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wortwechselDer Reiz des autonomen Autofahrens

Autos müssen raus aus der Stadt, das finden auch die taz-LeserInnen. Gibt es verlässliche Alternativen für den urbanen Verkehr? AntiimperalistInnen gegen Antideutsche in der taz?

Verkehrsregeln

„Autonom bis vier Grad Celsius“,

wochentaz vom 4.–10. 11. 23

Wie gehen wir mit automatisierten Fahrzeugen um, „die den Verkehr blockieren, weil sie eine Verkehrsregel brechen müssten, um beispielsweise ein Hindernis zu umfahren“? Man muss sich nicht auf Durkheim berufen, um zu ­begründen, warum der alltägliche Normbruch eine es­sen­ziel­le Funktion für unser Zusammenleben hat. Natürlich werden automatisierte Fahrzeuge (hoffentlich) nicht den Regelbruch erlernen. Aber sie werden neue Aushandlungsprozesse in Gang setzen, auf die wir vorbereitet sein sollten. Wenn eine Regel die Fahrzeuge bestimmte Orte nicht mehr passieren lässt, setzt das die Regel unter Druck – oder es führt dazu, dass Flächenverteilung im öffentlichen Raum mit ungewissem Ausgang neu ­verhandelt wird.

Birger Dölling, Berlin

Computerentscheidung

„Autonom bis vier Grad Celsius“,

wochentaz vom 28. 10.–3. 11. 23

„Denn der Beipackzettel des Herstellers ist lang: Unter anderem Tunnel, Baustellen, Dachgepäckträger, Regen, Dunkelheit oder niedrige Temperaturen – Berichten zufolge unter vier Grad Celsius.“ Klingt, als ob man das die meiste Zeit in Deutschland nicht nutzen kann. Dann wüsste ich noch mehr: Laub, Sand/Dreck oder Schnee auf der Straße, hingewehte oder gefallene Äste, teilweise runtergeranzte Straßenmarkierungen oder gar keine. Es soll Länder und Straßen außerhalb von Deutschland geben, die nicht bemalt sind! Ist die Fahrbahn mal mit großen Pfützen bedeckt oder teilüberschwemmt, bleibt das Autoauto stehen und blockiert alles wegen zwei Zentimetern Wasser. Nachts noch schlimmer. Und je mehr man fahren lässt, desto weniger Übung hat man und baut in der Selbstfahrzeit mehr Unfälle. Dieser Effekt wird garantiert nicht bei der euphorischen Betrachtung berücksichtigt. Assistenten sind okay, aber dass Computer die Entscheidungen übernehmen, finde ich sehr gefährlich.

Mitch Miller auf taz.de

Parkraum

„Der Haken ist bei uns im Kopf“,

wochentaz vom 4.–10. 11. 23

Herr Knie sagt im Interview: „Wenn wir autonome Fahrzeuge als Robotaxi im ­Poolingsystem fahren lassen, dann könnten wir ganz bequem mit maximal einem Fünftel der aktuellen Fahrzeuge auskommen.“

Aber was hat das mit autonomem Fahren zu tun? Nichts. Man könnte heute schon Sammeltaxis organisieren, aber das wollen die Autofahrer offensichtlich nicht, sonst würden es die Städte oder clevere Firmen doch längst anbieten. Und Knie weiter: „Die Politik muss dafür sorgen, dass diese Fahrzeuge nicht mehr im öffentlichen Raum herumstehen.“ Das ist der entscheidende Punkt! Die Städte könnten ohne Probleme den öffentlichen Parkraum verknappen. Warum tun sie es nicht? Weil sie die Proteststürme der Autofahrer fürchten. Aber was hat das mit dem autonomen Fahren zu tun? Auch nichts.

Georg Fladt-Stähle, Leipzig

Entmenschlichung

„Das Vertrauen in die Welt ist wieder erschüttert“,

wochentaz vom 28. 10.–3. 11. 23

Ich möchte mich für die Offenheit in Ihrem Text und die Teilhabe an Ihren Gedanken und Gefühlen zum Antisemitismus und dazu, wie einige im „Kultur­betrieb“ und der „Linken“ seit dem Pogrom vom 7. 10. 2023 damit umgehen, bedanken, Frau Zingher! Ich möchte Ihnen mein Mitgefühl über die erneute Entmenschlichung zum Ausdruck bringen, dass Sie mit der Schwere der Unmenschlichkeit belastet wurden! Ich schäme mich für einige im Kulturbetrieb und der Linken, dass sie nicht in der Lage sind, das Pogrom der Hamas als solches zu nennen! Die Hamas ist diejenige, die an keiner Lösung in Nahost interessiert ist, die sich auch nicht für die jetzt leidenden Menschen in Palästina interessiert!

Peter Oedinger, Korschenbroich

Postkolonial

„Der Antisemitismus der Progressiven“,

wochentaz vom 4.–10. 11. 23

Trotz langjähriger berufsbedingter Auseinandersetzung mit postkolonialen Theorien hat Ulrich Gutmair mir Neues beigebracht – dass Slavoj Žižek und Judith Butler zu ihren führenden Ver­tre­te­r*in­nen gehören, muss mir bislang entgangen sein. Ansonsten reproduziert er leider nur die provinziellen links­deutschen Antagonismen seiner/meiner Generation – Antiimperialist*innen (böse) gegen Antideutsche (gut). Können wir in unserer Betroffenheit keine Ambivalenzen ertragen, wie sie, von Shahak Shapira formuliert, am Samstag zuvor in der taz standen? („Palästinenser:innen sind nicht die Hamas. […] Juden sind keine White ­Supremacists. Die Hamas ist eine Terrororganisation. Sie steht dem Frieden im Weg. Siedlungen sind schlecht und stehen dem Frieden im Weg.“) Falls, wie in Gutmairs Text, solche „Kontextualisierung“ für Linksliberale um taz und Co zum Schimpfwort avanciert, wird mir noch mehr angst und bange als ohnehin schon.

Sebastian Berg, Bochum

Israel

„Der Antisemitismus der Progressiven“,

wochentaz vom 4.–10. 11. 23

Es ist ein Leichtes, gerade im Augenblick, alle Menschen, die Kritik an der nationalistischen Politik des Staats Israel äußern, mit den Attributen des „Antisemitismus“ zu belegen oder sie der Unterstützung der grauenvollen Politik der Hamas zu beschuldigen. Ich empfehle dem Autor wärmstens, sich den im September 2023 publizierten Dialog zweier israelischer Wissenschaftler (Moshe Zimmermann/Moshe Zuckermann, „Denk ich an Deutschland …“) anzusehen, der sich tiefer gehend mit dem Thema – Kritik an israelischer Politik = Antisemitismus – auseinandersetzt. Eventuell stellt er dann seine eigene, anscheinend so sichere Position noch einmal etwas infrage.

Roswitha Schweichel, Konstanz

Zweite Reihe

„Der Antisemitismus der Progressiven“,

wochentaz vom 4.–10. 11. 23

Ob es „dem Postkolonialismus“ gerecht wird, wenn ich zugewanderte JüdInnen gegen vertriebene PalästinenserInnen aufrechne, weiß ich nicht. Allerdings habe ich gesehen, dass Frau Baerbock sich beim ersten Friedensgipfel in Kairo redlich und bestimmt um Krisen­management bemühte – und dennoch beim Gruppenbild mit Herrn Guterres in dieser Weltregion nur in der zweiten Reihe stand. Was Markus Söder nicht hinderte, zeitgleich die Entlassung grüner MinisterInnen zu fordern, die ihr Geld nicht wert seien.

Werner Schottenloher, Regensburg

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