piwik no script img

wortwechselDer Schnupfen der anderen

Ampelmänner und -frauen ringen um Kompromisse. Am Ende setzt sich die machtstrotzende FDP durch. Und was treibt der Innenminister an der Grenze?

Menschenrechte

„Neue Burger, alte Probleme“,

taz vom 24. 10. 21

In Burg in Sachsen-Anhalt wurde gerade noch einmal das Menschenrecht für Migrantenkinder in einer Grundschule gerettet. Aber warum schweigt dieselbe Gesellschaft zu dem Menschenrecht behinderter Kinder, nicht in homogene Sonderklassen aussortiert zu werden? Hätten sie nicht auch den Anspruch, als Mitmenschen wahrgenommen zu werden und in der ‚Normalität‘ beschult zu werden?

Günther Schedel-Gschwendtner, Nürnberg

Unter die Räder

„Koalitionsvertrag noch im November?“,

taz vom 21. 10. 21

Ich kann die mediale Euphorie über die Sondierungsgespräche von SPD, Grünen und FDP nicht verstehen, denn die neue Regierungskoalition ist noch lange nicht „in trockenen Tüchern“. Außerdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die kleinste Partei bei diesen Verhandlungen, nämlich die FDP, einen Großteil ihrer Forderungen bereits durchgesetzt hat und nun vor Selbstbewusstsein nur so strotzt! SPD und vor allen Dingen die Grünen müssen besonders aufpassen, dass sie nicht wieder eine Koalition der kleinsten gemeinsamen Nenner schmieden, die uns in der Zukunft, vor allen Dingen was Klimaschutz anbetrifft, nicht wirklich weiterbringen. Die FDP will immer alles dem Markt überlassen, was schon in der Vergangenheit überhaupt nicht geklappt hat, weil hier vor allen Dingen staatliche Maßnahmen gefordert sind. Deshalb müssen die anderen mutmaßlichen Koalitionspartner höllisch aufpassen, dass sie bei den weiteren Verhandlungen nicht unter die Räder geraten, denn das wäre fatal für Deutschland!

Thomas Henschke, Berlin

Grenzschutz

„Europas Grenzen“, taz vom 23. 10. 21

Dieser Innenminister ist eine Schande für das demokratisch verfasste Deutschland, das an die Spitze seiner Verfassung die Grund- und Menschenrechte gestellt hat. Die sollte ein Innenminister in besonderem Maße schützen, stattdessen torpediert er sie, zumindest seit 2015, wo er kann. Ausländer, zumal Flüchtlinge, sind für ihn keine Menschen, deswegen bedankt er sich bei Polen für dessen Grenzschutz mit Stacheldraht und Pushbacks. Zum Glück endet seine Amtszeit nun unwiderruflich, dann kann er mit anderen alten weißen Männern im Biergarten solchermaßen politisieren, spricht aber nicht mehr für Deutschland.

Ingrid Pitt, Aachen

Wehrpflicht

„Döpfner enteignen“, taz vom 24. 10. 21

„Was geht in Menschen vor, die die Wehrpflicht schleifen?“ fragt sich der unermüdliche Wehrpflichtprediger Friedrich Küppersbusch. Vielleicht wollen sie einfach kein Land, in dem der größere Teil der männlichen Jugend systematisch brutalisiert, zu Befehlsempfängern abgerichtet und als Killer ausgebildet wird? Dass für rechte Landsknechtstypen eine Laufbahn als Zeit- oder Berufssoldat in einer Wehrpflichtarmee mindestens genauso attraktiv ist wie in einer Freiwilligenarmee, übersieht er geflissentlich. Und wie hoffnungslos naiv der Glaube ist, wehrpflichtige Soldaten würden „bei kriminellen Befehlen bocken und bei sinnlosen Einsätzen davonlaufen“, das haben die Wehrpflichtarmeen der beiden letzten Weltkriege hinreichend demonstriert.

Klaus Bailly, Lübeck

Bundestagsbesetzung

„Die Front steht“, taz vom 26. 10. 21

Zu oben genanntem Kommentar muss ich, trotz uneingeschränkter Zustimmung zum Umgang mit der AfD, zwei Fragen stellen: Frau Bas scheint eine sehr erfahrene Demokratin und Politikerin zu sein. Ist es wirklich wichtig, zu erwähnen, dass sie keinen Hochschulabschluss gemacht hat? Sie ist offensichtlich qualifiziert. Das würde man sich bei er Besetzung von MinisterInnenposten mal wünschen! Und warum brauchen wir nicht noch mehr Juristinnen? Brauchen wir denn mehr Juristen? Ich freue mich ganz einfach über eine Bundestagsbesetzung, die unsere Gesellschaft abbildet. Über kluge Menschen, die wichtige Erfahrungen und Kenntnisse mitbringen, um unsere Demokratie zu stärken. Und sich die für Gleichberechtigung aller Menschen einsetzen. Auszugrenzen sind alle die, die von innen heraus unsere Demokratie, unser Grundgesetz und Europa gefährden!

Jutta Geilenkirchen, Bonn

Finanzierung

„Geldbeschaffung einfach auslagern“,

taz vom 21. 10. 21

Die FDP hat überhaupt kein Problem damit, dass die Unternehmen Steuergeld in Milliardenhöhe als Coronahilfen bekommen haben, aber das daraus resultierende Haushaltsdefizit darf nicht über eine entsprechende Umlage = Steuer wieder wenigstens teilweise ausgeglichen werden. Die Alternative, nämlich eine entsprechend höhere Kreditaufnahme wird ebenfalls verweigert – eigene Lösungsvorschläge kommen aber auch nicht, außer weiter „kaputt“-sparen. Einfach nur traurig. Jutta Lemker, Hollenstedt

Impfstatus

„Sag mir, wo du stehst!“,

taz vom 26. 10. 21

Kimmich ist weder Coronaleugner noch Impfgegner, sondern er hat lediglich Bedenken, da die Impfstoffe ja noch nicht allzu lange im Einsatz sind. Daher existieren naturgemäß noch keine Langzeitstudien zu Nebenwirkungen. Das ist doch eine sehr nachvollziehbare und gemäßigte Äußerung. Das intellektuelle Niveau der meisten Wortmeldungen war aus meiner Sicht unterirdisch. Kimmich sprach von „Langzeitstudie“ – warum wird ihm unterstellt, er hätte von „Langzeitschädigungen“ gesprochen? Ist das Boshaftigkeit oder Dummheit? Beides nicht schön … Nach Einführung der Impfung gegen die „Schweinegrippe“ (H1N1) im Jahr 2009 wurde ja auch erst 2015 (!) bekannt, dass Narkolepsie (Schlafkrankheit) eine mögliche Nebenwirkung der Impfung ist. Die Äußerung von Kimmich ist daher einfach nur ein besonnenes Statement eines denkenden Menschen.

Thomas Bernard, Karlsruhe

Gesundheit

„Sag mir, wo du stehst!“, taz vom 26. 10. 21

Nein, es ist keine persönliche Gesundheitsentscheidung, ob man sich impfen lässt oder nicht. Es interessiert in der Tat nicht, ob sich Kimmich gegen Tetanus impfen lässt, das ist nicht ansteckend. Im Gegensatz zu Covid-19. Nein, es geht nicht darum, „ob der Einzelne besser im Vorsorgekollektiv aufzugehen hat“; und „bedingungsloser Konformismus das Gebot der Stunde“ sei. Was für ein merkwürdiger Freiheitsbegriff steckt hinter dieser Argumentation. Muss man denn wirklich wieder und wieder auf die platte Selbstverständlichkeit hinweisen, dass die eigene Freiheit immer nur bis zur Nasenspitze des anderen reicht. Andere zu gefährden, ist noch immer kein Grundrecht. Kimmich versucht, „seine Entscheidung auf ein rationales Fundament zu stellen“? Dann wäre es ratsam, sich mal mit den Fakten vertraut zu machen. Es gibt keine „unerforschten Langzeitfolgen“ bei Impfungen. Nebenwirkungen treten entweder in zeitlicher Nähe zur Impfung auf oder gar nicht. Brigitte Klein, Köln

Ausbildung

„Bafög für Chancen des Lebens“,

taz vom 20. 10. 21

Die Aussagen im Sondierungspapier zur Bildungspolitik lassen in der Tat nicht erkennen, dass die Ampelmänner und -frauen auf der Höhe der Problemwahrnehmung sind. Beim BAföG gibt es ein gravierendes Problem: Ausländische Hochschulabschlüsse sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt oftmals nicht verwertbar. Aber wer dann noch einmal studieren will, stößt auf die Bestimmung, dass ein bereits erworbener – auch ausländischer – Abschluss von der Förderung ausschließt. Matthias Knuth, Hattingen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen