wir besprechen blogs (1) : Die tägliche Sportschau
AMERICAN ARENA: Der Autor Jürgen Kalwa bietet eine vermischte Seite des US-Sports – aber nicht nur das
Neulich gab es ein Ratespiel im Sportblog. Das erste in der American Arena. Jürgen Kalwa, Kopf des Blogs, stellte ein Kurzinterview ins Netz. Zu welchem Sportler gehören diese Aussagen wohl? „Frage: Du warst einer der ersten und einzigen stark beachteten Athleten, der sich gegen den Irakkrieg ausgesprochen haben, ehe er begann. Hast du dir keine Sorgen über eine Gegenreaktion seitens des Publikums gemacht? Antwort: Nein. Ich wusste, dass ich ein starkes Gefühl zu dieser Situation hatte. Ich habe mich in der Erwartung von Gegenreaktionen oder negativen Haltungen durchaus wohl gefühlt. Frage: Hast du das Gefühl, dass du Recht behalten hast? Antwort: Nein. Es ging nicht um Rechthaben. Ich wollte wirklich nur, dass Leute besser informiert sind und sich einmischen. Ich hatte das Gefühl, dass viele der Medien ihre Berichte verzerren. Es war betäubend … Ich habe meine Gefühle artikuliert, aber es war mehr ein Versuch, die Leute dazu zu bewegen, sich einzumischen, mitzudiskutieren und sich stärker zu informieren.“
Wer mag das gesagt haben? Ein liberaler Golfprofi, ein schwarzer Football-Spieler oder ein hispanischer Baseballer? Mitnichten, es war der kanadische Basketballer Steve Nash, wirbeliger Aufbauspieler der Phoenix Suns. Nash war mutig genug, den Mund aufzumachen – im Gegensatz zum Großteil seiner Kollegen, die das Credo des Unpolitischen pflegen.
Wie an diesem Beispiel bereits ersichtlich wird: Jürgen Kalwa ist um Aufklärung bemüht. Täglich berichtet er aus der weiten Welt des amerikanischen Sports, der ja den gesamten Globus überzieht mit den Segnungen seiner Keulenschwinger, Monsterdunker und Quarterbacks. Wer in Kalwas Blog schmökert, der gewinnt mit der Zeit neue Perspektiven: auf den US-Sport, aber auch auf das Treiben in Europa. Kalwas Distanz ist nicht nur geografisch zu verstehen. Der Sportjournalist mit Sitz in New York schreibt regelmäßig für die Frankfurter Allgemeine Zeitung und den Zürcher Tages-Anzeiger, ist aber anscheinend mit diesen Aufgaben nicht ausgelastet. Kalwa schreibt und schreibt. In der American Arena läuft immer ein Spiel.
Der Drang zur Entäußerung treibt so manche Blüten im World Wide Web. Doch Kalwa, der offenbar dauerinspirierte Zeilenschinder, ist weder verstiegen noch selbstverliebt, noch besserwisserisch. Er betreibt eine Unterhaltungsplattform, eine vermischte Seite des Sports. Das ist nicht immer informativ, aber fast immer kurzweilig. An manchen Tagen schreibt er im Blog eine halbe Zeitungsseite voll und berichtet recht facettenreich über die Sportstadt Indianapolis, manchmal belässt er es auch bei einem Filmschnipsel von YouTube (zum Beispiel Posh und Beckham zu Gast bei Ali G. alias Sacha Baron Cohen). Dann wieder betreibt er statistische Fitzelei, eine sehr beliebte Sportart in den USA, und legt dar, dass es mit der Effizienz des Basketballers Allen Iverson nicht wirklich weit her ist. Der Oszillograf von Kalwas Blog schlägt einmal in Richtung analytische Tiefe aus, ein andermal in Richtung oberflächliches Amüsement. Man fragt sich nach der Lektüre des Dauerprojekts: Warum macht sich einer diese Arbeit? Wieso investiert er derart vehement in dieses unprofitable Unternehmen?
Das sind natürlich dumme Fragen, denn Blogger wollen Formate sprengen, vor allem Zeitungsformate. Oft genug geschieht das mit einem dumpfen Knall, und der Internet-Surfer scheut zu Recht davor zurück, die Trümmer der egomanen Implosion im Netz zu begutachten. In der American Arena ist das freilich anders. Kalwas journalistischer Hintergrund garantiert, dass Qualität geboten wird. Er denkt im Gegensatz zu vielen Bloggern an den Leser. Zudem beobachtet Kalwa seit 1989 aus nächster Nähe den US-Sport. Kurzum: Er weiß, wovon er schreibt, er ist gut vernetzt – allein auf seiner Startseite verweist er in 38 Links auf andere Bundesgenossen – und wird nicht müde. Auch in der Schweiz ist man angetan von Kalwas Streben. „blogkritik.ch“ schreibt: „American Arena macht alles gut.“ So weit ist es zwar noch nicht, aber ein Ausflug in die American Arena macht den Arbeitsalltag im Büro ein bisschen besser, immerhin.
MARKUS VÖLKER