zahl der woche: Stromkonzern kauft Firma Nummer vier
RWE schluckt die britische Innogy
8,4 Milliarden Euro sind ein schöner Batzen Geld. Die RWE AG übernimmt für diesen Betrag das britische Stromversorgungsunternehmen Innogy. Ein großer Fisch, der den Essenern da ins Netz gegangen ist: Innogy ist auf dem britischen Markt führend. RWE steige damit zu den ganz Großen in der Branche auf, teilte das Unternehmen am Freitag in Essen mit, und werde zweitgrößter europäischer Stromerzeuger.
Doch in angelsächsischen Medien kommt auch leiser Spott auf, wenn die reichen deutschen Energiekonzerne auf Einkaufstour gehen – denn der Preis spielt anscheinend keine Rolle. Das freut die Aktionäre der aufgekauften Unternehmen. So zahlte die RWE für Thames Water eine Prämie von 40 Prozent, für die American Water Works 37 Prozent. Und nun zahlt RWE den Innogy-Aktionären immerhin 31 Prozent mehr als der Schlusskurs vom 15. Februar. Aus diesem fetten Plus ergibt sich der Kaufpreis für die Innogy: der Wert des gesamten Aktienkapitals von 5 Milliarden Euro zuzüglich der Nettoverschuldung von 3,4 Milliarden Euro.
Doch ein Plus auf der einen Seite bedeutet auch immer ein Minus auf der anderen: Zu den Verlierern dieses Coups gehören die RWE-Aktionäre – vor allem die Städte und Gemeinden, sowie Banken, die ja nicht gerade in Geld schwimmen. Immerhin halten sie einen Anteil von rund 40 Prozent und zahlen so indirekt mit, wenn „ihre“ Firma mehr Bargeld ausgibt, als sie an Gegenwert bekommt. Aber das scheint bei den RWE-Aktionären keinen zu stören.
Damit hat der Essener Energiekonzern innerhalb kürzester Zeit vier Firmen geschluckt – die jüngste Akquisition war im Januar der Kauf des tschechischen Konzerns Transgas für 4,1 Milliarden Euro. Nach den Übernahmen der letzten Jahre ist die Einkaufstour auf den Global Fields of Capitalism wohl fürs Erste beendet. Laut Klaus Sturany, RWE-Finanzvorstand, wird es auf absehbare Zeit „keine größeren Akquisitionen geben“, die vier Gänge wollen erst einmal verdaut sein.
Gut Ding braucht eben Weile. So ein Unternehmen wie die Innogy muss ja auch erfolgreich in die RWE-Strukturen integriert werden. Von dem Verwaltungsaufwand, den eine Übernahme mit sich zieht, mal ganz abgesehen: Auch die unterschiedlichen Firmenphilosophien erfordern eine Abstimmung. Rheinischer oder angelsächsischer Kapitalismus? Ost-West-Kulturkampf? Interner Klüngel?
Es bleibt abzuwarten, wie die Engländer mit dem System der „Danke-schön-Leistungen“ zurechtkommen: Schließlich ist RWE mit 50 Prozent an der Kölner Müll- & Schmiergeldfirma Trienekens beteiligt. Aber die immer noch gut gefüllte Kriegskasse aus alten Strommonopolzeiten wird es schon richten.
ANNE HERZLIEB
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