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Archiv-Artikel

wm gucken mit… Abwesenden Schweizern

Von bes

Die Schweizer waren uns von den verbliebenen WM-Gästen räumlich die nächsten und vielleicht doch die fremdesten. Das hängt damit zusammen, dass sie Worte benutzen, von denen man denkt, man versteht sie, aber nix: Das Gesagte heißt etwas ganz anderes. Mit „Oder?“ ist zum Beispiel „Nicht wahr?“ gemeint. Und „faul“ heißt müde. Teilweise, vermutet man angesichts der Fehlpässe, sind Verständigungsschwierigkeiten auch ein innerschweizerisches Problem. Aber: Die Sportler gehen gelassen damit um. Sie werden weder auf- noch ausfällig.

Diese Diskretion der Schweizer erschwert die Suche nach ihnen. Aber in dem Internet-Forum www.illumina.esoterium.de – das, wenn es könnte, nach Patschuli röche – finden sich Winke von Member Awmoser. Member Awmoser wundert sich über sich selbst: „Ein Nichtfussballer guckt ein Match. What a time.“ Seinen Mitmembers wünscht er bezüglich der WM „ein fröhliches Gamen“ – „im Sinne Metatrons“. Und er outet sich als „Heimweh-Schweizer in Bremen“ .

Bremen – wie einleuchtend. Die Stadt ist propper, verfügt über einen Alpenverein, kein Meer und etliche Privatbanken. Zweimal hat man an der Weser historische Erfahrungen mit den Eidgenossen gemacht: 2004, als man einen Zürcher als Intendanten für die Kulturhauptstadtbewerbung holte. Und 1793, als 1.200 Schweizer Soldaten den Franzosen den Rücken freihielten. Spuren hinterlassen hat das nicht: Die Bremer Schweiz-Referenzen beschränken sich auf Versicherungsagenturen und gastronomische Verdachtsfälle.

Einer ist das „Heidi“, das einer Après-Ski-Baude nachempfunden ist. Es wartet mit in die Tische eingelassenen Skistöcken unter Glas sowie, auf der Karte, Schweizer Wurstsalat auf. Wäre man Schweizer, wäre das der letzte Ort, wo man hinginge. Ferner findet sich der Imbiss „Schweizer-Eck“. Tatsächlich läuft dort „den ganzen Tag der Fernseher“, wie die Bedienung informiert, „immer“, und die Spiele erst recht, jetzt aber habe sie etwas am Auge. Ebenfalls im Schweizer-Viertel befindet sich die Gaststätte „Zum Schwyzer“.

Die hat vier Gäste: Zwei Herren, die schon das Nachmittagsmatch heruntergespült haben. Einer, der lautstark mit dem Spielautomaten diskutiert. Eine Dame, die lieber in Gesellschaft raucht. Was fehlt, sind Schweizer. Aber auch das Spiel der rotgekleideten Sportler in Köln legt ein eigenwilliges Bild der zeitgenössischen Eidgenossen nahe. Die Hauptrolle darin spielt: Die Abwesenheit. bes