piwik no script img

wortwechselWarum man keinen Tesla kaufen sollte

Le­se­r*in­nen reagieren mit Unverständnis, Irritation und Protest auf einen Pro-Tesla-Artikel. Konsumkritik ist wichtig und meinungsbildend, ist das Fazit der Briefe

Die Entscheidung, einen Tesla zu kaufen, hat eine politische Dimension Foto: Paul Langrock

„Warum ich mir trotz allem einen Tesla kaufe“, taz vom 12. 3. 25

Zu einfache Rechtfertigung?

Wir leben hoffentlich noch sehr lange in einem freien Land, und je­de*r hat die Freiheit, sehr viele Dinge zu sagen, kaufen oder tun, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Insofern können Sie gerne einen Tesla kaufen.

Ihre lange Rechtfertigung allerdings klingt doch ziemlich stark nach „Ich mach mir meine Welt, wie sie mir gefällt“, und „Hauptsache, ich kann machen, was mir bequem ist, und baue die entsprechenden moralischen Argumente dazu“. Frei nach dem Motto, dass die anderen auch schon mal Dreck bei Alibaba oder anderen Unternehmen gekauft haben. „So, da habt ihr es! Bäm! Und ich bin jetzt fein raus. Hm!“

Machen Sie es sich nicht ein bisschen zu einfach damit? Öffentlich in einer Zeitung dargelegt, ist das Ganze zusätzlich Blaupause für die eine oder andere, eine ähnliche Haltung einzunehmen. Zeitung kann im Positiven, aber auch Negativen meinungsbildend sein.

Steffi Bachem, Freiburg

Ist das taz-Meinung?

Jeder hat das Recht, sich zu verlieben, auch in Verbrecher. Passiert öfter. Dass dieser ­Verbrecher Putin unterstützt und damit die Idee der eurasischen Vorherrschaft Russlands in ganz Europa, geschenkt. Dass diese Ansichten in der taz wiedergegeben ­werden, ist beschämend für das Blatt, aber es herrscht Pressefreiheit. Jede Zeitung kann kommentieren lassen, wen sie will. Die taz muss nur damit leben, dass dies auch als ihre Meinung angesehen wird, da die taz ihre Kommentatoren aussucht.

Martin Pelcher, Dresden

Dieser Artikel ist so was von unlogisch, pseudo-edgy und vollkommen deplatziert. Das solltet ihr besser wissen. Produkte von AfD- und Nazi-Sympathisanten schönreden? Zitat „Der Tesla funk­tioniert halt so gut“? Geht’s noch?! Ganz ehrlich, was motiviert euch, das zu veröffentlichen? Angst, als zu „klischee-links“ angesehen zu werden? Ultra-schwach. Seid bitte so stark und erkennt so eindeutigen Bullshit. So schwer ist es nicht, bei solch einer Kaufentscheidung falsch und richtig auseinanderzuhalten. Fabian Drung, Berlin

Gesellschaftspolitisches Problem?

Konsumentscheidungen sind mitunter sehr wirksame politische Handlungen, zu denen wir uns viel zu selten verabreden. Wir sehen gerade am Beispiel Tesla, welche Wirkmacht sich daraus ergibt. Die Verfasserin entscheidet sich für einen Tesla und hat keinerlei Konsequenzen daraus zu befürchten, außer: sie kommt damit in ihrer Blase nicht gut an. Anstatt dies als Konsequenz einer privaten Entscheidung hinzunehmen, konstruiert sie ein gesellschaftspolitisches „Problem“, wenn andere Konsumenten dafür eintreten, die politische Dimension ihrer Kaufentscheidungen zu nutzen. Sie bläst ihr Unwohlsein zu einem vermeintlichen Politikum auf; das passt schlecht zu ihrer unpolitischen Entscheidung sich „wie ein kleines Kind über ihr Auto freuen zu wollen“. Warum nicht einfach „klarkommen“?!

Ursula Hesse von den Steinen, Berlin

Billige Argumentation

Liebe taz, was hat euch denn geritten, dass ihr eine ganze Seite für Tesla-Werbung verschwendet? Folgte man dieser naiv kindischen Argumentation der Autorin, müsste man jegliche Konsumkritik unterlassen, müsste man Kreuzfahrten, Atomkraftwerke, Benziner, Kohleverbrennung etc. pp. schweigend hinnehmen und ruhigen Gewissens gemeinsam in den Abgrund der Klimakatastrophe schlittern, denn keinem von uns ist es möglich, unabhängig in den Wäldern zu existieren. Die Autorin greift hier eine billige Argumentation auf, um ihr Gewissen abzuwürgen, denn sie will ja ihren Spaß haben. Soll sie, aber dann bitte nicht öffentlich im Rundumschlag gegen ernst zu nehmende Konsumkritiker, wenn man so gar nicht verstanden hat, was Konsum­kritik bewirken kann und welche Macht der ­Verbraucher hat. Michaela Challal, Kassel

Verpasste Gelegenheit

Klaudia kauft jetzt einen Tesla. (Gratuliere zu der Kohle!) Und provoziert Fragen und Widerspruch. Toll!

Ja, wer lebt, konsumiert, wenn er/sie nicht „auf den ­Bäumen alles selbst macht“. Und ja, andere Anbieter haben auch ­einen bösen Hintergrund. Trotzdem eine verpasste ­Gelegenheit, mit vielen zusammen ein Zeichen zu ­setzen. Da sind sogar bürger­liche ­Normalos schlauer. Drop your ­what­aboutism, ­Klaudia!

Georg-Michael Wentzler, Bremen

Totschlagargument gegen jede Kritik

Interessant finden wir die Feststellung, dass Kritik an – in diesem Fall Konsumverhalten – als scheinheilig bezeichnet wird, solange die Kritisierenden nicht 100-prozentig konsequent der Kritik folgend leben. Mit diesem Totschlagargument kann jede Kritik erstickt werden. Dieser Logik folgend darf niemand gegen die Abholzung des Hambacher Forsts sein, der/die Strom aus dem öffentlichen Netz nutzt, niemand darf gegen Massentierhaltung sein, die/der nicht vegan lebt. Vor ein paar Jahren wurden Kli­maak­ti­vis­t*in­nen einem Shitstorm ausgesetzt, weil sie es gewagt hatten, eine Flugreise zu unternehmen.

Dass sich Re­dak­teu­r*in­nen der taz auf dieses Niveau begeben, finden wir enttäuschend, das passt eher zur rechten und liberalen Presse, die sich hinter dem Mäntelchen der Inkonsequenz ihrer Geg­ne­r*in­nen versteckt und so jede Kritik diskreditiert. In unserer Jugend gab es einen Sticker der Jungen Union „Atomkraftgegner überwintern / bei Nacht mit kaltem Hintern“. Ist die taz jetzt schon so tief gesunken?

Babsch Spengler + Kerstin Reumke, Ebsdorfergrund

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen