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wortwechselFürsorge – muss immer die Kirche einspringen?

Es bleiben Leerstellen der subjektiven Wahrnehmung im alten und neuen Ost-West-Diskurs über die DDR. Trotz Kritik: Die Kirche füllt staatliche Leerstellen der Fürsorge

Ost-West-Diskurs

„Leerstelle im Ost-Diskurs. Darf man über die DDR Gutes schreiben?“,

wochentaz vom 3. 6. 23

Fakt ist, dass, wer immer schreibt, das mit dem Raster der eigenen Wahrnehmung tut. Da liegen dann auch die Leerstellen gut verborgen. Der Autor schreibt, dass „doch einige Hunderttausend, so zynisch es klingt, von der Diktatur des Proletariats karrieremäßig profitiert haben“. Was seine Interpretation eines Bildungssystems ist, das immerhin in den 70ern als Blaupause für das erfolgreich weiterentwickelte finnische Bildungswesen diente. Ein Bildungssystem, das bei aller Indoktrination in erheblichem Maße durchlässiger war als das dann übergestülpte selektive Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland, dessen Mängel seit Jahrzehnten von OECD-Studien bescheinigt werden. Insbesondere, dass es Kinder eher nicht nach ihren Begabungen fördert, sondern konstant nach ihrer Herkunft. Ich kann mich gut erinnern, wie die Minderheitsgesellschaft witzelte, dass Wessis 13 Jahre zum Abitur brauchten, weil im zusätzlichen Jahr Selbstdarstellung trainiert werden müsse. Ja, die DDR war eine Diktatur von Funktionären, von Demokratie war wenig zu bemerken. Demonstrationen wurden niedergeknüppelt, gegebenenfalls mit Panzern gewaltsam aufgelöst. Jetzt lebe ich in einer Demokratie, die hart zu kämpfen hat, die Interessen der Mehrheit von Menschen gegen die von Minderheiten mit nahezu allmächtigen, finanzstarken Lobbystrukturen zu verteidigen. Die Klimakrise wurde bis vor 30 Jahren von beiden Systemen befördert. Jetzt werden junge Menschen, die für die Einhaltung eines Paragrafen des Grundgesetzes gewaltfreien Widerstand leisten, in Verhinderungshaft genommen oder zu absolut unverhältnismäßigen Gefängnisstrafen ohne Bewährung verurteilt. Ich wüsste allerdings auch jetzt nicht, wohin ich meinen Ausreiseantrag stellen sollte. Elke Schilling, Initiatorin Silbernetz e.V., Berlin

Solidarität – für wen?

„Sexualisierte Gewalt und das Wagnis, zu sprechen“. wochentaz vom 3. 6. 23

Vielen Dank für diese Worte. Aus meiner Sicht als Nichtjournalistin gehen Männer sehr viel subtiler als in vergangenen Jahrzehnten vor. Sie diskreditieren, unterstellen, alles unter der Beleidigungsgrenze, und können sich zugleich gewiss sein, ihr Handeln löst allerhöchstens kurzfristige Irritationen bei anderen anwesenden oder im weiteren Sinne beteiligten Personen aus. Ergebnis: Es geht weiter wie gehabt. Meine Hypothese ist, die betreffenden Männer befinden sich in einem Konflikt mit der betreffenden Frau, sind aber nicht in der Lage darüber zu sprechen oder in den Austausch zu gehen. Das ist offenbar zu viel erwartet. Stattdessen wählen sie den Weg der Diskreditierung in mehr oder minder öffentlichen Versammlungen. Aus meiner Sicht ist es ihr Weg, ihren Selbstwert und ihre Dominanz wiederherzustellen. In linken Zusammenhängen wird gerne über Solidarität gesprochen … Die kommt auch zum Ausdruck, aber vorher finden Selektionsprozesse statt, wem überhaupt Solidarität gebührt.

Name ist der Redaktion bekannt

Feiertage – für was?

„Die evangelische Kirche ist mit Privilegien ausgerüstet, die ihr bei Lichte besehen kaum mehr zustehen“,

wochentaz vom 3. 6. 23

Ich teile die Einschätzung über das hohe gesellschaftliche Engagement der Kirchen in diakonischen Kontexten (Flüchtlingsthemen) und für Schutzräume in politischen Zusammenhängen. Ich schätze die „Privilegien“ der Sendezeiten in Radio und Fernsehen als große Chance ein, genau diese gesellschaftlich relevante christliche Haltung zu verstärken. Die Übernahme von diakonischen Einrichtungen (Altenpflege, Krankenhäuser, Kitas) durch die Kirche ist eine unverzichtbare Unterstützung des Staates, der für diese große Aufgabe auf freie Träger angewiesen ist. Zur Kostenübernahme ist der Staat im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips verpflichtet. Hier von „pampern“ zu sprechen, kommt einer Verkennung der Wirklichkeit nahe. Die gesetzlich vom Staat festgelegte Karfreitagsruhe abzuschaffen, würde konsequenterweise auch den entsprechenden kirchlichen Feiertag abschaffen. Meine Frage wäre: Was soll an die Stelle eines inspirierenden „Worts zum Sonntag“ treten?

Antje Marklein, Ronnenberg

Auch wenn die großen Kirchen heute mit zu den Verteidigern des arbeitsfreien Sonntags gehören (sich für ihr eigenes Personal aber nicht unbedingt daran halten), war und ist er doch vor allem eine der großen Errungenschaften der Gewerkschaften und somit auch der linken Kräfte in unserer Republik. Und ein arbeitsfreier Sonntag muss eben auch für Verkäuferinnen und Verkäufer gelten, sonst geht sein Sinn verloren. Michael Ecker, Ravensburg

Danke, Winfried Wolf

„Herz und Hirn. Nachruf Winfried Wolf“, kon­text:­wo­chen­zei­tung vom 24. 5. 23

Egal, ob in der taz oder in der wochenzeitung kontext, Winfried Wolfs Artikel – insbesondere zur Verkehrswende und zu S 21 – werde ich nicht vergessen. Er war ein wahrhaft aufrechter und unabhängiger Sozialist, der ohne Scheuklappen die Versäumnisse und Ungerechtigkeiten auf dieser Welt beim Namen genannt hat. Hätten nur die Bahnoberen und der Verkehrsminister, aber auch die Dogmatiker in den diversen linken Parteien auf ihn gehört, die Welt sähe anders aus. Er fehlt!

Heinz Schönberger, Kempten

Danke, Martin Reichert

„Unser Kollege Martin Reichert ist tot. Wir erinnern an sein Lächeln, seine Texte, seine Freundschaft“,

wochentaz vom 3. 6. 23

Liebe große Familie der taz, Sie alle sind von dem traurigen Tod von Martin Reichert betroffen. Das gilt auch für uns, die wir der taz teilweise schon seit den Anfängen eng verbunden sind. Ich habe Martin Reichert – als Abonnent und Mitglied der Genossenschaft – persönlich leider nicht gekannt. Ich bin ihm aber in seinen Texten und wichtigen Beiträgen wie auch seinem Engagement für die taz begegnet. Mich berührt, mit welcher Sensibilität und Einfühlung Sie Martin Reichert in dieser wochentaz Raum gegeben haben und wie die zahlreichen persönlichen Annäherungen seiner Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde in Ihrer Sammlung von Erinnerungen in „Der mit dem leisen Lächeln“ ein wenig davon spürbar und ja auch nachvollziehbar machen, in welchem Umfeld Martin Reichert gelebt, gearbeitet und im besten Sinne wohl auch in der Gemeinschaft der Gleichen mental und existenziell integriert war. Es dokumentiert in einer beispiellosen Form die Trauer für einen geliebten Menschen, die dieser Abschied für ein Medium wie die taz bedeutet. Ich danke allen Verantwortlichen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die außerordentliche Würdigung.

Andreas Vowinckel

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