – gestern schwer bestürzt – hatten Scheurle lieb. Wie dankbar wir ihm sein können, zeigte die Aktie des Exmonopolisten: Seit dem Rücktritt des gestrengen Regulierers legte Telekom um vier Prozent zu. NICK REIMER
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