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wortwechselArmut kann Leben zerstören

Schwindelerregende Mieten in Ballungsgebieten, Bauboom nur an rentablen Stellen. Bekriegen sich die Armen untereinander? Werden Arme gegen die Umwelt ausgespielt?

Aufgeblähte Baukosten

„Wohnungen bauen statt Steuern ­senken“, taz vom 15. 11. 17

Danke, Ulrike Herrmann, für diesen sich zum Ende immer mehr verdichtenden Kommentar. Auch die Überführung der Wohnungsbaupolitik in die Parteipolitik ist klasse! Ein Hinweis sei angefügt: Dadurch, dass Gebäude vorfinanziert werden, blähen die Zinsen und Zinseszinsen auf Hypothekendarlehen die Baukosten – auch in Niedrigzinszeiten – circa auf das 1,5-Fache auf. Für 100.000 Euro Baukosten müssen also 150.000 Euro finanziert werden. Die Mieten von 10 Euro pro Quadratmeter steigen auf 15 Euro pro Quadratmeter. Nach dem Krieg gab es direkte Zuschüsse vom Staat. Rücklagen plus Zuschüsse vom Staat (von uns!) senkten die Bruttobaukosten auf zwei Drittel. Doch: Wollen das die Banken? Ein Hinweis noch von mir als Friedensaktivist: In Niedrigzinszeiten wird am Krieg noch mehr verdient. Norbert Voß, Berlin

Unbezahlbare Mieten

„Wohnungen bauen statt Steuer­n senken“, taz vom 15. 11. 17

Der Kommentar bringt das unvermeidliche Dilemma der Jamaika-Gespräche auf den Punkt. Alle wollen etwas Gutes tun – für ihre Klientel und WählerInnen. Doch im Zuge von tiefgreifender Armut und immer größer werdendem Reichtum wird bezahlbarer Wohnraum immer knapper in den Ballungsgebieten und damit teurer. Die Wohnungsmieten sind bei niedrigen und mittleren Einkommen nicht mehr bezahlbar. Familien, die Kinder haben, sollen Baukindergeld erhalten, aber das löst keine Probleme im sozialen Wohnungsbau und ist zudem keine wirksame Mietpreisbremse. Die Unterschiede in vielen Politikfeldern zwischen den Koalitionären liegen meilenweit auseinander, sodass möglich erscheinende faule Kompromisse am Ende davon bestimmt werden „Neuwahlen zu vermeiden“. Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg

Betonierter Boden

„Wohnungen bauen statt Steuern ­senken“, taz vom 15. 11. 17

Wie kann es sein, dass die Wohnungslosigkeit steigt, obwohl wir seit Jahren einen noch nie dagewesenen Immobilienboom in Deutschland erleben? Jedes Jahr wird ein Gebiet so groß wie Köln in Deutschland neu bebaut oder asphaltiert – 70 Hektar pro Tag. Die Bevölkerung wächst kaum und nun fordert auch die taz „Wohnungen bauen“? Hier werden die Armen gegen die Umwelt ausgespielt. Die Geldflut, mit der die Europäische Zentralbank seit Jahren die Märkte stützt, geht vor allem in die Taschen derer, die es am wenigsten brauchen. Die Investoren setzen auf Betongold. Flächen, die vor 20 Jahren noch öffentliches Gut waren, sind nun Privateigentum und gehören ausländischen Investoren wie Aventis, die vor allem eins wollen: Profit maximieren. Der Immobilienmarkt sollte genauso reguliert werden wie der Finanzmarkt. Es braucht nicht noch mehr Wohnungen, sondern eine sinnvolle Umverteilung der bestehenden Immobilien sowie des Bodens, einer sehr knappen Ressource. Davide Brocchi, Köln

Vereinigt euch!

„Arm gegen arm“, taz vom 14. 11. 17

Unter „Träume“ heißt es: „Wohnungslose aller Länder, vereinigt euch! Ob das ein Wunschtraum bleibt?“ Es gibt keine Solidarität unter Obdach- und Wohnungslosen? Oder doch?

Es gab sie einmal: Pfingsten 1929 trafen sich die Vagabunden in Stuttgart zu einem großen Treffen (21. bis 24. Mai). Vorher und danach gab es ähnliche Treffen. Wortführer waren Hans Tombrock und Gregor Gog. Sie wollten eine Bruderschaft der Vagabunden. Unterstützung kam aus verschiedenen Richtungen. In Stuttgart sprach zum Beispiel der Schriftsteller Alfons Paquet. Er sagte: „Der Vagabund steht viel mehr auf der Erde mit seiner Unruhe und seinem Leid, als die anderen.“ Ähnliche Texte findet man in der Zeitschrift Der Kunde (1927 bis 1931). Gregor Gog war Schriftleiter und Herausgeber. Das alles war natürlich auch mit viel Romantik verbunden, doch es war ein guter Ansatz. Wie so vieles haben auch diese Bestrebungen die Nazis zerstört. Es lohnt sich, hierzu Klaus Trappmanns antiquarisch zu erhaltenden Sammelband zu lesen: Landstraße, Kunden und Vagabunden“.

Joachim Schultz, Pottenstein

Hindernis Sozialneid?

„Arm gegen arm“, taz vom 14. 11. 17

Was im ABC der Armut unter Xenophobie geschrieben wurde, muss ich aus eigenen Erfahrungen leider bestätigen. Ich stelle mir in dem Zusammenhang seit sieben Jahren die Frage, ob es nicht ratsamer ist, dass sich betroffene Menschen zusammentun, vernetzen und gemeinsam an der Verbesserung ihrer eigenen Lebensumstände arbeiten. Dem, was zum Sozialneid geschrieben wurde, kann ich nur in Teilen zustimmen. Es ist zutreffend, dass dieser gerne von Rechten geschürt wird, und die AfD kräftig mitmacht. Ich mache jedoch die Erfahrung, dass es oft von Armut betroffene Menschen selbst sind, die Sozialneid schüren; dabei stelle ich immer wieder fest, dass die, die dies tun, im Grunde das, was sie anderen anlasten, selbst machen, sie sich also quasi selbst alles wegnehmen. Dabei ist es weder geistiger Müll noch Utopie: Es ist genug für alle da. Jürgen Helten, Köln

Verarmt in Krankheit

„Krankheit muss man sich leisten ­können“, taz vom 15 . 11. 17

Gut, dass die WSI-Direktorin Anke Hassel einsieht, dass arme und armutsgefährdete Menschen mit einer Förderung des Erwerbs von Wohneigentum nichts anfangen können. Sonst wäre ihr Vorschlag ausgesprochen zynisch und erinnerte an den Marie Antoinette zugeschriebenen Satz: „Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen.“ Ursula Müller, Kiel

Arm dran trotz Rente

„Fette Jahre für Rentner“, taz vom 15. 11. 17

Welche kreativen tazlerInnen haben sich denn diese Überschrift ausgedacht? Mal davon abgesehen, dass auch Rentnerinnen von der Erhöhung der Rente einen kleinen Teil abbekommen: Wieso sind 3 Prozent eine fette Erhöhung? Das sind bei Renten unter 1.000 Euro nicht einmal 30 Euro monatlich. Die sind durch ebenfalls steigende Mieten, Heizkosten, öffentlichen Nahverkehr, Telefon und Preiserhöhungen aller Art so schnell wieder ausgegeben, dass sie im Portemonnaie nicht mal zu einer Gewichtserhöhung führen. Die jetzigen RentnerInnen können im Übrigen nichts für die von der Politik falsch gestellten Weichen bezüglich der zukünftigen Renten. Das Wählen der Parteien gewährt ihnen ja keine Mitsprache, egal welche Partei sie gewählt haben. Gabi von Thun, Bremen

Jamaika mal anders

„Die größten Streitpunkte“, taz vom 16. 11. 17

Blickt man auf die Jamaika-Verhandlungen, dann merkt man, nach welchen alten jamaikanischen Sprichwörtern die Parteien handeln. FDP (Lindner): Eine kleine Axt kann einen großen Baum umhauen.

CSU-Dorint: Ein gespaltener Fuß kann einen polierten Stiefel tragen.

CDU-Merkel: Ein prahlerischer Fluss hat noch keinen ersäuft.

Die Grünen/Bündnis 90: Puste das Streichholz erst aus, wenn die Kerze brennt.

Jamaika in diesem unseren Land ist eben:

Viel Rauch um nichts!

Gerd Jüttner, Leinfelden-Echterdingen

Falsche Syrer gibt’s nicht

„Die Falschen gerettet“, taz vom 15. 11. 17

Zuerst glaubte ich, es handele sich um Satire, aber dann wurde mir klar: Der Autor meint das ernst. 5,5 Millionen Flüchtlinge weltweit gab es allein 2016 aus Syrien – sollten die tatsächlich alle in der Türkei Schutz und Integration finden? Abenteuerlich! Und woher nimmt Martin Reeh die geäußerte „Vermutung“, die Umstände in der Türkei hätten sich bei Aufnahme sämtlicher Syrer dort „umfassend“ gebessert? Hierfür bleibt er jeden Beleg schuldig. Tim Engel, Bochum

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