piwik no script img

zahl der wocheDER BAUERNVERBAND MACHT VOR, WIE ES GEHT

Lang lebe die Ämterhäufung

„Viel Feind, viel Ehr“, mag sich der Naturschutzbund (Nabu) gesagt haben, als er eine Datenbank über die Lobby der Landwirtschaft in Auftrag gab. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung trug die Jobs und Nebenjobs von über 1.000 Agrarfunktionären zusammen.

Während die grünen Minister Renate Künast und Jürgen Trittin die neue Partnerschaft mit den Landwirten betonen, setzt Nabu-Geschäftsführer Gerd Billen auf Konfrontation. Durch die Datenbank fühlt er sich in seinem Feindbild bestätigt: „Sie offenbart, warum sich die Funktionäre oftmals gegen Interessen der eigenen Klientel entscheiden.“

Tatsächlich liest sich das Ergebnis eindrucksvoll. Der oberste Bauernfunktionär Gerd Sonnleitner legt kräftig vor: Gleich in 27 Verbänden und Unternehmen ist er der Datenbank zufolge vertreten. Nicht nur führt er den Bayerischen, den Deutschen sowie den Europäischen Bauernverband an, er leitet demnach auch drei Aufsichts- und zwei Verwaltungsräte, unter anderem bei einem Versicherungsmakler und dem Absatzförderungsfonds der Land- und Ernährungswirtschaft. Beliebt sind Verflechtungen mit Fleischverarbeitern sowie Futtermittelfirmen. Bauernverbandsvize Wilhelm Niemeyer ist neben seinem Posten im Fernsehrat des ZDF auch noch Aufsichtsratchef der CG Nordfleisch AG in Hamburg. Und Franz-Josef Möllers vom Präsidium des DBV, ist Aufsichtsratschef der Raiffeisen Central Genossenschaft Nordwest, einem der größten deutschen Mischfutterhersteller. Folglich war er lange gegen die offene Kennzeichnung von Futterinhalten, was angesichts von BSE eigentlich im Interesse jedes Landwirts sein sollte.

Das IÖW kommt zum Schluss, dass diese Verflechtung die Agrarwende blockiere. Die in der Bauernvertretung organisierten Interessen der Ernährungsindustrie führten zu einer auf Konzentration ausgerichteten Politik. Dem Naturlobbyisten Billen kommt es bei Bauernprotesten zuweilen so vor, als demonstrierten „die Besitzer von Tante-Emma-Läden für die Rechte der Supermärkte“.

MATTHIAS URBACH

Die Daten: www.nabu.de/landwirtschaft/datenbank.htm

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen