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wortwechselLebensklug mit Ferienjob? Macht fit für Ausbeutung?

Die einen fahren in Urlaub, die anderen malochen in Ferienjobs? Eine Frage der Herkunfts­familie? Jugendliche verdienen sich ihr erstes Geld – gut so? Oder verlorene Ferienzeit?

„Ferienjobs sind nicht mehr als verlorene Lebenszeit“, taz vom 18. 8. 23

Weg von der Playstation!

Sehr geehrter Herr Ağar, ich habe auch gearbeitet. In einer Bäckerei geputzt und das Gemeindeblättchen ausgetragen. Ein Jahr lang wöchentlich. Von nix kommt halt nix. Nach dem Wegfall von Bundeswehr und Zivildienst müssen die Jugendlichen doch gar nichts mehr tun. Kaum ein junger Mensch denkt daran, ein Ehrenamt auszuüben. Überall sind offene Stellen, aber niemand will in die Gastro oder in die Pflege. Die Kids von heute wollen nicht arbeiten. Sie wollen Influencer werden oder gleich Chef. Es würde ihnen nicht schaden, einen Ferienjob anzunehmen. Sie reden von verlorenen Wochen. Es sind eher verlorene Jahre, die die Kids mit der Playstation verbringen.

Anja Damnig, Kornwestheim

Ich kann ihren Kommentar absolut nicht nachvollziehen. Wir waren 4 Kinder, und ich habe früh angefangen zu arbeiten und das selbst verdiente Geld schätzen gelernt. So konnte ich mir dann mal Dinge leisten, für die ich sonst kein Geld von meinen Eltern bekommen hätte. Nur durch den Ferienjob konnte ich damals (1984) zusammen mit meinen Freunden nach Spanien zum Zelten fahren. Und da ich mehrere Jahre in den Ferien bei einem Sanitärinstallationsbetrieb gearbeitet habe, kann ich heute noch flexen, bohren, Fliesen aufstemmen, tropfende Wasserhähne und Spülkästen reparieren. Das war echtes Lernen für’s Leben! Wogegen ich viele Dinge aus dem Abitur nie wieder gebraucht habe. Stephan Thomann, Cloppenburg

Für mich war Ferienarbeit der Anlass, die Vorzüge von Schule wertzuschätzen; ohne Einblick in echte Arbeit hätte ich wohl die Schule geschmissen.

Name ist der Redaktion bekannt

Kinderausbeutung

In der letzten Woche vor ihren Sommerferien haben Schülerinnen und Schüler der Janusz-Korczak-Gesamtschule Neuss fair gehandelte Rosen in der Neusser Innenstadt verteilt. Mit den Spenden wird ein Terre des hommes Projekt unterstützt: 160 Millionen Kinder müssen weltweit arbeiten und können somit nicht zur Schule gehen. Mehr als die Hälfte von ihnen ist in einer ausbeuterischen Arbeit beschäftigt. In so vielen Produkten kann Kinderarbeit drinstecken: Mode, Grabsteine, Schokolade, Kaffee, Tee, Gewürze, T-Shirts. Die Schülerinnen und Schüler bekamen große Zustimmung für ihre Aktion sowie Spenden für Kinder in Not. Ausbeuterische Kinderarbeit ist weltweit verboten. Erwachsene verdienen aber nur Hungerlöhne, so dass Kinder mitarbeiten müssen.

Kinder aus armen Familien haben keine Lobby. Terre des hommes ermöglicht ihnen eine Schul- und Berufsausbildung. Regierungen müssen in gute Bildung für Kinder aus armen Familien investieren, die gesetzlichen Mindestlöhne für Erwachsene erhöhen und Arbeitgeber in Risikobranchen stärker kontrollieren. Gerd Faruß, Düsseldorf/Neuss

„In Fabrik oder Gastro: Ferienjobs sollten verboten werden“, taz.de vom 18. 8. 23

Und taz.de schreibt …

Ich bin 1964er Jahrgang und hatte meinen ersten Ferienjob mit 9 Jahren. Die Arbeit war zu anstrengend für mein Alter (zum Beispiel Stühle und Tische schleppen in einer Schule). Aber meine Mutter war alleinerziehend, mein Vater zahlte nur selten mal Unterhalt und meine Mutter verdiente zu wenig. Das Geld, welches ich verdiente, ging für mich drauf, aber nicht für „Luxus“, sondern für Schulbücher und dringende Sachen. Das Schlimmste nach den Ferien war der Aufsatz, was man in den Ferien gemacht hatte.

So war das jedes Jahr bis zum Ende meiner Schulzeit. Es war ganz sicher keine schöne Zeit, und ich habe keine schönen Erinnerungen daran. Kein Geld zu haben und als Kind arbeiten zu müssen hat nichts Romantisches, und man sollte das nicht schön reden. Ja, ich habe sehr früh gelernt, dass man für Geld arbeiten muss. Aber als Kind ist es schlimm. Mit 15 zu jobben, um sich dann was zu leisten (Moped, Urlaubsreise) ist natürlich völlig ok und was ganz anderes. Cordyceps auf taz.de

In der DDR …

Ich bin in der DDR groß geworden. Während der Schulzeit gab es Schulfächer wie Einführung in die sozialistische Produktion, Technisches Zeichnen und Produktiv Arbeiten. In letztgenanntem Schulfach war man einen ganzen Tag in einer Fabrik (alle 2 Wochen) und lernte zu arbeiten. Dafür gab es keine Bezahlung. Es war trotzdem sinnvoll, weil man mitten im Leben war.

In den Ferien hat man sich automatisch Jobs gesucht, die zu einem passten und bei denen man gut Geld verdiente. Im Sommer durfte man maximal drei Wochen arbeiten, im Winter maximal zwei. Ich habe dadurch sehr viel gelernt. Und ja, auch ich hätte mir gewünscht, das verdiente Geld zum Reisen einzusetzen, aber das war in der DDR ein begrenztes Vorhaben. Tilogay auf taz.de

„Das Geld war ein Segen“

Als ich 15 war, habe ich bei einem Elektriker in den Sommerferien gutes Geld verdient. Wir waren das, was man heute „arm“ nennt, Urlaub war eh ein Fremdwort. Das Geld war für mich ein Segen, ich konnte mir ein Fahrrad dafür kaufen. Ich war total dankbar für diesen Nebenjob, auch weil er mir wichtige Einblicke ins Berufsleben gegeben hat. Und, mein Gott, was ist schlimm daran, wenn man mit 15 oder 16 ein paar Stunden arbeitet?

Rudi Hamm

Das Selbstverständliche

Volkan Agar hat einen drastisch provozierenden Kommentar geschrieben – der inhaltsreich und differenziert diese Provokation zu Gedanken führt, die uns das mal Gewünschte, das von uns oft wie selbstverständlich Unbeachtete wieder als etwas Richtiges vor Augen führen. Ob Volkan Agar wirklich die Ferienjobs verboten sehen will? Ich möchte das auch nicht. Aber lasse gern seine Gedanken auf mich wirken. Moon auf taz.de

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