werbung an der kirche : Die falsche Botschaft
Sollen wir mal richtig unfair sein? Dann zitieren wir jetzt die Bibel: „Und Jesus ging in den Tempel und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer und stieß die Tische der Geldwechsler um und die Stände der Taubenhändler und sprach: Es steht geschrieben: ‚Mein Haus soll ein Bethaus sein‘, ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus!“ Man würde zu gern wissen, was der Herr, stiege er im Juni 2007 auf den Bebelplatz hernieder, dazu sagen würde, dass sein Haus zwar nicht zur Räuberhöhle, wohl aber zum Werbeträger verkommen ist. Ob er es den Werbehassern gleichtäte, die unlängst am Charlottenburger Tor zur Schere griffen?
KOMMENTAR VON CLAUDIUS PRÖSSER
Man muss sich nicht auf theologische Gedankenspiele einlassen, um sich über die Unverfrorenheit zu ärgern, mit der Hedwigsgemeinde und Werbefirma das Fehlen des Bescheids der Denkmalschutzbehörde von Mitte für das Plakat ignorieren. Beide tun so, als wäre es eine Angelegenheit, die die Öffentlichkeit nicht betrifft. Dabei wäre ein dauerhaftes Verbot höchst wünschenswert.
Seit Jahren schon setzt sich jeder, der durch die Innenstadt flaniert, einer massiven visuellen Kontamination durch Großplakate aus. Man muss kein elitärer Feingeist sein, um die ständige kommerzielle Zweckentfremdung öffentlicher Flächen als Zumutung zu empfinden.
Sicher: Ohne das Werbegeld hat die Gemeinde ein Problem – sie hat die notwendige Sanierung der Kirche damit gegenfinanziert. Aber das kann kein Grund sein, einen Präzedenzfall zu schaffen und die Entscheidung der Denkmalschutzbehörde gar nicht erst abzuwarten. Denn die vertritt das Interesse einer Allgemeinheit, die das Recht hat, historische Räume zu begehen, ohne auf Schritt und Tritt von Konsumbotschaften zugedröhnt zu werden. Auch nicht mit Gottes Segen.