piwik no script img

wortwechsel„Trotz kalten Regens in bester Laune“

Warum ist die Spielzeit einer CD, wie sie ist? Was tun mit der „bleiernen Melancholie“? Nachhaltigkeit trotz Einmalverpackung – wie geht das? Subvention der Hausfrauenehe?

74 Minuten

„Viele Musiker sind an dem Druck zerbrochen“, taz vom 29. 12. 18

Andreas Hartmann gibt in seiner Frage an Clemens Trautmann von der Deutschen Grammophon ein seit Jahrzehnten falsches Karajan-Bonmot wieder.

Die Spieldauer der CD ist definitiv weder von Herbert von Karajan von der Industrie verlangt worden, genauso wenig übte er in dieser Sache irgendwelchen Einfluss auf seine Labels DG oder EMI aus. Am wahrscheinlichsten trifft den Kern der Sache, dass die Furtwängler-Aufnahme der Neunten Symphonie von Beethoven Pate dieser Geschichte im Sony-Konzern ist.

Vorausgegangen ist aber im Wesentlichen eine Einigung von Sony und Phi­lipps. Diese beiden Firmen waren führend in dieser Technologie, sodass letztlich sie den industriellen Standard der CD vorgaben. Sony arbeitete experimentell mit 10 Zentimeter und Philips mit 11,5 Zentimeter Scheibendurchmesser. Letztlich kamen durch Einigung in dieser Gruppe die dann gebräuchlichen 12 Zentimeter Durchmesser zustande. Daraufhin musste man sich international noch auf eine einheitliche Codierung einigen. Der vorgegebene Durchmesser und die damals vereinbarte Codierung bildeten dann den Ausgang der 74 Minuten Gesamtlaufzeit. Das alles hatte mit Karajan leider einmal doch nichts zu tun. Schade, dass das offensichtlich bei der DGG niemand mehr richtig weiß. Tilo Büttner, Tübingen

Ende der Menschheit

„Um zwei Uhr früh geht Trump raus“, taz vom 5./6. 1. 19

Also: Der deutsch-amerikanische Intellektuelle Hans Ulrich Gumbrecht schenkt seiner Frau (Emanzipation?) einen Tesla – und taz-Autor Peter Unfried hat „seitdem ein neues Ziel“ – und alle, die mit ihrem alten, billigen Diesel zur Arbeit fahren müssen, weil der ÖPNV so schlecht ist, schauen neidisch zu. Wenn sie sich wenigstens, körperliche Fähigkeit vorausgesetzt, zwei Fahrräder zugelegt hätten!

Und Gumbrecht schwadroniert von einem „würdigen Ende der Menschheit“. Wäre es nicht sinnvoller, sich erst mal um einen bescheideneren Lebensstil zu bemühen, dann könnten in anderen Teilen der Welt ein paar Menschen und Mücken ein wenig länger und/oder besser überleben (statistisch, aber für die, die es betrifft, schon ein riesiger Unterschied). Und wir könnten persönlich in Würde sterben, er und ich sind statistisch schon verflixt nahe dran! Das Ende der Menschheit sollten wir getrost dem Kosmos überlassen, in ein paar Hundert oder Millionen oder Milliarden Jahren. Aber wenn es uns möglich ist, die Lebensbedingungen der Menschen bis dahin zu verbessern, ist es unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, das auch nach unseren Kräften zu tun.

Was ist schlecht daran, wenn Kinder in der Grundschule lernen, mit Müll verantwortlich umzugehen? Die Kinder, die ich kenne, denken dabei nicht an das „Ende der Menschheit“, sondern sie sind in der Regel voller Lebensfreude, wollen sich sinnvoll betätigen. Gerade waren einige als Sternsinger vor unserer Tür. Trotz kalten Regens in bester Laune schmetterten sie ihr Lied und sammelten Geld für behinderte Kinder in Peru und Schokolade für sich selbst. Es machte ihnen einfach Spaß, etwas Gutes zu tun! Unsere „bleierne Melancholie“ sollten wir mit unserem Therapeuten behandeln.

Natürlich können wir das Ende der Menschheit auch selbst herbeiführen, sehr schnell mit dem gesammelten nuklearen Potenzial, oder langsam mit Umweltzerstörung. Aber da wissen die jetzt Lebenden seit einigen Jahrzehnten, wie sie es verhindern können. Also ist das die primäre Aufgabe aller Politik, Pädagogik, Wissenschaft und Technik.

Das Silicon Valley ist nicht der Nabel der Welt, Bill Gates und Marc Zuckerberg sind keine Erlöser. Enttäuscht sein kann nur, wer sich Illusionen gemacht hat. Aber es gibt auch in Amerika Hoffnungsträger wie Donella und Dennis Maedows, Amory Lovins und das Rocky Mountain Institute. Schließlich persönliche Freund*innen, die mir ihre Freude mitteilen, weil sie im Herbst in einem intensiven Tür-zu-Tür-Wahlkampf entscheidende Sitze im Kongress für die Demokraten gewonnen haben. Und die Nutzung regenerativer Energien in den USA steigt rapide, trotz Trump! Wolfgang Wiemers, Münster

Besser unverpackt

„Outsourcing kann sehr nachhaltig sein“, taz vom 7. 1. 19

Mein Glückwunsch an i+m Naturkosmetik für das tolle Abschneiden beim Deutschen Nachhaltigskeitspreis! Es ist löblich, dass i+m auf möglichst wenig Verpackung, als ein Aspekt für Nachhaltigkeit, setzt und dabei auf Umverpackungen verzichtet, aber das ist nicht genug in Sachen Ressourcenschonung. Zur bestmöglichen Vermeidung von Müll müsste die Produktpalette auf „unverpackt“ umgestellt werden, sodass die Konsument*innen die leeren Behältnisse (bevorzugt aus Glas statt Kunststoff) wieder selbst befüllen können, oder diese zumindest im Glasmehrwegsystem angeboten werden.

Auf der Webseite von i+m ist viel zu lesen über Co2-Neutralität und dem Suchen nach der Verpackung mit der besten Klimabilanz. Das finde ich anerkennenswert. Doch meine größere Anerkennung würde ich dem Unternehmen zollen, wenn es Nachhaltigkeit auch dahingehend umsetzt, dass Behältnisse nicht für den einmaligen Gebrauch produziert werden, das heißt gefüllt werden, von Kon­su­men­t*innen geleert und entsorgt (gegebenenfalls recycelt) werden, sondern das Unternehmen auf Reinigungssysteme zurückgreift, die mit erneuerbarer Energie betrieben werden sowie wasser- und reinigungsmittelschonend arbeiten. Und wenn i+m die Möglichkeit eröffnet, „unverpackt“ einkaufen zu können. Das neue Verpackungsgesetz (seit Januar in Kraft) berücksichtigt diese „Einmalprodukte“ leider nicht. Mechtild Lutze, Berlin

Total 50er Jahre

„Solidarität mit Scholz!“, taz vom 8. 1. 19

Liebe taz, es gibt Sätze, die möchte ich in eurer Zeitung nicht geschrieben sehen, weil sie total 50er Jahre sind: „Ein Familienvater (was ist das für ein Wortungetüm?) mit zwei Kindern zahlt den Soli erst, wenn er mehr als 52.000 Euro im Jahr verdient.“ Offenbar unterschlägt Frau Herrmann in ihrer Rechnung eine Hausfrau und dass das Einkommen das Familieneinkommen ist; ergo pro Erwachsenen nur 26.000 Euro zu versteuern sind. Dies nennt sich Ehegattinnensplitting beziehungsweise Hausfrauenprämie. Ich bin eine Familienmutter, würde aber mit einem Einkommen von 52.000 Euro 344 Euro Soli zahlen, weil ich nämlich als Alleinerziehende nach dem Grundtarif versteuert werde. Als alleinerziehende Familienernährerin muss ich die kuschelige Hausfrauenehe subventionieren. Ute B., Kreis Unna

AOK-Mannschaft?

„Einfach springen lassen“, taz vom 31. 12. 18

„Warum sollte man das noch mit öffentlichen Geldern unterstützen?“ Diese Frage ist notwendiger denn je. In den nächsten Tagen sind die Handballer der Nationalmannschaft wieder medienwirksam unterwegs. Oder sind es die Handballer der AOK-Betriebsmannschaft? Es ist unerträglich, dass mit den Krankenkassenbeiträgen bestens verdienende Profisportler gesponsert werden. Siehe auch mehrere Fußballbundesligavereine. Dafür also wird mir als Rentner der Zusatzbeitrag abgezogen. So werden Steuern und Zwangsbeiträge den eigentlichen Aufgaben entzogen. Friedrich Lösch, Ostfildern

Gelebte Demokratie

„Habeck schießt den Vogel ab“, taz vom 8. 1. 19

Glückwunsch an die taz zu diesem Titelblatt zu dem Tweet des Grünen-Chefs Robert Habeck!

Das ist gelebte Demokratie! Super! Ich kann als Leser das Ja und das Nein zweier kluger taz-Redakteure lesen, mir meine eigene Meinung bilden und habe Hilfe erhalten. Bravo bravissimo. Nicht von Demokratie reden, sondern sie praktizieren! Danke. Armin Kröning, Bergisch Gladbeck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen