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wortwechselKapitalismus in der Krise

Wie kann ein Systemwechsel in Deutschland aussehen? Das Bürgergeld soll vor hohen Preissteigerungen schützen und an die bevorstehende Inflationsrate angepasst werden

„Entschuldigung, da muss ich rangehen“  Foto: imago

Friedensgespräche

„Guter Griff zum Telefonhörer“,

taz vom 14. 9. 22

Dass Olaf Scholz immer wieder das Gespräch mit Putin sucht, ist gut – aber jetzt kämpft Putin zu Hause ums Überleben. Kein wirklich guter Zeitpunkt, um Friedensgespräche zu beginnen, in der Phase einer militärischen Schwächeperiode. Putin braucht einen militärischen Sieg – für sein Ego –, sonst nichts. Der Frieden beginnt nach dem Ende der Putin-Ära.

Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg

Renditegrenze

„Weg mit den Übergewinnen“,

taz vom 2. 9. 22

Danke für die sehr anschauliche Erklärung und Analyse der Preisexplosion insbesondere bei Strom! Was noch fehlt, ist eine klare Definition von „Übergewinn“, insbesondere hinsichtlich der viel zitierten Probleme mit dem Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung, der das Abschöpfen exorbitanter Gewinne angeblich so schwer macht: Wie wäre es denn, wenn man – am besten verankert in der Verfassung – eine allgemein gültige Rendite­grenze einführen würde, über der Gewinne zu hundert Prozent versteuert würden? Damit würden alle gleich behandelt und der Anreiz wegfallen, extrem hohe Gewinne zu erwirtschaften. Außerdem würde das den Druck auf Ar­beit­neh­me­r:in­nen und vermutlich auch den Energieverbrauch und Inflation reduzieren, da es sich nicht mehr lohnt, noch mehr aus Mensch und Natur herauszupressen. Sie könnte auch ein guter Einstieg in ein nachhaltigeres Wirtschaftssystem werden, das wir dringend brauchen.

Werner Behrendt, Oldendorf

Energiewende

„100 Milliarden für den Klimaschutz“,

taz vom 14. 9. 22

Warum können wir in wenigen Monaten Terminals für den Import für Flüssig­erdgas und Frackinggas finanzieren, planen, genehmigen und bauen, während alleine die Planung und Genehmigung von Windrädern immer noch Jahre dauert? Im Vergleich zu Erdgas und Fracking ist Windkraft die erheblich nachhaltigere und auch preisgünstigere Alternative der Energiegewinnung. Es ist beschämend, dass der Windkraft-Ausbau im 1. Halbjahr 2022 bundesweit stagnierte und die Zahl der Genehmigungen im Halbjahresvergleich sogar rückläufig war. Wie viele Katastrophenmeldungen muss es noch geben, bis wir endlich eine „Zeitenwende“ zum Schutz unserer Umwelt angehen?

Kurt Lennartz, Aachen

Armutsrisiko

„Habeck hat recht“, taz vom 7. 9. 22

Normal beschäftigte Bürger können Habecks Ideen positiv finden – ein Freiberufler im reglementierten Gesundheitsmarkt kann das leider nicht. Bäcker machen Brötchen teurer, um Mehrkosten umzulegen, oder einfach mal zu – Arzneimittel unterliegen dem Versorgungsauftrag und haben gesetzlich festgelegte Preise. Deren Spanne soll nicht erhöht, sondern reduziert werden – trotz steigender Kosten. Wie können wir dann unserem gesetzlichen Versorgungsauftrag weiter nachkommen? Klaus Mellis, Krefeld

Regelsätze

„Wie viel Bürgergeld darf ’s sein?“,

taz vom 13. 9. 22

Bei den Regelsätzen für das neue Bürgergeld wird von Arbeitsminister Hubert Heil ein Regelsatz von 502,00 Euro vorgeschlagen. Grundsätzlich ist hier, dass der Arbeitsminister nur für arbeitsfähige Personen zuständig ist. Es wird nirgends berücksichtigt, dass das Bürgergeld und die Regelsätze auch bei der Grundsicherung für Erwerbsunfähige und bei Rentnern mit niedrigem Einkommen zur Anwendung kommt. Auch die Wohlfahrtsverbände stellen dieses nicht eindeutig hervor. Bei den Sanktionen geht es um arbeitsfähige Personen und hier ist der Arbeitsminister zuständig. Neue Regelsätze für die Grundsicherung von Erwerbsunfähigen und Rentnern festzulegen liegt nicht im Aufgabenbereich des Arbeitsministers. Ein Erwerbsunfähiger oder Rentner hat kaum die Möglichkeit, durch Hinzuverdienst seine Regelsätze aufzustocken. Die Regelsätze sollten hier auf jeden Fall getrennt ermittelt werden.

Burkhard Holzer, Hamm

Systemwechsel

„Radikale Veränderung oder Untergang“,

taz vom 15. 9. 22

Hallo Herr Seeßlen, vielen Dank für die pointierte gute Beschreibung der derzeitigen politisch-sozialen Situation. Doch auch Sie waren nicht mutig genug zu schreiben, was Überwindung des Kapitalismus bedeutet – Schluss mit Privatisierungen von Gemeingut, Überwindung des Egoismus als positiver Wertmaßstab, Solidarität statt falsch verstandenem Leistungsgedanken, Hinterfragung der Marktmechanismen und so weiter, würde ich vermuten. Ja das ist Sozialismus, und wenn dieser nicht wie in der Sowjetunion in einer Diktatur einer kleinen Kaste enden soll, dann braucht es dafür eine Mehrheit, die sich aktiv daran beteiligt mit Diskussionen, Basisentscheidungen und zwangsläufig Machtverschiebungen von oben nach unten.

Alexandra Gasior, München

In der Kritik

„Radikale Veränderung oder Untergang“,

taz vom 14. 9. 22

Gut, dass kritische taz-LeserInnen mittlerweile nach der Lektüre wachstums-und kapitalismuskritischer Texte nicht mehr vom Hocker fallen. Schade dennoch, dass Herrn Seeßlen der Satz „Es gibt keine Partei, die sich zu einer solch einfachen wie unangenehmen Wahrheit durchringen würde“, über die Lippen kommt. Denn in dieser Form ist er einfach nicht richtig. Nicht im Bundes- und Landtag, dafür aber im EU-Parlament und mit immerhin circa 400 kommunalen Mandaten allein in Bayern vertreten ist nämlich tatsächlich eine Partei, die Wachstums- und Kapitalismuskritik in ihrem demokratischen Programm vereint und stetig wachsende Mitgliederzahlen verzeichnet und mit erfolgreichen Volksbegehren immer wieder den bayerischen Löwen in den Hintern piekst. Hannes Eberhardt, Regensburg

Neue Rezepte

„Grüner im Gegenangriff“, taz vom 8. 9. 22

Gleich im zweiten Satz wird die Wirklichkeit auf den Kopf gestellt. Ist es wirklich ein Glück für die Ampel, dass vor ihr 16 Jahre lang die CDU das Land mit Tatenlosigkeit regiert hat und sie jetzt diese Bilanz ziehen muss? Ist das ein Trick oder gehört es nicht gerade zur Demokratie, dass eine Wahl auch zur Abwahl führt? Und gerade jetzt muss die 3er-Koalition viel tun, um die Altlasten wegzuräumen.In diesem Zusammenhang sind Einschätzungen wie Trick und Masche völlig falsch. Hier geht es um die Zukunft und neue Rezepte. Ursula Linde, Bochum

U-Bahn-Projekt

„Der schnellste Weg zum Klimaziel“,

taz vom 15. 9. 22

Die Hamburger Bürgerschaft sollte über das U-Bahn-Projekt noch einmal grundsätzlich nachdenken. Oft frage ich mich, warum Politiker beziehungsweise Entscheidungsträger nicht andere Lände/Städte besuchen, um dort konkret andere Verkehrskonzepte kennen zu lernen. Zum Beispiel hat Zürich Straßenbahnen und O-Busse und keine teuren U-Bahnen. Gleichzeitig ist die Stadt sehr fahrrad freundlich. Es ist auch grundsätzlich zu fragen, warum man U-Bahnen gebaut hat und noch immer baut. In den 1950er Jahren hat West-Berlin die Straßenbahnen abgeschafft, um den Autoverkehr flüssiger zu machen. Alternativ wurden Busse eingesetzt, die aber oft in Staus stecken blieben – anders als Straßenbahnen, die meist ihren eigenen Straßenraum hatten und zügig durchfahren konnten. Um das Problem zu lösen, wurden dann die teuren U-Bahn-Linien gebaut.

Hilmar Froelich, Oldenburg

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