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wortwechselDer Koalitionsvertrag ist fertig

­Furcht vor noch mehr Stillstand als bei Groko, aber die Ampel hat auch Chance verdient. Bedingungsloses Grundeinkommen verschiebt Macht. Impfstrategie kann Corona brechen

Zukunftsregierung

„Die Ampel steht“, taz vom 24. 11. 21

Der Konservativismus beschreibt laut Definition eine politische Ideologie, deren Maxime die Bewahrung der gesellschaftlichen Ordnung, im Rückblick auf eine funktionierende vergangene Ordnung, ist. Dass sich ein ständiges Rückbesinnen auf Sicherheit und Stabilität einer vergangenen Zeit, welches gepaart wird mit einem Unwillen für aktive Veränderung, gerade in Krisenzeiten als verheerend erweisen kann, zeigt die aktuelle Entwicklung der Covid-19-Pandemie erschreckend deutlich. Gerade aus diesem Hintergrund heraus erscheint es angesichts der mannigfaltigen Problemlagen, denen sich die BRD in der kommenden Legislaturperiode stellen muss, als leicht verständlich, dass sich die neuen Ampel-Koalitionsparteien in der Öffentlichkeit gerne als eine Zukunftsregierung inszenieren.

Robin Tom Olbert, Frankfurt am Main

Stillstand?

„Von Harmonie keine Spur“,

taz vom 19. 11. 21

Es war schon nach den Sondierungen klar, dass das nichts wird. Wenn die Grünen und die SPD noch einen Restfunken von Verantwortungsbewusstsein haben, müssen sie jetzt die Reißleine ziehen. Das Motto muss lauten „Nicht regieren ist besser als grottenschlecht zu regieren“. Mit dieser FDP wird in den nächsten 4 Jahren, außer dem Mindestlohn, nichts, was wichtig ist, umgesetzt. Das heißt noch mehr Stillstand als bei der Groko. Was in den vergangenen Wochen auch sichtbar wurde, Scholz wird ein schlechter Kanzler. Im Prinzip brauchen wir Neuwahlen mit der Hoffnung auf Grün-Rot. Die Chance besteht bei klaren Bekenntnissen zu mehr Gerechtigkeit und Klimaschutz. Wir als Gesellschaft müssen alles daransetzen, diese Abwärtsspirale zu stoppen, um eine einigermaßen lebenswerte Zukunft zu erreichen. Wolfgang Wedel, Nürnberg

Chance verdient

„Von Harmonie keine Spur“,

taz vom 19. 11. 21

Das skeptische Fazit gegenüber dem Jungfernstart der parlamentarischen Ampelparteien greift zu kurz. Schließlich ist das neue Infektionsschutzgesetz alles andere als überflüssig, sondern verdient schon aus dem Grund seine Berechtigung, da jetzt ein wesentlich stärkerer Fokus gerade auf den Schutz der schwächsten Individuen der Gesellschaft wie insbesondere die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen gelegt wird, was unter der vorherigen Regelung von Angela Merkel in fast schon fahrlässiger Art und Weise nur recht halbherzig angegangen wurde. Deshalb haben die SPD, die Grünen und die FDP weiterhin ihre Chance verdient, Deutschland grundlegend zu modernisieren und durch die gegenwärtige Krise zu führen, selbst wenn manche Maßnahme wie etwa die 3G-Regel für den ÖPNV etwas realitätsfern anmuten darf, solange zum Beispiel in einer Millionenstadt wie Hamburg immer noch Fahrgäste problemlos ohne Maske in Busse einsteigen können!

Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Hohe Erwartung

„Rotes Licht, gelbes Licht, grünes Licht“,

taz vom 25. 11. 21

Es ist eine friedenspolitische Irrfahrt, nun doch bewaffnete Drohnen anzuschaffen, die von Soldaten aus der Ferne am Bildschirm gelenkt werden und Menschen mit einem Knopfdruck töten können. Und während die „Grünen“ Umweltschutz an oberste Stelle setzen, sollen jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen gebaut und damit riesige Flächen erschlossen werden – einer von vielen Widersprüchen und Verblendungen, wie der Euphemismus des neuen Bürgergelds, der im Vergleich zu „Hartz IV“ faktisch keinerlei Verbesserungen für die Hilfebedürftigen bringen wird. Letztlich wird es maßgeblich darauf ankommen, ob die Breite der Bevölkerung bei all diesen Vorhaben mitgenommen werden kann. Wenn es nicht gelingen sollte, dem einfachen Bürger Alternativen und Ausgleiche für den Umstieg auf erneuerbare Energien anbieten zu können, wird aus dem versprochenen Zusammenhalt eine Spaltung. Aus Habecks „Zumutungen“ drohen dann rasch Entmutigungen zu werden. Dennis Riehle, Konstanz

Ampel gewählt

„Verantwortungslos auf allen Ebenen“,

taz vom 19. 11. 21

Mit Vollgas und bei durchgetretener Bremse unaufhaltsam in eine neoliberale Zukunft! Es stimmt schon, wir haben nicht Rot/Rot/Grün, sondern Ampel gewählt und wir kriegen nun das, für das sich die Mehrheit entschieden hat – so ist das nun mal! Und wenn in der Ampel das Licht von Rot zu Grün wandert, überstrahlt die leuchtende Gelbphase sowohl das Rot wie auch das Grün, und auch die Staatskarosse schleudert, mehr, als dass sie fährt, auf den „Freedom Day“ zu. Auf dem Weg dahin zerstieben dann – ohne Aufhebens – die rot/grünen Träume von „an der Sache orientierter Politik und Aufbruch in eine CO2-ärmere Zeit“, und von den neoliberalen Leckerli wird einem flau im Magen! Warum ist Demokratie immer nur so schwer zu verdauen, könnte es vielleicht sein, dass wir einfach zu unpolitisch wählen? Klaus-Joachim Heuser, Gütersloh

Grundeinkommen

„Nicht finanzierbar“, taz vom 25. 11. 21

Das kapitalistische System ist in der größten Krise seit den 30er Jahren. Es ist in dieser Form nicht zukunftsfähig wie auch die vielen Krisen – Finanzen, Überalterung, Klima, Bildung, Gesundheit et cetera – beweisen. Die Finanzierung ist das mit Abstand unwichtigste Gegenargument für das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Der wirkliche Grund, weshalb das BGE so oft abgelehnt wird, ist schlicht die Machtverschiebung. Das BGE (und kein Washing-Hartz-IV-Ersatz) bringt für jeden mehr Freiheit und Unabhängigkeit und damit mehr Selbstverantwortung. Das kann natürlich niemand wollen, der derzeit dank Geld Macht ausübt.

Alexandra Gasior, München

Überzeugungskraft

„Ungeimpft, aber nicht Impfgegner“,

taz vom 21. 11. 21

Wegen fehlender Impfpflicht kommt es schwerpunktmäßig auf „überzeugen“ an. Und dazu bräuchte es aber das richtige Personal. Bei dem noch amtierenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn tritt aber eher das Gegenteil von „Überzeugen“ ein. Wie sagte doch Herr Sauter aus Bayern: „Politiker war mein bestbezahlter Nebenjob.“ Das dürfte auch bei Herrn Spahn zutreffen. Wen will er überzeugen?

Johannes Frübis, Mannheim

Impfstrategie

„Verantwortungslos auf allen Ebenen“,

taz vom 19. 11. 21

Es gibt nur die Impfstrategie, um die Pandemie zu brechen. Aber die Impfungen haben sich als weniger effektiv in Bezug auf die Dauer des Impfschutzes erwiesen. In Israel wurde daraufhin schon im Sommer massiv geboostert mit Erfolg, obwohl die Impfquote niedriger ist als bei uns. Das haben unsere Impfstrategen, die Wissenschaftler und die Politiker, auch wenn sie jetzt wüten, das hätten sie schon immer gesagt, schlicht verpatzt. Jetzt attackieren sie hemmungslos die Ungeimpften – und riskieren eine bösartige und gefährliche Spaltung der Gesellschaft. Wollen sie ablenken oder glauben sie selber, dass die Ungeimpften schuld sind?

Burkhart Braunbehrens, Ebertsheim

Wenig Vertrauen

„Ampel zeigt Ländern grünes Licht“,

taz vom 15. 11. 21

Wenn wieder uneingeschränkte Kontaktbeschränkungen beschlossen werden, die Geimpfte und Genesene einschließen, können zwei Dinge als gesetzt angesehen werden: Die Versprechen der Politik sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, und das mangelnde Vertrauen in politische und medizinische Entscheidungen ist nicht nur verständlich, sondern angebracht. Sabrina Neugebauer, Hamburg

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